Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.Tröpfchen. Natur und PflichtVereinst du, o Menschheit, Jm allumfassenden Schöpfergefühle Wonnig zerfließend, Und schmiedest die Welt Zur reinen Gestaltung unendlicher Schönheit Jm Blicke der Liebe! Dort seh' ich dich walten Durch Nacht zum Lichte, Ewige Menschheit! Nimm deinen Sohn in die Mutterarme Und laß mich wirken An deinem liebenden Herzen, Heilige, schaffende Menschheit! Der Wandrer stieg zu Thale, seine Schritte ver- Tröpfchen aber, berauscht vom hohen Liede der Als Tröpfchen ins Thal kam und der Lauf des Tröpfchen. Natur und PflichtVereinſt du, o Menſchheit, Jm allumfaſſenden Schöpfergefühle Wonnig zerfließend, Und ſchmiedeſt die Welt Zur reinen Geſtaltung unendlicher Schönheit Jm Blicke der Liebe! Dort ſeh’ ich dich walten Durch Nacht zum Lichte, Ewige Menſchheit! Nimm deinen Sohn in die Mutterarme Und laß mich wirken An deinem liebenden Herzen, Heilige, ſchaffende Menſchheit! Der Wandrer ſtieg zu Thale, ſeine Schritte ver- Tröpfchen aber, berauſcht vom hohen Liede der Als Tröpfchen ins Thal kam und der Lauf des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="9"> <pb facs="#f0227" n="221"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Tröpfchen.</hi> </fw><lb/> <l>Natur und Pflicht</l><lb/> <l>Vereinſt du, o Menſchheit,</l><lb/> <l>Jm allumfaſſenden Schöpfergefühle</l><lb/> <l>Wonnig zerfließend,</l><lb/> <l>Und ſchmiedeſt die Welt</l><lb/> <l>Zur reinen Geſtaltung unendlicher Schönheit</l><lb/> <l>Jm Blicke der Liebe!</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Dort ſeh’ ich dich walten</l><lb/> <l>Durch Nacht zum Lichte,</l><lb/> <l>Ewige Menſchheit!</l><lb/> <l>Nimm deinen Sohn in die Mutterarme</l><lb/> <l>Und laß mich wirken</l><lb/> <l>An deinem liebenden Herzen,</l><lb/> <l>Heilige, ſchaffende Menſchheit!</l> </lg> </lg><lb/> <p>Der Wandrer ſtieg zu Thale, ſeine Schritte ver-<lb/> hallten.</p><lb/> <p>Tröpfchen aber, berauſcht vom hohen Liede der<lb/> Menſchheit, das in ſeinem kleinem Herzen nachbebte,<lb/> zögerte nicht länger. Die geprieſenen Menſchen wollte<lb/> es drunten ſelbſt aufſuchen. Es ließ ſich abwärts<lb/> rollen, und die Strudel des Baches führten es fort.<lb/> Was die Fichte rauſchte und der Felsblock brummte,<lb/> drang nicht mehr bis zu ihm.</p><lb/> <p>Als Tröpfchen ins Thal kam und der Lauf des<lb/> Waſſers langſamer wurde, da begann es bald ſich zu<lb/> langweilen. Es hatte gedacht, nun würden die Über-<lb/> raſchungen und Neuigkeiten ſich drängen; ſtatt deſſen<lb/> glitt es ſtetig im Flüßchen dahin, wurde Tage hindurch<lb/> an einer Schleuße geſtaut und erblickte nichts als niedrige,<lb/> grüne Uferränder. Es hatte Mühe, ſich ſein bischen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [221/0227]
Tröpfchen.
Natur und Pflicht
Vereinſt du, o Menſchheit,
Jm allumfaſſenden Schöpfergefühle
Wonnig zerfließend,
Und ſchmiedeſt die Welt
Zur reinen Geſtaltung unendlicher Schönheit
Jm Blicke der Liebe!
Dort ſeh’ ich dich walten
Durch Nacht zum Lichte,
Ewige Menſchheit!
Nimm deinen Sohn in die Mutterarme
Und laß mich wirken
An deinem liebenden Herzen,
Heilige, ſchaffende Menſchheit!
Der Wandrer ſtieg zu Thale, ſeine Schritte ver-
hallten.
Tröpfchen aber, berauſcht vom hohen Liede der
Menſchheit, das in ſeinem kleinem Herzen nachbebte,
zögerte nicht länger. Die geprieſenen Menſchen wollte
es drunten ſelbſt aufſuchen. Es ließ ſich abwärts
rollen, und die Strudel des Baches führten es fort.
Was die Fichte rauſchte und der Felsblock brummte,
drang nicht mehr bis zu ihm.
Als Tröpfchen ins Thal kam und der Lauf des
Waſſers langſamer wurde, da begann es bald ſich zu
langweilen. Es hatte gedacht, nun würden die Über-
raſchungen und Neuigkeiten ſich drängen; ſtatt deſſen
glitt es ſtetig im Flüßchen dahin, wurde Tage hindurch
an einer Schleuße geſtaut und erblickte nichts als niedrige,
grüne Uferränder. Es hatte Mühe, ſich ſein bischen
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