Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833.ging in die Tiefe des Zimmers. Ich trat jetzt keck auf ging in die Tiefe des Zimmers. Ich trat jetzt keck auf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0071" n="61"/> ging in die Tiefe des Zimmers. Ich trat jetzt keck auf<lb/> den Fenſterbogen und ſprang behend ins Zimmer. Ein<lb/> unterdrücktes „Ach!“ Clara's bedeckte ich vollends mit<lb/> Küſſen. Die furchtſamſten Weiber, wenn ſie lieben,<lb/> werden nie durch eine Aeußerung der Furcht etwas ver¬<lb/> rathen, ſie haben den Liebhaber und die Liebe zu im¬<lb/> merwährenden Begleitern bei ſich, und wenn etwas vor¬<lb/> fällt, ſo ſehen ſie ſich immer erſt nach dieſen um und<lb/> horchen, was dieſe dazu ſagen. Der glühendſte Mann<lb/> liebt mit Geſchäftspauſen, er vergißt des Tags über<lb/> wenigſtens zehnmal die Geliebte und erinnert ſich hun¬<lb/> dertmal ihrer. Das Weib erinnert ſich des geliebten<lb/> Mannes gar nicht, denn ſie hat ihn immerwährend bei<lb/> ſich, er iſt in ihr und verläßt ſie nie; er iſt nicht nur<lb/> ihr Gedanke, denn der kann wechſeln, er iſt ihr Denken,<lb/> ihre Phantaſie, ja ihr Verſtand. Clara hatte auch mit<lb/> mir gedacht. Sie ſchalt meine Dreiſtigkeit und küßte<lb/> mich und war ſo weich und warm und lieb wie ein Son¬<lb/> nenſtrahl. Sie wollte ihr Neglig<hi rendition="#aq">é</hi> verbergen und ſchmiegte<lb/> ſich tiefer in meine Arme, damit ich ſie nicht ſehen ſollte;<lb/> ſie war ſanft wie ein ſpielend Kind, ſie war wie eine<lb/> ſeltne Blume, die in ſchweigſamer Mondnacht ihren vol¬<lb/> len warmen Kelch aufſchließt und Wärme und Sehn¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0071]
ging in die Tiefe des Zimmers. Ich trat jetzt keck auf
den Fenſterbogen und ſprang behend ins Zimmer. Ein
unterdrücktes „Ach!“ Clara's bedeckte ich vollends mit
Küſſen. Die furchtſamſten Weiber, wenn ſie lieben,
werden nie durch eine Aeußerung der Furcht etwas ver¬
rathen, ſie haben den Liebhaber und die Liebe zu im¬
merwährenden Begleitern bei ſich, und wenn etwas vor¬
fällt, ſo ſehen ſie ſich immer erſt nach dieſen um und
horchen, was dieſe dazu ſagen. Der glühendſte Mann
liebt mit Geſchäftspauſen, er vergißt des Tags über
wenigſtens zehnmal die Geliebte und erinnert ſich hun¬
dertmal ihrer. Das Weib erinnert ſich des geliebten
Mannes gar nicht, denn ſie hat ihn immerwährend bei
ſich, er iſt in ihr und verläßt ſie nie; er iſt nicht nur
ihr Gedanke, denn der kann wechſeln, er iſt ihr Denken,
ihre Phantaſie, ja ihr Verſtand. Clara hatte auch mit
mir gedacht. Sie ſchalt meine Dreiſtigkeit und küßte
mich und war ſo weich und warm und lieb wie ein Son¬
nenſtrahl. Sie wollte ihr Negligé verbergen und ſchmiegte
ſich tiefer in meine Arme, damit ich ſie nicht ſehen ſollte;
ſie war ſanft wie ein ſpielend Kind, ſie war wie eine
ſeltne Blume, die in ſchweigſamer Mondnacht ihren vol¬
len warmen Kelch aufſchließt und Wärme und Sehn¬
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