mir den grauen Magisterrock zuschneiden. Und das Herkommen lohnt wirklich der Mühe: der Ort liegt schön, der Graf ist gastfrei, der Ton fessellos, die Da¬ men sind schön, Stoff zur Gallenabsonderung, besonders für Valer ist auch da: ein junger adliger Laffe, Graf Fips, kam nämlich mit mir an und krächzt den Lieb¬ haber und Aristokraten -- was willst Du mehr? Du hast Dich wahrscheinlich gewundert, warum ich die Stadt so schnell verlassen habe, der Du mich dort in schönen Fesseln wußtest. Hast Du Dich wirklich gewundert? Ei, Mylord, wie kennt Ihr mich mangelhaft! Ich dulde keine Fessel, auch nicht die schönste. Wie denken wir doch alle so verschieden über die Liebe. Willst Du wis¬ sen wie? Höre! Du liebst den Genuß der Liebe, Leopold liebt die Weiber; Valer, der immer was Besonderes haben muß, liebt die Liebe, William, der Narr, liebt die Gottheit in ihr und weil er ein christlicher Pedant ist, schwört er zum Monotheismus und verdammt alles Andere -- ich -- ich liebe das Leben. Was mir nicht mehr am Leben ist, werfe ich weg, gleichgültig darüber, ob ich nach der Definition Anderer morde. Ich kenne drum auch nicht Valers Pietät gegen das, was er ge¬ liebt, alles Todte ist für mich nicht da; ich kenne Leo¬
mir den grauen Magiſterrock zuſchneiden. Und das Herkommen lohnt wirklich der Mühe: der Ort liegt ſchön, der Graf iſt gaſtfrei, der Ton feſſellos, die Da¬ men ſind ſchön, Stoff zur Gallenabſonderung, beſonders für Valer iſt auch da: ein junger adliger Laffe, Graf Fips, kam nämlich mit mir an und krächzt den Lieb¬ haber und Ariſtokraten — was willſt Du mehr? Du haſt Dich wahrſcheinlich gewundert, warum ich die Stadt ſo ſchnell verlaſſen habe, der Du mich dort in ſchönen Feſſeln wußteſt. Haſt Du Dich wirklich gewundert? Ei, Mylord, wie kennt Ihr mich mangelhaft! Ich dulde keine Feſſel, auch nicht die ſchönſte. Wie denken wir doch alle ſo verſchieden über die Liebe. Willſt Du wiſ¬ ſen wie? Höre! Du liebſt den Genuß der Liebe, Leopold liebt die Weiber; Valer, der immer was Beſonderes haben muß, liebt die Liebe, William, der Narr, liebt die Gottheit in ihr und weil er ein chriſtlicher Pedant iſt, ſchwört er zum Monotheismus und verdammt alles Andere — ich — ich liebe das Leben. Was mir nicht mehr am Leben iſt, werfe ich weg, gleichgültig darüber, ob ich nach der Definition Anderer morde. Ich kenne drum auch nicht Valers Pietät gegen das, was er ge¬ liebt, alles Todte iſt für mich nicht da; ich kenne Leo¬
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mir den grauen Magiſterrock zuſchneiden. Und das
Herkommen lohnt wirklich der Mühe: der Ort liegt
ſchön, der Graf iſt gaſtfrei, der Ton feſſellos, die Da¬
men ſind ſchön, Stoff zur Gallenabſonderung, beſonders
für Valer iſt auch da: ein junger adliger Laffe, Graf
Fips, kam nämlich mit mir an und krächzt den Lieb¬
haber und Ariſtokraten — was willſt Du mehr? Du
haſt Dich wahrſcheinlich gewundert, warum ich die Stadt
ſo ſchnell verlaſſen habe, der Du mich dort in ſchönen
Feſſeln wußteſt. Haſt Du Dich wirklich gewundert?
Ei, Mylord, wie kennt Ihr mich mangelhaft! Ich dulde
keine Feſſel, auch nicht die ſchönſte. Wie denken wir
doch alle ſo verſchieden über die Liebe. Willſt Du wiſ¬
ſen wie? Höre! Du liebſt den Genuß der Liebe, Leopold
liebt die Weiber; Valer, der immer was Beſonderes
haben muß, liebt die Liebe, William, der Narr, liebt
die Gottheit in ihr und weil er ein chriſtlicher Pedant
iſt, ſchwört er zum Monotheismus und verdammt alles
Andere — ich — ich liebe das Leben. Was mir nicht
mehr am Leben iſt, werfe ich weg, gleichgültig darüber,
ob ich nach der Definition Anderer morde. Ich kenne
drum auch nicht Valers Pietät gegen das, was er ge¬
liebt, alles Todte iſt für mich nicht da; ich kenne Leo¬
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/106>, abgerufen am 17.02.2025.
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