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Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.

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Stäubchen.


Ein frischer Ost milderte die Kraft der Sonne. Jhr
klarer Schein lag über dem langgestreckten Thale,
strahlte zurück von den blanken Eisenschienen und dem
hellen Kies der kleinen Bahnhofsstation und glänzte
auf der Wolke von Dampf und Staub, in welcher der
Schnellzug donnernd sich entfernte.

Richard erinnerte sich kaum der letzten Minuten,
wie er Lenoren und ihrer Mutter gegenüber Platz ge-
nommen. Sein guter Freund Viktor, mit dem wohl-
genährten Gesichte und der goldenen Brille des prak-
tischen Arztes, hatte auf dem Perron gestanden und als
Schluß des Handgepäcks Lenoren einen prächtigen Rosen-
strauß überreicht. Wie warm waren Blick und Worte,
als sie ihm dankte: "Auf Wiedersehen!"

"Jn acht Tagen," hatte Viktor gerufen, "eine lange
Zeit! Zu ärgerlich, daß ich mich nicht eher hier frei
machen kann. Unterhalte die Damen, Richard, und
träume nicht! Du sitzest vorwärts und auf der Wind-
seite, aber Jhr Dichter legt ja wohl darauf kein Ge-
wicht."

Durch die Bewegung des Zuges war das Gespräch

Stäubchen.


Ein friſcher Oſt milderte die Kraft der Sonne. Jhr
klarer Schein lag über dem langgeſtreckten Thale,
ſtrahlte zurück von den blanken Eiſenſchienen und dem
hellen Kies der kleinen Bahnhofsſtation und glänzte
auf der Wolke von Dampf und Staub, in welcher der
Schnellzug donnernd ſich entfernte.

Richard erinnerte ſich kaum der letzten Minuten,
wie er Lenoren und ihrer Mutter gegenüber Platz ge-
nommen. Sein guter Freund Viktor, mit dem wohl-
genährten Geſichte und der goldenen Brille des prak-
tiſchen Arztes, hatte auf dem Perron geſtanden und als
Schluß des Handgepäcks Lenoren einen prächtigen Roſen-
ſtrauß überreicht. Wie warm waren Blick und Worte,
als ſie ihm dankte: „Auf Wiederſehen!“

„Jn acht Tagen,“ hatte Viktor gerufen, „eine lange
Zeit! Zu ärgerlich, daß ich mich nicht eher hier frei
machen kann. Unterhalte die Damen, Richard, und
träume nicht! Du ſitzeſt vorwärts und auf der Wind-
ſeite, aber Jhr Dichter legt ja wohl darauf kein Ge-
wicht.“

Durch die Bewegung des Zuges war das Geſpräch

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[[23]/0029] Stäubchen. Ein friſcher Oſt milderte die Kraft der Sonne. Jhr klarer Schein lag über dem langgeſtreckten Thale, ſtrahlte zurück von den blanken Eiſenſchienen und dem hellen Kies der kleinen Bahnhofsſtation und glänzte auf der Wolke von Dampf und Staub, in welcher der Schnellzug donnernd ſich entfernte. Richard erinnerte ſich kaum der letzten Minuten, wie er Lenoren und ihrer Mutter gegenüber Platz ge- nommen. Sein guter Freund Viktor, mit dem wohl- genährten Geſichte und der goldenen Brille des prak- tiſchen Arztes, hatte auf dem Perron geſtanden und als Schluß des Handgepäcks Lenoren einen prächtigen Roſen- ſtrauß überreicht. Wie warm waren Blick und Worte, als ſie ihm dankte: „Auf Wiederſehen!“ „Jn acht Tagen,“ hatte Viktor gerufen, „eine lange Zeit! Zu ärgerlich, daß ich mich nicht eher hier frei machen kann. Unterhalte die Damen, Richard, und träume nicht! Du ſitzeſt vorwärts und auf der Wind- ſeite, aber Jhr Dichter legt ja wohl darauf kein Ge- wicht.“ Durch die Bewegung des Zuges war das Geſpräch

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. [23]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/29>, abgerufen am 24.04.2024.