Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

ihn dazu und er läßt sich wohl größtentheils darum in
einen Kampf mit Dir ein, weil ihm die Fürstin eine
Niederlage phrophezeiht und ihn der Ehrgeiz sticht. Ant¬
worte mir bald. Der Kampf soll öffentlich geführt
werden; ich werde unterdeß eine einaktige Tragödie schrei¬
ben, wo unser moderner Heinrich von Ofterdingen, dem
der Blick der neuen thüringischen Fürstin Grundsätze
und Blick verwirrt hat, ein trauriges Ende nimmt.
Aber unsre Wartburg ist doch schöner als jene Eise¬
nacher, und daß ich Liebespsalme meiner Amelie singe,
statt aus dem Hebräischen Davidische zu übersetzen, ist
auch nicht mein Schade.

Prinzessin Amelie ist die nordische Sakontala, sie
schimmert im goldnen Duft, sie spricht süß wie die
Peri, ihr Auge ist der Stern der heiligen drei Könige,
sie ist anzuschauen in ihren erhobenen Wesen wie die
Ceder auf dem Libanon. Das ist mein Psalter. Ame¬
lie ist eine reizend verkörperte Romantik, sie wiegt sich
auf Tönen, sie schwebt auf Akkorden. Lache nicht wie¬
der über meine Ueberschwenglichkeit. Wir waren uns
in fliegenden Gesprächen begegnet, meine Lieder flogen
aus meinem Fenster in den Garten, wo sie träumend
hin und her ging; meine Lieder klangen des Abends

ihn dazu und er läßt ſich wohl größtentheils darum in
einen Kampf mit Dir ein, weil ihm die Fürſtin eine
Niederlage phrophezeiht und ihn der Ehrgeiz ſticht. Ant¬
worte mir bald. Der Kampf ſoll öffentlich geführt
werden; ich werde unterdeß eine einaktige Tragödie ſchrei¬
ben, wo unſer moderner Heinrich von Ofterdingen, dem
der Blick der neuen thüringiſchen Fürſtin Grundſätze
und Blick verwirrt hat, ein trauriges Ende nimmt.
Aber unſre Wartburg iſt doch ſchöner als jene Eiſe¬
nacher, und daß ich Liebespſalme meiner Amelie ſinge,
ſtatt aus dem Hebräiſchen Davidiſche zu überſetzen, iſt
auch nicht mein Schade.

Prinzeſſin Amelie iſt die nordiſche Sakontala, ſie
ſchimmert im goldnen Duft, ſie ſpricht ſüß wie die
Peri, ihr Auge iſt der Stern der heiligen drei Könige,
ſie iſt anzuſchauen in ihren erhobenen Weſen wie die
Ceder auf dem Libanon. Das iſt mein Pſalter. Ame¬
lie iſt eine reizend verkörperte Romantik, ſie wiegt ſich
auf Tönen, ſie ſchwebt auf Akkorden. Lache nicht wie¬
der über meine Ueberſchwenglichkeit. Wir waren uns
in fliegenden Geſprächen begegnet, meine Lieder flogen
aus meinem Fenſter in den Garten, wo ſie träumend
hin und her ging; meine Lieder klangen des Abends

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0127" n="115"/>
ihn dazu und er läßt &#x017F;ich wohl größtentheils darum in<lb/>
einen Kampf mit Dir ein, weil ihm die Für&#x017F;tin eine<lb/>
Niederlage phrophezeiht und ihn der Ehrgeiz &#x017F;ticht. Ant¬<lb/>
worte mir bald. Der Kampf &#x017F;oll öffentlich geführt<lb/>
werden; ich werde unterdeß eine einaktige Tragödie &#x017F;chrei¬<lb/>
ben, wo un&#x017F;er moderner Heinrich von Ofterdingen, dem<lb/>
der Blick der neuen thüringi&#x017F;chen Für&#x017F;tin Grund&#x017F;ätze<lb/>
und Blick verwirrt hat, ein trauriges Ende nimmt.<lb/>
Aber un&#x017F;re Wartburg i&#x017F;t doch &#x017F;chöner als jene Ei&#x017F;<lb/>
nacher, und daß ich Liebesp&#x017F;alme meiner Amelie &#x017F;inge,<lb/>
&#x017F;tatt aus dem Hebräi&#x017F;chen Davidi&#x017F;che zu über&#x017F;etzen, i&#x017F;t<lb/>
auch nicht mein Schade.</p><lb/>
        <p>Prinze&#x017F;&#x017F;in Amelie i&#x017F;t die nordi&#x017F;che Sakontala, &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;chimmert im goldnen Duft, &#x017F;ie &#x017F;pricht &#x017F;üß wie die<lb/>
Peri, ihr Auge i&#x017F;t der Stern der heiligen drei Könige,<lb/>
&#x017F;ie i&#x017F;t anzu&#x017F;chauen in ihren erhobenen We&#x017F;en wie die<lb/>
Ceder auf dem Libanon. Das i&#x017F;t mein P&#x017F;alter. Ame¬<lb/>
lie i&#x017F;t eine reizend verkörperte Romantik, &#x017F;ie wiegt &#x017F;ich<lb/>
auf Tönen, &#x017F;ie &#x017F;chwebt auf Akkorden. Lache nicht wie¬<lb/>
der über meine Ueber&#x017F;chwenglichkeit. Wir waren uns<lb/>
in fliegenden Ge&#x017F;prächen begegnet, meine Lieder flogen<lb/>
aus meinem Fen&#x017F;ter in den Garten, wo &#x017F;ie träumend<lb/>
hin und her ging; meine Lieder klangen des Abends<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0127] ihn dazu und er läßt ſich wohl größtentheils darum in einen Kampf mit Dir ein, weil ihm die Fürſtin eine Niederlage phrophezeiht und ihn der Ehrgeiz ſticht. Ant¬ worte mir bald. Der Kampf ſoll öffentlich geführt werden; ich werde unterdeß eine einaktige Tragödie ſchrei¬ ben, wo unſer moderner Heinrich von Ofterdingen, dem der Blick der neuen thüringiſchen Fürſtin Grundſätze und Blick verwirrt hat, ein trauriges Ende nimmt. Aber unſre Wartburg iſt doch ſchöner als jene Eiſe¬ nacher, und daß ich Liebespſalme meiner Amelie ſinge, ſtatt aus dem Hebräiſchen Davidiſche zu überſetzen, iſt auch nicht mein Schade. Prinzeſſin Amelie iſt die nordiſche Sakontala, ſie ſchimmert im goldnen Duft, ſie ſpricht ſüß wie die Peri, ihr Auge iſt der Stern der heiligen drei Könige, ſie iſt anzuſchauen in ihren erhobenen Weſen wie die Ceder auf dem Libanon. Das iſt mein Pſalter. Ame¬ lie iſt eine reizend verkörperte Romantik, ſie wiegt ſich auf Tönen, ſie ſchwebt auf Akkorden. Lache nicht wie¬ der über meine Ueberſchwenglichkeit. Wir waren uns in fliegenden Geſprächen begegnet, meine Lieder flogen aus meinem Fenſter in den Garten, wo ſie träumend hin und her ging; meine Lieder klangen des Abends

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/127
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/127>, abgerufen am 22.12.2024.