Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Bernsteinhexe.
hab' ich diesem Mädchen den Posten antragen lassen. Aber
sie ist hoffärtig und will nicht dienen, das ist die Sache.
Ferner hab' ich ihr auch wirklich gestern Abend und heute
Morgen in Coserow in's Gewissen geredet, sie solle im
Guten ein Geständniß ablegen, damit ihre Strafe gemil-
dert und ihre Besserung ermöglicht werden könne. Denn
es jammerte mich die große Jugend und die geistvolle An-
lage dieses Mädchens. Dabei ist aber natürlich kein un-
artig Wort von meiner Seite gefallen, und Jhr mögt nun
selbst abnehmen, wie tief diese junge Person schon in den
Schlingen des Satans gefangen ist, daß sie Gutes und
Löbliches zu Unanständigem und Böslichem verkehren
kann, wie man eine Hand umkehrt.
Schweidler.
Mit Erlaubniß, hochpeinliches Gericht, hierbei kann
und muß ich alles gegen den Herrn Amtshauptmann vor-
gebrachte Nachtheilige der Wahrheit gemäß bestätigen. Ja,
Seine Gestrengen sind unablässig meinem Hause ein Herze-
leid gewesen, haben mich beeinträchtigt, wo sie konnten,
und haben meinem Kinde auf allen Straßen und Wegen
das Ungebührliche angesonnen --
Wittich.
Schweig' Er, Mann! Jch bin ihm streng, weil Er
mich von der Kanzel als einen unbarmherzigen Gutsherrn
verleumdet, und Sein Wort gilt hier gar nichts: denn kein
Vater kann für sein Kind ein Zeugniß ablegen.
(Wäh-
Die Bernſteinhexe.
hab’ ich dieſem Maͤdchen den Poſten antragen laſſen. Aber
ſie iſt hoffaͤrtig und will nicht dienen, das iſt die Sache.
Ferner hab’ ich ihr auch wirklich geſtern Abend und heute
Morgen in Coſerow in’s Gewiſſen geredet, ſie ſolle im
Guten ein Geſtaͤndniß ablegen, damit ihre Strafe gemil-
dert und ihre Beſſerung ermoͤglicht werden koͤnne. Denn
es jammerte mich die große Jugend und die geiſtvolle An-
lage dieſes Maͤdchens. Dabei iſt aber natuͤrlich kein un-
artig Wort von meiner Seite gefallen, und Jhr moͤgt nun
ſelbſt abnehmen, wie tief dieſe junge Perſon ſchon in den
Schlingen des Satans gefangen iſt, daß ſie Gutes und
Loͤbliches zu Unanſtaͤndigem und Boͤslichem verkehren
kann, wie man eine Hand umkehrt.
Schweidler.
Mit Erlaubniß, hochpeinliches Gericht, hierbei kann
und muß ich alles gegen den Herrn Amtshauptmann vor-
gebrachte Nachtheilige der Wahrheit gemaͤß beſtaͤtigen. Ja,
Seine Geſtrengen ſind unablaͤſſig meinem Hauſe ein Herze-
leid geweſen, haben mich beeintraͤchtigt, wo ſie konnten,
und haben meinem Kinde auf allen Straßen und Wegen
das Ungebuͤhrliche angeſonnen —
Wittich.
Schweig’ Er, Mann! Jch bin ihm ſtreng, weil Er
mich von der Kanzel als einen unbarmherzigen Gutsherrn
verleumdet, und Sein Wort gilt hier gar nichts: denn kein
Vater kann fuͤr ſein Kind ein Zeugniß ablegen.
(Waͤh-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#WIT">
              <p><pb facs="#f0160" n="154"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Bern&#x017F;teinhexe</hi>.</fw><lb/>
hab&#x2019; ich die&#x017F;em Ma&#x0364;dchen den Po&#x017F;ten antragen la&#x017F;&#x017F;en. Aber<lb/>
&#x017F;ie i&#x017F;t hoffa&#x0364;rtig und will nicht dienen, das i&#x017F;t die Sache.<lb/>
Ferner hab&#x2019; ich ihr auch wirklich ge&#x017F;tern Abend und heute<lb/>
Morgen in Co&#x017F;erow in&#x2019;s Gewi&#x017F;&#x017F;en geredet, &#x017F;ie &#x017F;olle im<lb/>
Guten ein Ge&#x017F;ta&#x0364;ndniß ablegen, damit ihre Strafe gemil-<lb/>
dert und ihre Be&#x017F;&#x017F;erung ermo&#x0364;glicht werden ko&#x0364;nne. Denn<lb/>
es jammerte mich die große Jugend und die gei&#x017F;tvolle An-<lb/>
lage die&#x017F;es Ma&#x0364;dchens. Dabei i&#x017F;t aber natu&#x0364;rlich kein un-<lb/>
artig Wort von meiner Seite gefallen, und Jhr mo&#x0364;gt nun<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t abnehmen, wie tief die&#x017F;e junge Per&#x017F;on &#x017F;chon in den<lb/>
Schlingen des Satans gefangen i&#x017F;t, daß &#x017F;ie Gutes und<lb/>
Lo&#x0364;bliches zu Unan&#x017F;ta&#x0364;ndigem und Bo&#x0364;slichem verkehren<lb/>
kann, wie man eine Hand umkehrt.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#SCH">
              <speaker> <hi rendition="#b">Schweidler.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Mit Erlaubniß, hochpeinliches Gericht, hierbei kann<lb/>
und muß ich alles gegen den Herrn Amtshauptmann vor-<lb/>
gebrachte Nachtheilige der Wahrheit gema&#x0364;ß be&#x017F;ta&#x0364;tigen. Ja,<lb/>
Seine Ge&#x017F;trengen &#x017F;ind unabla&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig meinem Hau&#x017F;e ein Herze-<lb/>
leid gewe&#x017F;en, haben mich beeintra&#x0364;chtigt, wo &#x017F;ie konnten,<lb/>
und haben meinem Kinde auf allen Straßen und Wegen<lb/>
das Ungebu&#x0364;hrliche ange&#x017F;onnen &#x2014;</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WIT">
              <speaker> <hi rendition="#b">Wittich.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Schweig&#x2019; Er, Mann! Jch bin ihm &#x017F;treng, weil Er<lb/>
mich von der Kanzel als einen unbarmherzigen Gutsherrn<lb/>
verleumdet, und Sein Wort gilt hier gar nichts: denn kein<lb/>
Vater kann fu&#x0364;r &#x017F;ein Kind ein Zeugniß ablegen.</p>
              <stage>(Wa&#x0364;h-<lb/></stage>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[154/0160] Die Bernſteinhexe. hab’ ich dieſem Maͤdchen den Poſten antragen laſſen. Aber ſie iſt hoffaͤrtig und will nicht dienen, das iſt die Sache. Ferner hab’ ich ihr auch wirklich geſtern Abend und heute Morgen in Coſerow in’s Gewiſſen geredet, ſie ſolle im Guten ein Geſtaͤndniß ablegen, damit ihre Strafe gemil- dert und ihre Beſſerung ermoͤglicht werden koͤnne. Denn es jammerte mich die große Jugend und die geiſtvolle An- lage dieſes Maͤdchens. Dabei iſt aber natuͤrlich kein un- artig Wort von meiner Seite gefallen, und Jhr moͤgt nun ſelbſt abnehmen, wie tief dieſe junge Perſon ſchon in den Schlingen des Satans gefangen iſt, daß ſie Gutes und Loͤbliches zu Unanſtaͤndigem und Boͤslichem verkehren kann, wie man eine Hand umkehrt. Schweidler. Mit Erlaubniß, hochpeinliches Gericht, hierbei kann und muß ich alles gegen den Herrn Amtshauptmann vor- gebrachte Nachtheilige der Wahrheit gemaͤß beſtaͤtigen. Ja, Seine Geſtrengen ſind unablaͤſſig meinem Hauſe ein Herze- leid geweſen, haben mich beeintraͤchtigt, wo ſie konnten, und haben meinem Kinde auf allen Straßen und Wegen das Ungebuͤhrliche angeſonnen — Wittich. Schweig’ Er, Mann! Jch bin ihm ſtreng, weil Er mich von der Kanzel als einen unbarmherzigen Gutsherrn verleumdet, und Sein Wort gilt hier gar nichts: denn kein Vater kann fuͤr ſein Kind ein Zeugniß ablegen. (Waͤh-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/160
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/160>, abgerufen am 05.05.2024.