Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.aus ihrem Zimmer und die Guitarre fragte schelmisch, aus ihrem Zimmer und die Guitarre fragte ſchelmiſch, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0128" n="116"/> aus ihrem Zimmer und die Guitarre fragte ſchelmiſch,<lb/> ob ſie recht gekleidet gingen. Es war ein ſonniger Sonn¬<lb/> tagsmorgen, die Landleute gingen geputzt zur Kirche; ich<lb/> ſchaukelte mich auf den zauberhaften Reimen der Schö¬<lb/> pfung. Da ſchlüpft Amelie vor meinen Augen in den<lb/> Garten, ich hörte die Thür des Pavillons öffnen. Ich<lb/> ging, ich flog hinunter und ſah aus dem Gebüſch durch<lb/> die Fenſter des Gartenhauſes. Sie ſtand an einen<lb/> Pfeiler gelehnt, hielt ein Buch in der Hand, las ab¬<lb/> wechſelnd und ſah in den Himmel. Ich kannte den<lb/> Einband; es waren Ludovico Tieks Gedichte. Amelie<lb/> trug ein roſenrothes Kleid, ihre langen blonden Locken<lb/> fielen <hi rendition="#aq">à l'enfant</hi> wie des Sonnengottes Strahlen auf<lb/> die Schulter, eine Lilie ſah mit unſchuldigem Auge aus<lb/> ihnen hervor. Die Prinzeſſin iſt ſchlank und leicht wie<lb/> eine Gazelle, ihre Haut iſt weiß wie Federgewölk, ihr<lb/> Mund ſüß und klein wie ein Liebeswort, und die ſchma¬<lb/> len Lippen bebten, als ſpräche ſie einen beflügelten Vers<lb/> in die Lüfte. Ich ſprang zu ihr, ſtürzte zu ihren Fü¬<lb/> ßen, bedeckte mit Küſſen die kleine Hand, weinte vor<lb/> Liebe, umfaßte ihre Knie und drückte meinen Kopf dar¬<lb/> an. Ich weiß nicht wie es weiter geſchah, ihre Hand<lb/> fühlt' ich an meiner Wange, ſie lag bald an mei¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [116/0128]
aus ihrem Zimmer und die Guitarre fragte ſchelmiſch,
ob ſie recht gekleidet gingen. Es war ein ſonniger Sonn¬
tagsmorgen, die Landleute gingen geputzt zur Kirche; ich
ſchaukelte mich auf den zauberhaften Reimen der Schö¬
pfung. Da ſchlüpft Amelie vor meinen Augen in den
Garten, ich hörte die Thür des Pavillons öffnen. Ich
ging, ich flog hinunter und ſah aus dem Gebüſch durch
die Fenſter des Gartenhauſes. Sie ſtand an einen
Pfeiler gelehnt, hielt ein Buch in der Hand, las ab¬
wechſelnd und ſah in den Himmel. Ich kannte den
Einband; es waren Ludovico Tieks Gedichte. Amelie
trug ein roſenrothes Kleid, ihre langen blonden Locken
fielen à l'enfant wie des Sonnengottes Strahlen auf
die Schulter, eine Lilie ſah mit unſchuldigem Auge aus
ihnen hervor. Die Prinzeſſin iſt ſchlank und leicht wie
eine Gazelle, ihre Haut iſt weiß wie Federgewölk, ihr
Mund ſüß und klein wie ein Liebeswort, und die ſchma¬
len Lippen bebten, als ſpräche ſie einen beflügelten Vers
in die Lüfte. Ich ſprang zu ihr, ſtürzte zu ihren Fü¬
ßen, bedeckte mit Küſſen die kleine Hand, weinte vor
Liebe, umfaßte ihre Knie und drückte meinen Kopf dar¬
an. Ich weiß nicht wie es weiter geſchah, ihre Hand
fühlt' ich an meiner Wange, ſie lag bald an mei¬
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