teles): "Die Welt muß voll sein und wird nicht platzen in Ewigkeit".
Zweitens hatte Glagli behauptet: Die Welt besteht nur aus zwei Grundelementen, Fett und Alkali, welche die einzigen Stoffe überhaupt sind und seit Ewigkeit existieren; aus ihnen habe sich die Welt auf mechanischem Wege entwickelt, auch könne es niemals etwas Anderes geben, als was aus Fett und Alkali zusammengesetzt sei; die Luft sei eine Ausschwitzung dieser Elemente. Hiergegen erklärte man, nicht bloß Fett und Alkali, sondern auch Glycerin und Wasser seien Elemente; dieselben könnten unmöglich von selbst in Kugelgestalt gekommen sein; namentlich aber stehe in der ältesten Urkunde der Denkenden: "Die Welt ist geblasen durch den Mund eines Riesen, welcher heißt Rudipudi."
Drittens lehrte Glagli: Die Welt sei nicht die ein- zige Welt, sondern es gäbe noch unendlich viele Welten, welche alle Hohlkugeln aus Fett und Alkali seien und frei in der Luft schwebten. Auf ihnen wohnten eben- falls denkende Wesen. Diese These wurde nicht bloß als irrtümlich, sondern als staatsgefährlich bezeichnet, indem man sagte: Gäbe es noch andere Welten, welche wir nicht kennen, so würde sie der "Herr der Denkenden" nicht beherrschen. Es steht aber im Staatsgrundgesetze: "Wenn da Einer sagt, es gäbe etwas, das dem Herrn der Denkenden nicht gehorcht, den soll man in Glycerin sieden, bis er weich wird."
Jn der Versammlung erhob sich Glagli zur Ver- teidigung; er machte besonders geltend, daß die Lehre,
Auf der Seifenblaſe.
teles): „Die Welt muß voll ſein und wird nicht platzen in Ewigkeit“.
Zweitens hatte Glagli behauptet: Die Welt beſteht nur aus zwei Grundelementen, Fett und Alkali, welche die einzigen Stoffe überhaupt ſind und ſeit Ewigkeit exiſtieren; aus ihnen habe ſich die Welt auf mechaniſchem Wege entwickelt, auch könne es niemals etwas Anderes geben, als was aus Fett und Alkali zuſammengeſetzt ſei; die Luft ſei eine Ausſchwitzung dieſer Elemente. Hiergegen erklärte man, nicht bloß Fett und Alkali, ſondern auch Glycerin und Waſſer ſeien Elemente; dieſelben könnten unmöglich von ſelbſt in Kugelgeſtalt gekommen ſein; namentlich aber ſtehe in der älteſten Urkunde der Denkenden: „Die Welt iſt geblaſen durch den Mund eines Rieſen, welcher heißt Rudipudi.“
Drittens lehrte Glagli: Die Welt ſei nicht die ein- zige Welt, ſondern es gäbe noch unendlich viele Welten, welche alle Hohlkugeln aus Fett und Alkali ſeien und frei in der Luft ſchwebten. Auf ihnen wohnten eben- falls denkende Weſen. Dieſe Theſe wurde nicht bloß als irrtümlich, ſondern als ſtaatsgefährlich bezeichnet, indem man ſagte: Gäbe es noch andere Welten, welche wir nicht kennen, ſo würde ſie der „Herr der Denkenden“ nicht beherrſchen. Es ſteht aber im Staatsgrundgeſetze: „Wenn da Einer ſagt, es gäbe etwas, das dem Herrn der Denkenden nicht gehorcht, den ſoll man in Glycerin ſieden, bis er weich wird.“
Jn der Verſammlung erhob ſich Glagli zur Ver- teidigung; er machte beſonders geltend, daß die Lehre,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0024"n="18"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Auf der Seifenblaſe.</hi></fw><lb/>
teles): „Die Welt muß voll ſein und wird nicht platzen<lb/>
in Ewigkeit“.</p><lb/><p>Zweitens hatte Glagli behauptet: Die Welt beſteht<lb/>
nur aus zwei Grundelementen, Fett und Alkali, welche<lb/>
die einzigen Stoffe überhaupt ſind und ſeit Ewigkeit<lb/>
exiſtieren; aus ihnen habe ſich die Welt auf mechaniſchem<lb/>
Wege entwickelt, auch könne es niemals etwas Anderes<lb/>
geben, als was aus Fett und Alkali zuſammengeſetzt<lb/>ſei; die Luft ſei eine Ausſchwitzung dieſer Elemente.<lb/>
Hiergegen erklärte man, nicht bloß Fett und Alkali, ſondern<lb/>
auch Glycerin und Waſſer ſeien Elemente; dieſelben<lb/>
könnten unmöglich von ſelbſt in Kugelgeſtalt gekommen<lb/>ſein; namentlich aber ſtehe in der älteſten Urkunde der<lb/>
Denkenden: „Die Welt iſt geblaſen durch den Mund<lb/>
eines Rieſen, welcher heißt Rudipudi.“</p><lb/><p>Drittens lehrte Glagli: Die Welt ſei nicht die ein-<lb/>
zige Welt, ſondern es gäbe noch unendlich viele Welten,<lb/>
welche alle Hohlkugeln aus Fett und Alkali ſeien und<lb/>
frei in der Luft ſchwebten. Auf ihnen wohnten eben-<lb/>
falls denkende Weſen. Dieſe Theſe wurde nicht bloß<lb/>
als irrtümlich, ſondern als ſtaatsgefährlich bezeichnet,<lb/>
indem man ſagte: Gäbe es noch andere Welten, welche<lb/>
wir nicht kennen, ſo würde ſie der „Herr der Denkenden“<lb/>
nicht beherrſchen. Es ſteht aber im Staatsgrundgeſetze:<lb/>„Wenn da Einer ſagt, es gäbe etwas, das dem Herrn<lb/>
der Denkenden nicht gehorcht, den ſoll man in Glycerin<lb/>ſieden, bis er weich wird.“</p><lb/><p>Jn der Verſammlung erhob ſich Glagli zur Ver-<lb/>
teidigung; er machte beſonders geltend, daß die Lehre,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[18/0024]
Auf der Seifenblaſe.
teles): „Die Welt muß voll ſein und wird nicht platzen
in Ewigkeit“.
Zweitens hatte Glagli behauptet: Die Welt beſteht
nur aus zwei Grundelementen, Fett und Alkali, welche
die einzigen Stoffe überhaupt ſind und ſeit Ewigkeit
exiſtieren; aus ihnen habe ſich die Welt auf mechaniſchem
Wege entwickelt, auch könne es niemals etwas Anderes
geben, als was aus Fett und Alkali zuſammengeſetzt
ſei; die Luft ſei eine Ausſchwitzung dieſer Elemente.
Hiergegen erklärte man, nicht bloß Fett und Alkali, ſondern
auch Glycerin und Waſſer ſeien Elemente; dieſelben
könnten unmöglich von ſelbſt in Kugelgeſtalt gekommen
ſein; namentlich aber ſtehe in der älteſten Urkunde der
Denkenden: „Die Welt iſt geblaſen durch den Mund
eines Rieſen, welcher heißt Rudipudi.“
Drittens lehrte Glagli: Die Welt ſei nicht die ein-
zige Welt, ſondern es gäbe noch unendlich viele Welten,
welche alle Hohlkugeln aus Fett und Alkali ſeien und
frei in der Luft ſchwebten. Auf ihnen wohnten eben-
falls denkende Weſen. Dieſe Theſe wurde nicht bloß
als irrtümlich, ſondern als ſtaatsgefährlich bezeichnet,
indem man ſagte: Gäbe es noch andere Welten, welche
wir nicht kennen, ſo würde ſie der „Herr der Denkenden“
nicht beherrſchen. Es ſteht aber im Staatsgrundgeſetze:
„Wenn da Einer ſagt, es gäbe etwas, das dem Herrn
der Denkenden nicht gehorcht, den ſoll man in Glycerin
ſieden, bis er weich wird.“
Jn der Verſammlung erhob ſich Glagli zur Ver-
teidigung; er machte beſonders geltend, daß die Lehre,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/24>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.