Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.Leben zu bereiten; der Haufen Todter, den der Kampf Leben zu bereiten; der Haufen Todter, den der Kampf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0108" n="96"/> Leben zu bereiten; der Haufen Todter, den der Kampf<lb/> einer neuen Zeit um Euch aufhäuft, verengt Euch die<lb/> Ausſicht, Ihr ſeht nur den blutigen Tag, nicht das<lb/> goldne Jahrhundert. In einem Worte ruht die Erſchei¬<lb/> nung ſo vieler Reactionen aus gutem Willen. Dies<lb/> Wort heißt „Vergeſſen, daß wir in einer kritiſchen Zeit<lb/> leben.“ Die Jugend, die keiner Ruhe bedarf, weil ſie<lb/> Leben genug beſitzt, fragt wenig darnach, was Dies oder<lb/> Jenes koſtet, ſie iſt für Revolution, weil ſie für Ab¬<lb/> wechſelung, für große Lebensentwicklung iſt. Wenn uns<lb/> die Jugend verläßt, ſo meinen wir, die Zeit müſſe eben¬<lb/> falls vollendet ſein; wir verlangen, daß die Zeit in eben<lb/> ſo kurzen Schritten gehe als ein Menſch, eben ſo ſchnell<lb/> mit ihrem Leben zu Ende ſei als wir. Der iſt der große<lb/> Hiſtoriker, der nicht nach dem Schlage des eignen Her¬<lb/> zens urtheilt, denn wie zeitig ſchlägt ein menſchliches<lb/> Herz matt, ſondern nach dem Herzſchlage der geſchicht¬<lb/> lichen Epoche. Das Jahrhundert kommt wie ein Wan¬<lb/> dersmann mit zerriſſenen, abgetragenen, ſchmutzigen Klei¬<lb/> dern an dem Orte an, wo es ſich neu kleiden, reinigen,<lb/> ſäubern, umgeſtalten ſoll — ein Kleidungsſtück nach dem<lb/> andern wird abgeworfen, der unkundige Menſch geht<lb/> vorüber, er hat es lebhaft gewünſcht, daß jener Wan¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [96/0108]
Leben zu bereiten; der Haufen Todter, den der Kampf
einer neuen Zeit um Euch aufhäuft, verengt Euch die
Ausſicht, Ihr ſeht nur den blutigen Tag, nicht das
goldne Jahrhundert. In einem Worte ruht die Erſchei¬
nung ſo vieler Reactionen aus gutem Willen. Dies
Wort heißt „Vergeſſen, daß wir in einer kritiſchen Zeit
leben.“ Die Jugend, die keiner Ruhe bedarf, weil ſie
Leben genug beſitzt, fragt wenig darnach, was Dies oder
Jenes koſtet, ſie iſt für Revolution, weil ſie für Ab¬
wechſelung, für große Lebensentwicklung iſt. Wenn uns
die Jugend verläßt, ſo meinen wir, die Zeit müſſe eben¬
falls vollendet ſein; wir verlangen, daß die Zeit in eben
ſo kurzen Schritten gehe als ein Menſch, eben ſo ſchnell
mit ihrem Leben zu Ende ſei als wir. Der iſt der große
Hiſtoriker, der nicht nach dem Schlage des eignen Her¬
zens urtheilt, denn wie zeitig ſchlägt ein menſchliches
Herz matt, ſondern nach dem Herzſchlage der geſchicht¬
lichen Epoche. Das Jahrhundert kommt wie ein Wan¬
dersmann mit zerriſſenen, abgetragenen, ſchmutzigen Klei¬
dern an dem Orte an, wo es ſich neu kleiden, reinigen,
ſäubern, umgeſtalten ſoll — ein Kleidungsſtück nach dem
andern wird abgeworfen, der unkundige Menſch geht
vorüber, er hat es lebhaft gewünſcht, daß jener Wan¬
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