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Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.

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Apoikis.
erkannte ich zu meiner freudigsten Ueberraschung -- nun
raten Sie -- unseren lieben Studienfreund Philandros,
mit dem wir im Sommer 1872 so herzerhebende Stunden
in Heidelberg verlebten. Jetzt war ich geborgen. Phi-
landros erklärte sich zu meinem Gastfreunde -- er ist
hier eine höchst angesehene Persönlichkeit -- und führte
mich in sein Haus. Meine stürmischen Fragen beant-
wortete unser Freund mit seinem stillen, olympischen
Lächeln, das Sie an ihm kennen. "Mit der Zeit,"
sagte er, "sollst Du erfahren, so viel Du vermagst; nur
halte Dich maßvoll, willst Du bestehen. Wir sind nicht
wie ihr an die sinnliche Welt der Erscheinung gebunden
-- doch ich merke, daß Du augenblicklich von einem
phänomenalen Hunger gequält wirst."

Er stellte mich seiner Gattin vor, einer graziösen,
in Violett und Gold gekleideten Dame, die ich in dem
Verdacht habe, daß sie bei meinem Anblicke das Lachen
nur mit Mühe unterdrückte. Jn der That mochte mein
Erstaunen über meine Umgebung bewirken, daß ich noch
einfältiger aussah, als ich bin. Sie führte mich indes
durch einen freundlichen Wink in ein weites Gemach, das
als Speisekammer, Küche und Eßzimmer zugleich diente.
"Bei uns giebt es keine Bedienung," sagte sie, "jeder
bereitet seine Nahrung selbst." Eine zweite Hand-
bewegung wies mich auf die Vorräte an den Wänden
hin, die ich nicht kannte, auf die Geräte, deren Gebrauch
ich nicht verstand -- ich zuckte die Achseln, und Frau
Lissara lächelte nun wirklich, nur ein klein wenig, aber
ich sah es doch. Philandros nahm einige Früchte und

Apoikis.
erkannte ich zu meiner freudigſten Ueberraſchung — nun
raten Sie — unſeren lieben Studienfreund Philandros,
mit dem wir im Sommer 1872 ſo herzerhebende Stunden
in Heidelberg verlebten. Jetzt war ich geborgen. Phi-
landros erklärte ſich zu meinem Gaſtfreunde — er iſt
hier eine höchſt angeſehene Perſönlichkeit — und führte
mich in ſein Haus. Meine ſtürmiſchen Fragen beant-
wortete unſer Freund mit ſeinem ſtillen, olympiſchen
Lächeln, das Sie an ihm kennen. „Mit der Zeit,“
ſagte er, „ſollſt Du erfahren, ſo viel Du vermagſt; nur
halte Dich maßvoll, willſt Du beſtehen. Wir ſind nicht
wie ihr an die ſinnliche Welt der Erſcheinung gebunden
— doch ich merke, daß Du augenblicklich von einem
phänomenalen Hunger gequält wirſt.“

Er ſtellte mich ſeiner Gattin vor, einer graziöſen,
in Violett und Gold gekleideten Dame, die ich in dem
Verdacht habe, daß ſie bei meinem Anblicke das Lachen
nur mit Mühe unterdrückte. Jn der That mochte mein
Erſtaunen über meine Umgebung bewirken, daß ich noch
einfältiger ausſah, als ich bin. Sie führte mich indes
durch einen freundlichen Wink in ein weites Gemach, das
als Speiſekammer, Küche und Eßzimmer zugleich diente.
„Bei uns giebt es keine Bedienung,“ ſagte ſie, „jeder
bereitet ſeine Nahrung ſelbſt.“ Eine zweite Hand-
bewegung wies mich auf die Vorräte an den Wänden
hin, die ich nicht kannte, auf die Geräte, deren Gebrauch
ich nicht verſtand — ich zuckte die Achſeln, und Frau
Liſſara lächelte nun wirklich, nur ein klein wenig, aber
ich ſah es doch. Philandros nahm einige Früchte und

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[46/0052] Apoikis. erkannte ich zu meiner freudigſten Ueberraſchung — nun raten Sie — unſeren lieben Studienfreund Philandros, mit dem wir im Sommer 1872 ſo herzerhebende Stunden in Heidelberg verlebten. Jetzt war ich geborgen. Phi- landros erklärte ſich zu meinem Gaſtfreunde — er iſt hier eine höchſt angeſehene Perſönlichkeit — und führte mich in ſein Haus. Meine ſtürmiſchen Fragen beant- wortete unſer Freund mit ſeinem ſtillen, olympiſchen Lächeln, das Sie an ihm kennen. „Mit der Zeit,“ ſagte er, „ſollſt Du erfahren, ſo viel Du vermagſt; nur halte Dich maßvoll, willſt Du beſtehen. Wir ſind nicht wie ihr an die ſinnliche Welt der Erſcheinung gebunden — doch ich merke, daß Du augenblicklich von einem phänomenalen Hunger gequält wirſt.“ Er ſtellte mich ſeiner Gattin vor, einer graziöſen, in Violett und Gold gekleideten Dame, die ich in dem Verdacht habe, daß ſie bei meinem Anblicke das Lachen nur mit Mühe unterdrückte. Jn der That mochte mein Erſtaunen über meine Umgebung bewirken, daß ich noch einfältiger ausſah, als ich bin. Sie führte mich indes durch einen freundlichen Wink in ein weites Gemach, das als Speiſekammer, Küche und Eßzimmer zugleich diente. „Bei uns giebt es keine Bedienung,“ ſagte ſie, „jeder bereitet ſeine Nahrung ſelbſt.“ Eine zweite Hand- bewegung wies mich auf die Vorräte an den Wänden hin, die ich nicht kannte, auf die Geräte, deren Gebrauch ich nicht verſtand — ich zuckte die Achſeln, und Frau Liſſara lächelte nun wirklich, nur ein klein wenig, aber ich ſah es doch. Philandros nahm einige Früchte und

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/52>, abgerufen am 25.11.2024.