Meubles fiel ein glänzender Sekretair von Maha- gonyholz in die Augen, daneben stand aber ein ficht- ner Schemel, und ein grober, gewöhnlicher Tisch war an das Bett geschoben. Die Decke, welche auf ihm lag, war von dunkelrother Seide, und auf das Sauberste gearbeitet. Man sah an allen Winkeln des Zimmers, daß es lang nicht bewohnt worden sei.
Thaddäus stand neben dem Tische und sah mit fröhlichen Augen auf den sich bewegenden und er- munternden Kranken. Valerius blickte ihn lange an, der frische Polack mit dem rothen, frischen Luft- gesicht war ihm eine tüchtige Verheißung der Ge- sundheit. Thaddäus war auch wirklich ein Reprä- sentant jenes schlanken und doch fleischig und safti- gen polnischen Nationalkörpers, an dessen Bewegungen man überall Kraft und Geschmeidigkeit erblickt. Er mochte 26 -- 28 Jahre alt sein, das lichtbraune Haar hing ihm glatt geschnitten um den Kopf, die blaugrauen Augen sahen verschlagen unter langen Wimpern hervor, ein weicher Bart, der nie geschoren sein mochte, lag auf Lippen und Kinn, und der nackte Hals sah wetterhart aus dem schmutzigen
Meubles fiel ein glänzender Sekretair von Maha- gonyholz in die Augen, daneben ſtand aber ein ficht- ner Schemel, und ein grober, gewöhnlicher Tiſch war an das Bett geſchoben. Die Decke, welche auf ihm lag, war von dunkelrother Seide, und auf das Sauberſte gearbeitet. Man ſah an allen Winkeln des Zimmers, daß es lang nicht bewohnt worden ſei.
Thaddäus ſtand neben dem Tiſche und ſah mit fröhlichen Augen auf den ſich bewegenden und er- munternden Kranken. Valerius blickte ihn lange an, der friſche Polack mit dem rothen, friſchen Luft- geſicht war ihm eine tüchtige Verheißung der Ge- ſundheit. Thaddäus war auch wirklich ein Reprä- ſentant jenes ſchlanken und doch fleiſchig und ſafti- gen polniſchen Nationalkörpers, an deſſen Bewegungen man überall Kraft und Geſchmeidigkeit erblickt. Er mochte 26 — 28 Jahre alt ſein, das lichtbraune Haar hing ihm glatt geſchnitten um den Kopf, die blaugrauen Augen ſahen verſchlagen unter langen Wimpern hervor, ein weicher Bart, der nie geſchoren ſein mochte, lag auf Lippen und Kinn, und der nackte Hals ſah wetterhart aus dem ſchmutzigen
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Meubles fiel ein glänzender Sekretair von Maha-
gonyholz in die Augen, daneben ſtand aber ein ficht-
ner Schemel, und ein grober, gewöhnlicher Tiſch
war an das Bett geſchoben. Die Decke, welche
auf ihm lag, war von dunkelrother Seide, und
auf das Sauberſte gearbeitet. Man ſah an allen
Winkeln des Zimmers, daß es lang nicht bewohnt
worden ſei.
Thaddäus ſtand neben dem Tiſche und ſah mit
fröhlichen Augen auf den ſich bewegenden und er-
munternden Kranken. Valerius blickte ihn lange
an, der friſche Polack mit dem rothen, friſchen Luft-
geſicht war ihm eine tüchtige Verheißung der Ge-
ſundheit. Thaddäus war auch wirklich ein Reprä-
ſentant jenes ſchlanken und doch fleiſchig und ſafti-
gen polniſchen Nationalkörpers, an deſſen Bewegungen
man überall Kraft und Geſchmeidigkeit erblickt. Er
mochte 26 — 28 Jahre alt ſein, das lichtbraune
Haar hing ihm glatt geſchnitten um den Kopf, die
blaugrauen Augen ſahen verſchlagen unter langen
Wimpern hervor, ein weicher Bart, der nie geſchoren
ſein mochte, lag auf Lippen und Kinn, und der
nackte Hals ſah wetterhart aus dem ſchmutzigen
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/53>, abgerufen am 17.02.2025.
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