Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833.da öffnete der Bruder, dessen Zimmer daneben war und da öffnete der Bruder, deſſen Zimmer daneben war und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0070" n="60"/> da öffnete der Bruder, deſſen Zimmer daneben war und<lb/> den ich auf und nieder gehen geſehen hatte, den zwei¬<lb/> ten Fenſterflügel, und ſah in den Mondſchein heraus.<lb/> Ich blieb regungslos ſtehen, der verzweifelte Hund fing<lb/> an zu knurren, heraufſehend nach Baum und Fenſter,<lb/> ich konnte leichtlich dadurch verrathen werden. — Clara<lb/> träumte und tändelte ungeſtört fort. Eine peinliche Mi¬<lb/> nute verging, der Bruder ſchien nach mir herzuſehen,<lb/> ich hielt den Athem an, plötzlich brach ein kleiner Aſt,<lb/> auf den ich im Rückzuge mit dem rechten Fuße getre¬<lb/> ten war; die Grabesſtille der Nacht machte ein auffal¬<lb/> lendes Geräuſch daraus, der Bruder fuhr blitzſchnell mit<lb/> dem Kopf aus dem Fenſter. Clara hob ſich ein wenig<lb/> in die Höhe und horchte, der Hund knurrte lauter, ich<lb/> hielt mich mit dem Arm feſt an einen Aſt und wagte<lb/> nicht eine neue Stütze für meinen rechten Fuß zu ſu¬<lb/> chen, aus Beſorgniß; neues Geräuſch zu machen. Der<lb/> Vetter aller Liebenden, Freund Mond, bemerkte zu rech¬<lb/> ter Zeit meine Noth, er trat hinter eine Wolke; ſchwer¬<lb/> lich wäre ſonſt des Bruders unabläßigem Hinſtarren nach<lb/> dem Baume meine leuchtende weiße Hoſe entgangen.<lb/> Tödtliche fünf Minuten ſchwebte ich ſo auf der Folter,<lb/> da gab er endlich die Sache auf, warf das Fenſter zu und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [60/0070]
da öffnete der Bruder, deſſen Zimmer daneben war und
den ich auf und nieder gehen geſehen hatte, den zwei¬
ten Fenſterflügel, und ſah in den Mondſchein heraus.
Ich blieb regungslos ſtehen, der verzweifelte Hund fing
an zu knurren, heraufſehend nach Baum und Fenſter,
ich konnte leichtlich dadurch verrathen werden. — Clara
träumte und tändelte ungeſtört fort. Eine peinliche Mi¬
nute verging, der Bruder ſchien nach mir herzuſehen,
ich hielt den Athem an, plötzlich brach ein kleiner Aſt,
auf den ich im Rückzuge mit dem rechten Fuße getre¬
ten war; die Grabesſtille der Nacht machte ein auffal¬
lendes Geräuſch daraus, der Bruder fuhr blitzſchnell mit
dem Kopf aus dem Fenſter. Clara hob ſich ein wenig
in die Höhe und horchte, der Hund knurrte lauter, ich
hielt mich mit dem Arm feſt an einen Aſt und wagte
nicht eine neue Stütze für meinen rechten Fuß zu ſu¬
chen, aus Beſorgniß; neues Geräuſch zu machen. Der
Vetter aller Liebenden, Freund Mond, bemerkte zu rech¬
ter Zeit meine Noth, er trat hinter eine Wolke; ſchwer¬
lich wäre ſonſt des Bruders unabläßigem Hinſtarren nach
dem Baume meine leuchtende weiße Hoſe entgangen.
Tödtliche fünf Minuten ſchwebte ich ſo auf der Folter,
da gab er endlich die Sache auf, warf das Fenſter zu und
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