Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Bernsteinhexe.
(Marie nimmt Schweidler Hut und Stock ab und streichelt ihm
die Wangen dabei.)
Marie (zu Rüdiger.)
Jch hab' die vornehmen Herrn damals auch gespro-
chen, fragt nur!
Schweidler.
Lateinisch hat sie mit ihnen gesprochen, denn mein
Kind hat eine klassische Erziehung und ist nicht anzusehn
wie aller Leute Kind!
Rüdiger.
Das stellt sich dar, lieber Herr Schweidler! Aber Jhr
solltet jenes Versprechen nicht in den Wind gejagt sein
lassen, und vielleicht kann ich Euch dabei dienen: ich habe
Herzog Bogislav erst neulich in Stettin gesprochen und
komm' wohl wieder einmal dazu, denn er war meinem
Vater und ist mir freundlich zugethan. Wenn ich also die
Sache richtig anbringen könnte, so wär's nicht weggewor-
fen, was Euch mit den Herrschaften begegnet ist --
Schweidler.
Das läßt sich hören. Die Sache war folgende: Von
ungefähr lustwandelte ich im Schloßgarten zu Wolgast
mit -- erlaubt, daß ich mich setze, die Beine fangen an
schwach zu werden --
(Marie eilt rechts hinein und bringt
ihm eine schwarze Kappe)
also mit meinem Töchterlein, so
damals ein Kind bei zwölf Jahren war, und ich zeigte ihr
die schönen Blumen -- bemüht Euch doch!
(er macht ihm
eine Handbewegung zum Sitzen, und der Junker setzt sich mit
Die Bernſteinhexe.
(Marie nimmt Schweidler Hut und Stock ab und ſtreichelt ihm
die Wangen dabei.)
Marie (zu Ruͤdiger.)
Jch hab’ die vornehmen Herrn damals auch geſpro-
chen, fragt nur!
Schweidler.
Lateiniſch hat ſie mit ihnen geſprochen, denn mein
Kind hat eine klaſſiſche Erziehung und iſt nicht anzuſehn
wie aller Leute Kind!
Rüdiger.
Das ſtellt ſich dar, lieber Herr Schweidler! Aber Jhr
ſolltet jenes Verſprechen nicht in den Wind gejagt ſein
laſſen, und vielleicht kann ich Euch dabei dienen: ich habe
Herzog Bogislav erſt neulich in Stettin geſprochen und
komm’ wohl wieder einmal dazu, denn er war meinem
Vater und iſt mir freundlich zugethan. Wenn ich alſo die
Sache richtig anbringen koͤnnte, ſo waͤr’s nicht weggewor-
fen, was Euch mit den Herrſchaften begegnet iſt —
Schweidler.
Das laͤßt ſich hoͤren. Die Sache war folgende: Von
ungefaͤhr luſtwandelte ich im Schloßgarten zu Wolgaſt
mit — erlaubt, daß ich mich ſetze, die Beine fangen an
ſchwach zu werden —
(Marie eilt rechts hinein und bringt
ihm eine ſchwarze Kappe)
alſo mit meinem Toͤchterlein, ſo
damals ein Kind bei zwoͤlf Jahren war, und ich zeigte ihr
die ſchoͤnen Blumen — bemuͤht Euch doch!
(er macht ihm
eine Handbewegung zum Sitzen, und der Junker ſetzt ſich mit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#SCH">
              <pb facs="#f0080" n="74"/>
              <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Bern&#x017F;teinhexe</hi>.</fw><lb/>
              <stage>(Marie nimmt Schweidler Hut und Stock ab und &#x017F;treichelt ihm<lb/>
die Wangen dabei.)</stage>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MAR">
              <speaker> <hi rendition="#b">Marie</hi> </speaker>
              <stage>(zu Ru&#x0364;diger.)</stage><lb/>
              <p>Jch hab&#x2019; die vornehmen Herrn damals auch ge&#x017F;pro-<lb/>
chen, fragt nur!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#SCH">
              <speaker> <hi rendition="#b">Schweidler.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Lateini&#x017F;ch hat &#x017F;ie mit ihnen ge&#x017F;prochen, denn mein<lb/>
Kind hat eine kla&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che Erziehung und i&#x017F;t nicht anzu&#x017F;ehn<lb/>
wie aller Leute Kind!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#RUED">
              <speaker> <hi rendition="#b">Rüdiger.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Das &#x017F;tellt &#x017F;ich dar, lieber Herr Schweidler! Aber Jhr<lb/>
&#x017F;olltet jenes Ver&#x017F;prechen nicht in den Wind gejagt &#x017F;ein<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, und vielleicht kann ich Euch dabei dienen: ich habe<lb/>
Herzog Bogislav er&#x017F;t neulich in Stettin ge&#x017F;prochen und<lb/>
komm&#x2019; wohl wieder einmal dazu, denn er war meinem<lb/>
Vater und i&#x017F;t mir freundlich zugethan. Wenn ich al&#x017F;o die<lb/>
Sache richtig anbringen ko&#x0364;nnte, &#x017F;o wa&#x0364;r&#x2019;s nicht weggewor-<lb/>
fen, was Euch mit den Herr&#x017F;chaften begegnet i&#x017F;t &#x2014;</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#SCH">
              <speaker> <hi rendition="#b">Schweidler.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Das la&#x0364;ßt &#x017F;ich ho&#x0364;ren. Die Sache war folgende: Von<lb/>
ungefa&#x0364;hr lu&#x017F;twandelte ich im Schloßgarten zu Wolga&#x017F;t<lb/>
mit &#x2014; erlaubt, daß ich mich &#x017F;etze, die Beine fangen an<lb/>
&#x017F;chwach zu werden &#x2014;</p>
              <stage>(Marie eilt rechts hinein und bringt<lb/>
ihm eine &#x017F;chwarze Kappe)</stage>
              <p>al&#x017F;o mit meinem To&#x0364;chterlein, &#x017F;o<lb/>
damals ein Kind bei zwo&#x0364;lf Jahren war, und ich zeigte ihr<lb/>
die &#x017F;cho&#x0364;nen Blumen &#x2014; bemu&#x0364;ht Euch doch!</p>
              <stage>(er macht ihm<lb/>
eine Handbewegung zum Sitzen, und der Junker &#x017F;etzt &#x017F;ich mit<lb/></stage>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0080] Die Bernſteinhexe. (Marie nimmt Schweidler Hut und Stock ab und ſtreichelt ihm die Wangen dabei.) Marie (zu Ruͤdiger.) Jch hab’ die vornehmen Herrn damals auch geſpro- chen, fragt nur! Schweidler. Lateiniſch hat ſie mit ihnen geſprochen, denn mein Kind hat eine klaſſiſche Erziehung und iſt nicht anzuſehn wie aller Leute Kind! Rüdiger. Das ſtellt ſich dar, lieber Herr Schweidler! Aber Jhr ſolltet jenes Verſprechen nicht in den Wind gejagt ſein laſſen, und vielleicht kann ich Euch dabei dienen: ich habe Herzog Bogislav erſt neulich in Stettin geſprochen und komm’ wohl wieder einmal dazu, denn er war meinem Vater und iſt mir freundlich zugethan. Wenn ich alſo die Sache richtig anbringen koͤnnte, ſo waͤr’s nicht weggewor- fen, was Euch mit den Herrſchaften begegnet iſt — Schweidler. Das laͤßt ſich hoͤren. Die Sache war folgende: Von ungefaͤhr luſtwandelte ich im Schloßgarten zu Wolgaſt mit — erlaubt, daß ich mich ſetze, die Beine fangen an ſchwach zu werden — (Marie eilt rechts hinein und bringt ihm eine ſchwarze Kappe) alſo mit meinem Toͤchterlein, ſo damals ein Kind bei zwoͤlf Jahren war, und ich zeigte ihr die ſchoͤnen Blumen — bemuͤht Euch doch! (er macht ihm eine Handbewegung zum Sitzen, und der Junker ſetzt ſich mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/80
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/80>, abgerufen am 06.05.2024.