Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.thums der Kultur, der ist ein Mann der Zeit, und der "Darum ärgern mich auch unsre Romane so sehr. thums der Kultur, der iſt ein Mann der Zeit, und der „Darum ärgern mich auch unſre Romane ſo ſehr. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0124" n="112"/> thums der Kultur, der iſt ein Mann der Zeit, und der<lb/> Mann der Zeit iſt tugendhaft. Ihr ſeid abgeſchmackt<lb/> mit den Vorwürfen des wilden, tollen, ausſchweifenden<lb/> Lebens, die Ihr aus lauter Neid und Schwäche Jedem<lb/> anhängt, der zu genießen verſteht. Mein Mann iſt der,<lb/> welcher die große göttliche Demokratie unſrer Tage in allen<lb/> Theilen der Geſellſchaft in ſich aufzunehmen verſteht, wer<lb/> Kunſt, Wiſſenſchaft, Geſelligkeit, Weib, die ſogenannte<lb/> Natur ganz und gar lieben kann, der iſt der reifſte<lb/> Studioſus unſrer Tage und er kann dem Herrgott zu¬<lb/> jauchzen, daß er ſeine Welt durch und durch begrif¬<lb/> fen habe.“</p><lb/> <p>„Darum ärgern mich auch unſre Romane ſo ſehr.<lb/> Sie ſind wunderbar hinter der Zeit zurückgeblieben<lb/> und das Weſentliche unſeres beſten Romans, des Wil¬<lb/> helm Meiſter, die Veilfältigkeit haben ſie nicht verſtan¬<lb/> den. Unſre Romanhelden lieben meiſt auch wie der<lb/> mittelalterliche Minnenarr. Für einen einzigen Gegen¬<lb/> ſtand lebt und ſtirbt er und iſt für alles Andre blind.<lb/> Es heißt die Natur zuſammenſchnüren und die große<lb/> Geſellſchaft in Kämmerchen abtheilen. Jede Bildung<lb/> fängt allerdings vom Individuum an und die vervoll¬<lb/> kommneten Einzelverhältniſſe bereiten die allgemeine Aus¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [112/0124]
thums der Kultur, der iſt ein Mann der Zeit, und der
Mann der Zeit iſt tugendhaft. Ihr ſeid abgeſchmackt
mit den Vorwürfen des wilden, tollen, ausſchweifenden
Lebens, die Ihr aus lauter Neid und Schwäche Jedem
anhängt, der zu genießen verſteht. Mein Mann iſt der,
welcher die große göttliche Demokratie unſrer Tage in allen
Theilen der Geſellſchaft in ſich aufzunehmen verſteht, wer
Kunſt, Wiſſenſchaft, Geſelligkeit, Weib, die ſogenannte
Natur ganz und gar lieben kann, der iſt der reifſte
Studioſus unſrer Tage und er kann dem Herrgott zu¬
jauchzen, daß er ſeine Welt durch und durch begrif¬
fen habe.“
„Darum ärgern mich auch unſre Romane ſo ſehr.
Sie ſind wunderbar hinter der Zeit zurückgeblieben
und das Weſentliche unſeres beſten Romans, des Wil¬
helm Meiſter, die Veilfältigkeit haben ſie nicht verſtan¬
den. Unſre Romanhelden lieben meiſt auch wie der
mittelalterliche Minnenarr. Für einen einzigen Gegen¬
ſtand lebt und ſtirbt er und iſt für alles Andre blind.
Es heißt die Natur zuſammenſchnüren und die große
Geſellſchaft in Kämmerchen abtheilen. Jede Bildung
fängt allerdings vom Individuum an und die vervoll¬
kommneten Einzelverhältniſſe bereiten die allgemeine Aus¬
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