Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.Der Traumfabrikant. schlaffördernder Produkte durch Zuschüsse zu heben, denKaffee gänzlich zu verbieten, Schlafprämien einzuführen. Die Gegenpartei, welche sich selbst die "Gutmeinenden" nannte, erstrebte dagegen die Schlafvermehrung auf dem Wege geistigen Einflusses. Sie verbreitete zu diesem Zwecke die Parlamentsreden beider Parteien und der Regierungskommissarien, unterstützte junge lyrische Dichter in der Drucklegung und namentlich der Vorlesung ihrer Poesien, -- wobei die Auditorien mit bequemen Schlaf- sofas ausgestattet waren --, gab die großen Philosophen des neunzehnten Jahrhunderts in billigen Volksausgaben heraus und ließ damals berühmte Opern pianissimo aufführen. Der Abgeordnete Siebler, ein enthusiasmierter "Wohl- Der Traumfabrikant. ſchlaffördernder Produkte durch Zuſchüſſe zu heben, denKaffee gänzlich zu verbieten, Schlafprämien einzuführen. Die Gegenpartei, welche ſich ſelbſt die „Gutmeinenden“ nannte, erſtrebte dagegen die Schlafvermehrung auf dem Wege geiſtigen Einfluſſes. Sie verbreitete zu dieſem Zwecke die Parlamentsreden beider Parteien und der Regierungskommiſſarien, unterſtützte junge lyriſche Dichter in der Drucklegung und namentlich der Vorleſung ihrer Poeſien, — wobei die Auditorien mit bequemen Schlaf- ſofas ausgeſtattet waren —, gab die großen Philoſophen des neunzehnten Jahrhunderts in billigen Volksausgaben heraus und ließ damals berühmte Opern pianissimo aufführen. Der Abgeordnete Siebler, ein enthuſiasmierter „Wohl- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0148" n="142"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Traumfabrikant.</hi></fw><lb/> ſchlaffördernder Produkte durch Zuſchüſſe zu heben, den<lb/> Kaffee gänzlich zu verbieten, Schlafprämien einzuführen.<lb/> Die Gegenpartei, welche ſich ſelbſt die <hi rendition="#g">„Gutmeinenden“</hi><lb/> nannte, erſtrebte dagegen die Schlafvermehrung auf dem<lb/> Wege geiſtigen Einfluſſes. Sie verbreitete zu dieſem<lb/> Zwecke die Parlamentsreden beider Parteien und der<lb/> Regierungskommiſſarien, unterſtützte junge lyriſche Dichter<lb/> in der Drucklegung und namentlich der Vorleſung ihrer<lb/> Poeſien, — wobei die Auditorien mit bequemen Schlaf-<lb/> ſofas ausgeſtattet waren —, gab die großen Philoſophen<lb/> des neunzehnten Jahrhunderts in billigen Volksausgaben<lb/> heraus und ließ damals berühmte Opern <hi rendition="#aq">pianissimo</hi><lb/> aufführen.</p><lb/> <p>Der Abgeordnete Siebler, ein enthuſiasmierter „Wohl-<lb/> meinender“, hatte eben im Volksverein „Langeweile“<lb/> eine glänzende Rede für das Schlaf- und Traummonopol<lb/> des Staates gehalten, in welcher er ausführte, daß die<lb/> Schlaf- und Traumverteilung für den einzelnen künftig-<lb/> hin ſtaatlich zu regeln und zu überwachen ſei. Eine<lb/> Rede galt für um ſo gelungener, je raſcher die Zuhörer<lb/> einſchliefen; der glückliche Redner hatte dann zugleich<lb/> den Vorteil, daß ihm niemand entgegnete. Siebler<lb/> ſprach ſo erfolgreich, daß er ſelbſt das Ende ſeiner eigenen<lb/> Rede verſchlief; etwas Ähnliches war früher nur einigen<lb/> Schriftſtellern beim Niederſchreiben ihrer eigenen Feuille-<lb/> tons gelungen. Freilich war die äußere Einrichtung der<lb/> Volksverſammlungen ihrem Zwecke entſprechend. Da<lb/> gab es kein gemeinſames Lokal der Zuſammenkunft,<lb/> ſondern jedes Mitglied war mit dem Rednerſofa tele-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [142/0148]
Der Traumfabrikant.
ſchlaffördernder Produkte durch Zuſchüſſe zu heben, den
Kaffee gänzlich zu verbieten, Schlafprämien einzuführen.
Die Gegenpartei, welche ſich ſelbſt die „Gutmeinenden“
nannte, erſtrebte dagegen die Schlafvermehrung auf dem
Wege geiſtigen Einfluſſes. Sie verbreitete zu dieſem
Zwecke die Parlamentsreden beider Parteien und der
Regierungskommiſſarien, unterſtützte junge lyriſche Dichter
in der Drucklegung und namentlich der Vorleſung ihrer
Poeſien, — wobei die Auditorien mit bequemen Schlaf-
ſofas ausgeſtattet waren —, gab die großen Philoſophen
des neunzehnten Jahrhunderts in billigen Volksausgaben
heraus und ließ damals berühmte Opern pianissimo
aufführen.
Der Abgeordnete Siebler, ein enthuſiasmierter „Wohl-
meinender“, hatte eben im Volksverein „Langeweile“
eine glänzende Rede für das Schlaf- und Traummonopol
des Staates gehalten, in welcher er ausführte, daß die
Schlaf- und Traumverteilung für den einzelnen künftig-
hin ſtaatlich zu regeln und zu überwachen ſei. Eine
Rede galt für um ſo gelungener, je raſcher die Zuhörer
einſchliefen; der glückliche Redner hatte dann zugleich
den Vorteil, daß ihm niemand entgegnete. Siebler
ſprach ſo erfolgreich, daß er ſelbſt das Ende ſeiner eigenen
Rede verſchlief; etwas Ähnliches war früher nur einigen
Schriftſtellern beim Niederſchreiben ihrer eigenen Feuille-
tons gelungen. Freilich war die äußere Einrichtung der
Volksverſammlungen ihrem Zwecke entſprechend. Da
gab es kein gemeinſames Lokal der Zuſammenkunft,
ſondern jedes Mitglied war mit dem Rednerſofa tele-
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