als wenn man den Kriegerstand den übrigen voran¬ stellt, statt ihn nachzusetzen: er ist ein leider noch immer nothwendiges Instrument für ein Uebel, was durch Kultur immer geringer wird, ein Instrument was man mit Bedauern und Mitleid ansehen sollte, weil es der redende Beweis unserer Unkultur ist. Ist es wohl schon Jemand eingefallen, die Kanone mit Verehrung anzusehen, weil man damit eine Masse Menschen nieder¬ schießen kann? Aber es ist der alte Rest der Erobe¬ rung, des Lehnwesens, der Barbarei, wo nur das gel¬ ten konnte, was große physische Gewalt entwickelte, was Furcht einflößte. Die Kultur beginnt mit Zer¬ stören: man haut Wälder nieder, tödtet die wilden Thiere -- wollen wir denn immer im Beginn der Kultur stehen bleiben und die barbarischen Schutzmittel unsrer Staaten, die Kriegsheere vorn hin stellen; je höher der Kulturzustand eines Staates ist, desto tiefer tritt der rohe Krieg in den Schatten, desto mehr ver¬ schwindet dieser rohe Muth, der den Professions-Duel¬ lanten nöthig ist. Man lehre die Jugend, den Tod nicht zu fürchten, aber man lehre es auf eine civili¬ sirtere Weise. --
Die Fürstin hat viel Gefolge mitgebracht. Es ist
als wenn man den Kriegerſtand den übrigen voran¬ ſtellt, ſtatt ihn nachzuſetzen: er iſt ein leider noch immer nothwendiges Inſtrument für ein Uebel, was durch Kultur immer geringer wird, ein Inſtrument was man mit Bedauern und Mitleid anſehen ſollte, weil es der redende Beweis unſerer Unkultur iſt. Iſt es wohl ſchon Jemand eingefallen, die Kanone mit Verehrung anzuſehen, weil man damit eine Maſſe Menſchen nieder¬ ſchießen kann? Aber es iſt der alte Reſt der Erobe¬ rung, des Lehnweſens, der Barbarei, wo nur das gel¬ ten konnte, was große phyſiſche Gewalt entwickelte, was Furcht einflößte. Die Kultur beginnt mit Zer¬ ſtören: man haut Wälder nieder, tödtet die wilden Thiere — wollen wir denn immer im Beginn der Kultur ſtehen bleiben und die barbariſchen Schutzmittel unſrer Staaten, die Kriegsheere vorn hin ſtellen; je höher der Kulturzuſtand eines Staates iſt, deſto tiefer tritt der rohe Krieg in den Schatten, deſto mehr ver¬ ſchwindet dieſer rohe Muth, der den Profeſſions-Duel¬ lanten nöthig iſt. Man lehre die Jugend, den Tod nicht zu fürchten, aber man lehre es auf eine civili¬ ſirtere Weiſe. —
Die Fürſtin hat viel Gefolge mitgebracht. Es iſt
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als wenn man den Kriegerſtand den übrigen voran¬
ſtellt, ſtatt ihn nachzuſetzen: er iſt ein leider noch
immer nothwendiges Inſtrument für ein Uebel, was
durch Kultur immer geringer wird, ein Inſtrument was
man mit Bedauern und Mitleid anſehen ſollte, weil es
der redende Beweis unſerer Unkultur iſt. Iſt es wohl
ſchon Jemand eingefallen, die Kanone mit Verehrung
anzuſehen, weil man damit eine Maſſe Menſchen nieder¬
ſchießen kann? Aber es iſt der alte Reſt der Erobe¬
rung, des Lehnweſens, der Barbarei, wo nur das gel¬
ten konnte, was große phyſiſche Gewalt entwickelte,
was Furcht einflößte. Die Kultur beginnt mit Zer¬
ſtören: man haut Wälder nieder, tödtet die wilden
Thiere — wollen wir denn immer im Beginn der
Kultur ſtehen bleiben und die barbariſchen Schutzmittel
unſrer Staaten, die Kriegsheere vorn hin ſtellen; je
höher der Kulturzuſtand eines Staates iſt, deſto tiefer
tritt der rohe Krieg in den Schatten, deſto mehr ver¬
ſchwindet dieſer rohe Muth, der den Profeſſions-Duel¬
lanten nöthig iſt. Man lehre die Jugend, den Tod
nicht zu fürchten, aber man lehre es auf eine civili¬
ſirtere Weiſe. —
Die Fürſtin hat viel Gefolge mitgebracht. Es iſt
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/58>, abgerufen am 16.02.2025.
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