Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

gehoben und nicht ein Laut unterbrach die feier-
liche Stille.

Der Redner schien auch diese Art der Aner-
kennung zu verschmähen, denn mit viel schwächerem,
aber noch völlig festem und gewandtem Tone sprach
er nun über die neuesten Tage Jm Anfange der
Rede waren dem aufmerksamen Zuhörer manche
kleine unbedeutende Sätze begegnet, die mit dem
Folgenden im geringem oder gar keinem Zusammen-
hange zu stehen schienen. Sie betrafen meist die
Verhältnisse der niedrigsten Stände, und schienen
mehr nebenbei vom Redner hineingeworfen zu sein,
um einen Theil seiner Zuhörer, die in Schafpelzen
und ohne Halstuch gekommen waren, nicht ganz
leer ausgehen zu lassen. Aber all die kleinen Sätze
wurden in diesem letzten Theil der Rede sorgfältig
aufgehoben, zusammengerückt, über- und unterbaut,
daß man plötzlich ein massives Gebäude der Volks-
freiheit vor sich sah, und im ersten Augenblicke
stutzig war, wie es so plötzlich fest in allen Theilen
aus der Erde habe wachsen können. Es war aber
in diesem Abschnitte der Rede alles so fein schat-
tirt, so schnell und gewandt ausgedrückt, daß das

gehoben und nicht ein Laut unterbrach die feier-
liche Stille.

Der Redner ſchien auch dieſe Art der Aner-
kennung zu verſchmähen, denn mit viel ſchwächerem,
aber noch völlig feſtem und gewandtem Tone ſprach
er nun über die neueſten Tage Jm Anfange der
Rede waren dem aufmerkſamen Zuhörer manche
kleine unbedeutende Sätze begegnet, die mit dem
Folgenden im geringem oder gar keinem Zuſammen-
hange zu ſtehen ſchienen. Sie betrafen meiſt die
Verhältniſſe der niedrigſten Stände, und ſchienen
mehr nebenbei vom Redner hineingeworfen zu ſein,
um einen Theil ſeiner Zuhörer, die in Schafpelzen
und ohne Halstuch gekommen waren, nicht ganz
leer ausgehen zu laſſen. Aber all die kleinen Sätze
wurden in dieſem letzten Theil der Rede ſorgfältig
aufgehoben, zuſammengerückt, über- und unterbaut,
daß man plötzlich ein maſſives Gebäude der Volks-
freiheit vor ſich ſah, und im erſten Augenblicke
ſtutzig war, wie es ſo plötzlich feſt in allen Theilen
aus der Erde habe wachſen können. Es war aber
in dieſem Abſchnitte der Rede alles ſo fein ſchat-
tirt, ſo ſchnell und gewandt ausgedrückt, daß das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0149" n="139"/>
gehoben und nicht ein Laut unterbrach die feier-<lb/>
liche Stille.</p><lb/>
          <p>Der Redner &#x017F;chien auch die&#x017F;e Art der Aner-<lb/>
kennung zu ver&#x017F;chmähen, denn mit viel &#x017F;chwächerem,<lb/>
aber noch völlig fe&#x017F;tem und gewandtem Tone &#x017F;prach<lb/>
er nun über die neue&#x017F;ten Tage Jm Anfange der<lb/>
Rede waren dem aufmerk&#x017F;amen Zuhörer manche<lb/>
kleine unbedeutende Sätze begegnet, die mit dem<lb/>
Folgenden im geringem oder gar keinem Zu&#x017F;ammen-<lb/>
hange zu &#x017F;tehen &#x017F;chienen. Sie betrafen mei&#x017F;t die<lb/>
Verhältni&#x017F;&#x017F;e der niedrig&#x017F;ten Stände, und &#x017F;chienen<lb/>
mehr nebenbei vom Redner hineingeworfen zu &#x017F;ein,<lb/>
um einen Theil &#x017F;einer Zuhörer, die in Schafpelzen<lb/>
und ohne Halstuch gekommen waren, nicht ganz<lb/>
leer ausgehen zu la&#x017F;&#x017F;en. Aber all die kleinen Sätze<lb/>
wurden in die&#x017F;em letzten Theil der Rede &#x017F;orgfältig<lb/>
aufgehoben, zu&#x017F;ammengerückt, über- und unterbaut,<lb/>
daß man plötzlich ein ma&#x017F;&#x017F;ives Gebäude der Volks-<lb/>
freiheit vor &#x017F;ich &#x017F;ah, und im er&#x017F;ten Augenblicke<lb/>
&#x017F;tutzig war, wie es &#x017F;o plötzlich fe&#x017F;t in allen Theilen<lb/>
aus der Erde habe wach&#x017F;en können. Es war aber<lb/>
in die&#x017F;em Ab&#x017F;chnitte der Rede alles &#x017F;o fein &#x017F;chat-<lb/>
tirt, &#x017F;o &#x017F;chnell und gewandt ausgedrückt, daß das<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0149] gehoben und nicht ein Laut unterbrach die feier- liche Stille. Der Redner ſchien auch dieſe Art der Aner- kennung zu verſchmähen, denn mit viel ſchwächerem, aber noch völlig feſtem und gewandtem Tone ſprach er nun über die neueſten Tage Jm Anfange der Rede waren dem aufmerkſamen Zuhörer manche kleine unbedeutende Sätze begegnet, die mit dem Folgenden im geringem oder gar keinem Zuſammen- hange zu ſtehen ſchienen. Sie betrafen meiſt die Verhältniſſe der niedrigſten Stände, und ſchienen mehr nebenbei vom Redner hineingeworfen zu ſein, um einen Theil ſeiner Zuhörer, die in Schafpelzen und ohne Halstuch gekommen waren, nicht ganz leer ausgehen zu laſſen. Aber all die kleinen Sätze wurden in dieſem letzten Theil der Rede ſorgfältig aufgehoben, zuſammengerückt, über- und unterbaut, daß man plötzlich ein maſſives Gebäude der Volks- freiheit vor ſich ſah, und im erſten Augenblicke ſtutzig war, wie es ſo plötzlich feſt in allen Theilen aus der Erde habe wachſen können. Es war aber in dieſem Abſchnitte der Rede alles ſo fein ſchat- tirt, ſo ſchnell und gewandt ausgedrückt, daß das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/149
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/149>, abgerufen am 08.05.2024.