Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

größtentheils schon wieder verschwunden war. Es
begann einer jener Wintertage, in deren Mund-
winkeln schon ein Frühlingslächeln schwebt, ein lauer
Thauwind zog langsam über die Fläche. Solch ein
Wind ist wie der Hauch eines jungen Mädchens,
wenn er uns zum ersten Male berührt, und wir
empfinden, welch eine Lust es sein müsse, von den
Lippen geküßt zu werden, über welche dieser Athem
flog. Frühlingsahnung, Ahnung einer schönern Zeit
zieht damit in unsre Brust.

Auch Valerius sagte lächelnd: Es wird noch
Alles gut werden -- weiter, weiter.

Einer der Seitenausgänge dieser Wildraufe war
aber verschlossen durch ein Bretterhäuschen, was
sich daran lehnte, und mit der Hinterwand der
Raufe eben jenen Winkel bildete, in welchem
Joel lag.

Wer wohnt hier, Thaddäus? fragte Valerius
von Neuem. Thaddäus umging aber die Frage
noch einmal. Jn der guten alten Zeit, sagte er,
wo die Polen noch Polen waren, hat es hier in
der Gegend einen freundlichen Herrn gegeben, wel-
cher das Wild besser behandelte, als Mancher die

größtentheils ſchon wieder verſchwunden war. Es
begann einer jener Wintertage, in deren Mund-
winkeln ſchon ein Frühlingslächeln ſchwebt, ein lauer
Thauwind zog langſam über die Fläche. Solch ein
Wind iſt wie der Hauch eines jungen Mädchens,
wenn er uns zum erſten Male berührt, und wir
empfinden, welch eine Luſt es ſein müſſe, von den
Lippen geküßt zu werden, über welche dieſer Athem
flog. Frühlingsahnung, Ahnung einer ſchönern Zeit
zieht damit in unſre Bruſt.

Auch Valerius ſagte lächelnd: Es wird noch
Alles gut werden — weiter, weiter.

Einer der Seitenausgänge dieſer Wildraufe war
aber verſchloſſen durch ein Bretterhäuschen, was
ſich daran lehnte, und mit der Hinterwand der
Raufe eben jenen Winkel bildete, in welchem
Joel lag.

Wer wohnt hier, Thaddäus? fragte Valerius
von Neuem. Thaddäus umging aber die Frage
noch einmal. Jn der guten alten Zeit, ſagte er,
wo die Polen noch Polen waren, hat es hier in
der Gegend einen freundlichen Herrn gegeben, wel-
cher das Wild beſſer behandelte, als Mancher die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0117" n="107"/>
größtentheils &#x017F;chon wieder ver&#x017F;chwunden war. Es<lb/>
begann einer jener Wintertage, in deren Mund-<lb/>
winkeln &#x017F;chon ein Frühlingslächeln &#x017F;chwebt, ein lauer<lb/>
Thauwind zog lang&#x017F;am über die Fläche. Solch ein<lb/>
Wind i&#x017F;t wie der Hauch eines jungen Mädchens,<lb/>
wenn er uns zum er&#x017F;ten Male berührt, und wir<lb/>
empfinden, welch eine Lu&#x017F;t es &#x017F;ein mü&#x017F;&#x017F;e, von den<lb/>
Lippen geküßt zu werden, über welche die&#x017F;er Athem<lb/>
flog. Frühlingsahnung, Ahnung einer &#x017F;chönern Zeit<lb/>
zieht damit in un&#x017F;re Bru&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Auch Valerius &#x017F;agte lächelnd: Es wird noch<lb/>
Alles gut werden &#x2014; weiter, weiter.</p><lb/>
          <p>Einer der Seitenausgänge die&#x017F;er Wildraufe war<lb/>
aber ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en durch ein Bretterhäuschen, was<lb/>
&#x017F;ich daran lehnte, und mit der Hinterwand der<lb/>
Raufe eben jenen Winkel bildete, in welchem<lb/>
Joel lag.</p><lb/>
          <p>Wer wohnt hier, Thaddäus? fragte Valerius<lb/>
von Neuem. Thaddäus umging aber die Frage<lb/>
noch einmal. Jn der guten alten Zeit, &#x017F;agte er,<lb/>
wo die Polen noch Polen waren, hat es hier in<lb/>
der Gegend einen freundlichen Herrn gegeben, wel-<lb/>
cher das Wild be&#x017F;&#x017F;er behandelte, als Mancher die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107/0117] größtentheils ſchon wieder verſchwunden war. Es begann einer jener Wintertage, in deren Mund- winkeln ſchon ein Frühlingslächeln ſchwebt, ein lauer Thauwind zog langſam über die Fläche. Solch ein Wind iſt wie der Hauch eines jungen Mädchens, wenn er uns zum erſten Male berührt, und wir empfinden, welch eine Luſt es ſein müſſe, von den Lippen geküßt zu werden, über welche dieſer Athem flog. Frühlingsahnung, Ahnung einer ſchönern Zeit zieht damit in unſre Bruſt. Auch Valerius ſagte lächelnd: Es wird noch Alles gut werden — weiter, weiter. Einer der Seitenausgänge dieſer Wildraufe war aber verſchloſſen durch ein Bretterhäuschen, was ſich daran lehnte, und mit der Hinterwand der Raufe eben jenen Winkel bildete, in welchem Joel lag. Wer wohnt hier, Thaddäus? fragte Valerius von Neuem. Thaddäus umging aber die Frage noch einmal. Jn der guten alten Zeit, ſagte er, wo die Polen noch Polen waren, hat es hier in der Gegend einen freundlichen Herrn gegeben, wel- cher das Wild beſſer behandelte, als Mancher die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/117
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/117>, abgerufen am 08.05.2024.