Die neun Musen saßen einmal bei einem gemüt- lichen Kaffee in Klio's Salon und amüsierten sich so gut, daß es ihnen leid that, keine Hausschlüssel mitzuhaben. Sie beschlossen aber, recht bald wieder zusammenzukommen und dann gleich zum Thee zu bleiben.
Ja, eine Abendgesellschaft sollte es sein, aber eine recht splendide, und man könnte vielleicht auch noch den oder jenen dazu laden, nur nicht die Grazien, weil sie zu geziert sind, und auch nicht die Parzen, sie sind so griesgrämig, und beileibe nicht die Horen, denn mit so flüchtigen Personen darf eine ruhige und gesittete Muse garnicht umgehen. Von den höheren Göttinnen kann natürlich nicht die Rede sein; diese olympischen Damen machen Ansprüche, welche in unsere Zeit nicht mehr passen, und bilden sich ein, etwas Besonderes vorzu- stellen. Und die Nymphen und Nereiden u. s. w, das hat denn doch einen zu niedrigen Bildungsstandpunkt, als daß unsereiner sich mit ihnen unterhalten könnte.
"Aber so laden wir doch Herren ein," sagte Ter- psichore, "dann wird der Abend sicher noch einmal so nett."
Muſen und Weiſe. Ein Märchen.
Die neun Muſen ſaßen einmal bei einem gemüt- lichen Kaffee in Klio’s Salon und amüſierten ſich ſo gut, daß es ihnen leid that, keine Hausſchlüſſel mitzuhaben. Sie beſchloſſen aber, recht bald wieder zuſammenzukommen und dann gleich zum Thee zu bleiben.
Ja, eine Abendgeſellſchaft ſollte es ſein, aber eine recht ſplendide, und man könnte vielleicht auch noch den oder jenen dazu laden, nur nicht die Grazien, weil ſie zu geziert ſind, und auch nicht die Parzen, ſie ſind ſo griesgrämig, und beileibe nicht die Horen, denn mit ſo flüchtigen Perſonen darf eine ruhige und geſittete Muſe garnicht umgehen. Von den höheren Göttinnen kann natürlich nicht die Rede ſein; dieſe olympiſchen Damen machen Anſprüche, welche in unſere Zeit nicht mehr paſſen, und bilden ſich ein, etwas Beſonderes vorzu- ſtellen. Und die Nymphen und Nereiden u. ſ. w, das hat denn doch einen zu niedrigen Bildungsſtandpunkt, als daß unſereiner ſich mit ihnen unterhalten könnte.
„Aber ſo laden wir doch Herren ein,“ ſagte Ter- pſichore, „dann wird der Abend ſicher noch einmal ſo nett.“
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[[119]/0125]
Muſen und Weiſe.
Ein Märchen.
Die neun Muſen ſaßen einmal bei einem gemüt-
lichen Kaffee in Klio’s Salon und amüſierten
ſich ſo gut, daß es ihnen leid that, keine Hausſchlüſſel
mitzuhaben. Sie beſchloſſen aber, recht bald wieder
zuſammenzukommen und dann gleich zum Thee zu bleiben.
Ja, eine Abendgeſellſchaft ſollte es ſein, aber eine
recht ſplendide, und man könnte vielleicht auch noch den
oder jenen dazu laden, nur nicht die Grazien, weil ſie
zu geziert ſind, und auch nicht die Parzen, ſie ſind ſo
griesgrämig, und beileibe nicht die Horen, denn mit ſo
flüchtigen Perſonen darf eine ruhige und geſittete Muſe
garnicht umgehen. Von den höheren Göttinnen kann
natürlich nicht die Rede ſein; dieſe olympiſchen Damen
machen Anſprüche, welche in unſere Zeit nicht mehr
paſſen, und bilden ſich ein, etwas Beſonderes vorzu-
ſtellen. Und die Nymphen und Nereiden u. ſ. w, das
hat denn doch einen zu niedrigen Bildungsſtandpunkt,
als daß unſereiner ſich mit ihnen unterhalten könnte.
„Aber ſo laden wir doch Herren ein,“ ſagte Ter-
pſichore, „dann wird der Abend ſicher noch einmal ſo nett.“
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Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. [119]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/125>, abgerufen am 22.07.2024.
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