Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.Psychotomie. Der Stadtrat Billig begegnete ihm, den er oft durchTadel städtischer Verwaltungsmaßregeln geärgert hatte. Schulze sprach ihn an, begleitete ihn. "Ein Hundewetter," sagte der Stadtrat. "Diesen "Freilich," unterbrach ihn Schulze, "das bringt Geld "Jch will nicht hoffen, Herr Doktor, daß Sie Jhren "Herr Stadtrat, ich versichere Sie, daß ich mich "Sie müssen es werden, Herr Doktor, Jhre Hand Pſychotomie. Der Stadtrat Billig begegnete ihm, den er oft durchTadel ſtädtiſcher Verwaltungsmaßregeln geärgert hatte. Schulze ſprach ihn an, begleitete ihn. „Ein Hundewetter,“ ſagte der Stadtrat. „Dieſen „Freilich,“ unterbrach ihn Schulze, „das bringt Geld „Jch will nicht hoffen, Herr Doktor, daß Sie Jhren „Herr Stadtrat, ich verſichere Sie, daß ich mich „Sie müſſen es werden, Herr Doktor, Jhre Hand <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0174" n="168"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Pſychotomie.</hi></fw><lb/> Der Stadtrat Billig begegnete ihm, den er oft durch<lb/> Tadel ſtädtiſcher Verwaltungsmaßregeln geärgert hatte.<lb/> Schulze ſprach ihn an, begleitete ihn.</p><lb/> <p>„Ein Hundewetter,“ ſagte der Stadtrat. „Dieſen<lb/> Schnee wieder hinauszuſchaffen, koſtet der Stadt —“</p><lb/> <p>„Freilich,“ unterbrach ihn Schulze, „das bringt Geld<lb/> unter die Leute, aber es iſt auch ebenſo ſchön, wenn er<lb/> liegen bleibt. Die Unebenheiten des Pflaſters erhöhen<lb/> durchaus den Reiz der Gegend, und die Ausfüllung<lb/> derſelben mit Schnee iſt ein belehrendes Bild für die<lb/> ausgleichende Thätigkeit der Natur. Jeder Patriot kann<lb/> es nur billigen, wenn der Naturzuſtand unſerer Stadt<lb/> erhalten bleibt.“</p><lb/> <p>„Jch will nicht hoffen, Herr Doktor, daß Sie Jhren<lb/> Spott —“</p><lb/> <p>„Herr Stadtrat, ich verſichere Sie, daß ich mich<lb/> durchaus in unſeren Verhältniſſen wohl fühle. Jch<lb/> wünſchte, jeder Bürger ſähe die Notwendigkeit ein, daß<lb/> die Beſchwerden des Weges als Erziehungsmittel der<lb/> Menſchheit zu pflegen ſind. Dieſe Dunkelheit der Straßen<lb/> ſchärft die Sinne der Fußgänger und Kutſcher, ſie<lb/> kommt nicht bloß der Stadtkaſſe zugute, ſondern<lb/> unter Umſtänden auch den Ärzten und Chirurgen.<lb/> Wie viel Eitelkeit, wie viel Putzſucht, wie viel<lb/> unnötiger Toilettenaufwand werden dadurch unterdrückt,<lb/> daß unſere Damen von 4 Uhr an nicht mehr geſehen<lb/> werden können. Wenn ich Stadtverordneter wäre —“</p><lb/> <p>„Sie müſſen es werden, Herr Doktor, Jhre Hand<lb/> darauf!“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [168/0174]
Pſychotomie.
Der Stadtrat Billig begegnete ihm, den er oft durch
Tadel ſtädtiſcher Verwaltungsmaßregeln geärgert hatte.
Schulze ſprach ihn an, begleitete ihn.
„Ein Hundewetter,“ ſagte der Stadtrat. „Dieſen
Schnee wieder hinauszuſchaffen, koſtet der Stadt —“
„Freilich,“ unterbrach ihn Schulze, „das bringt Geld
unter die Leute, aber es iſt auch ebenſo ſchön, wenn er
liegen bleibt. Die Unebenheiten des Pflaſters erhöhen
durchaus den Reiz der Gegend, und die Ausfüllung
derſelben mit Schnee iſt ein belehrendes Bild für die
ausgleichende Thätigkeit der Natur. Jeder Patriot kann
es nur billigen, wenn der Naturzuſtand unſerer Stadt
erhalten bleibt.“
„Jch will nicht hoffen, Herr Doktor, daß Sie Jhren
Spott —“
„Herr Stadtrat, ich verſichere Sie, daß ich mich
durchaus in unſeren Verhältniſſen wohl fühle. Jch
wünſchte, jeder Bürger ſähe die Notwendigkeit ein, daß
die Beſchwerden des Weges als Erziehungsmittel der
Menſchheit zu pflegen ſind. Dieſe Dunkelheit der Straßen
ſchärft die Sinne der Fußgänger und Kutſcher, ſie
kommt nicht bloß der Stadtkaſſe zugute, ſondern
unter Umſtänden auch den Ärzten und Chirurgen.
Wie viel Eitelkeit, wie viel Putzſucht, wie viel
unnötiger Toilettenaufwand werden dadurch unterdrückt,
daß unſere Damen von 4 Uhr an nicht mehr geſehen
werden können. Wenn ich Stadtverordneter wäre —“
„Sie müſſen es werden, Herr Doktor, Jhre Hand
darauf!“
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