Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.Aus dem Tagebuche einer Ameise. Sind die Tage nicht verronnen, Sind die Rosen nicht verblüht, Seit aus deiner Augen Sonnen Mir der letzte Strahl geglüht? Seit dein Wort zum letzten Male Vom geliebten Mund getönt, Nicht mehr an die erz'ne Schale Hat der Stunden Schlag gedröhnt. Jn ein ew'ges Jetzt erstarret Jst der flüchtige Moment, Und der dumpfe Schmerz verharret, Und die Sehnsucht wühlt und brennt. Mich vom Erdentod zu retten Hast du mich der Zeit entrückt, Und der Sinne Sklavenketten Liegen machtlos und zerstückt. Ob der Weltenlauf verronnen, Ob der Sternenglanz versprüht, Raumlos über allen Sonnen, Zeitlos meine Liebe glüht. Und hierunter stand von derselben Hand: "Wie diese Blätter, so werde auch ich den Weg Beutesonne 19. Der Schlüssel klirrte, wir flohen Aus dem Tagebuche einer Ameiſe. Sind die Tage nicht verronnen, Sind die Roſen nicht verblüht, Seit aus deiner Augen Sonnen Mir der letzte Strahl geglüht? Seit dein Wort zum letzten Male Vom geliebten Mund getönt, Nicht mehr an die erz’ne Schale Hat der Stunden Schlag gedröhnt. Jn ein ew’ges Jetzt erſtarret Jſt der flüchtige Moment, Und der dumpfe Schmerz verharret, Und die Sehnſucht wühlt und brennt. Mich vom Erdentod zu retten Haſt du mich der Zeit entrückt, Und der Sinne Sklavenketten Liegen machtlos und zerſtückt. Ob der Weltenlauf verronnen, Ob der Sternenglanz verſprüht, Raumlos über allen Sonnen, Zeitlos meine Liebe glüht. Und hierunter ſtand von derſelben Hand: „Wie dieſe Blätter, ſo werde auch ich den Weg Beuteſonne 19. Der Schlüſſel klirrte, wir flohen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0117" n="111"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Aus dem Tagebuche einer Ameiſe.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Sind die Tage nicht verronnen,</l><lb/> <l>Sind die Roſen nicht verblüht,</l><lb/> <l>Seit aus deiner Augen Sonnen</l><lb/> <l>Mir der letzte Strahl geglüht?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Seit dein Wort zum letzten Male</l><lb/> <l>Vom geliebten Mund getönt,</l><lb/> <l>Nicht mehr an die erz’ne Schale</l><lb/> <l>Hat der Stunden Schlag gedröhnt.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Jn ein ew’ges Jetzt erſtarret</l><lb/> <l>Jſt der flüchtige Moment,</l><lb/> <l>Und der dumpfe Schmerz verharret,</l><lb/> <l>Und die Sehnſucht wühlt und brennt.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Mich vom Erdentod zu retten</l><lb/> <l>Haſt du mich der Zeit entrückt,</l><lb/> <l>Und der Sinne Sklavenketten</l><lb/> <l>Liegen machtlos und zerſtückt.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Ob der Weltenlauf verronnen,</l><lb/> <l>Ob der Sternenglanz verſprüht,</l><lb/> <l>Raumlos über allen Sonnen,</l><lb/> <l>Zeitlos meine Liebe glüht.</l> </lg> </lg><lb/> <p>Und hierunter ſtand von derſelben Hand:</p><lb/> <p>„Wie dieſe Blätter, ſo werde auch ich den Weg<lb/> zu Dir finden, trotz alledem! Dein für immer.“</p><lb/> <p>Beuteſonne 19. Der Schlüſſel klirrte, wir flohen<lb/> in das Armband. Aber, o Schrecken! Die Schachtel<lb/> wird geöffnet — wir verbergen uns in der äußerſten<lb/> Windung — das Armband wird emporgehoben, Lydia<lb/> hat es angelegt! Wir halten uns feſt zuſammen.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [111/0117]
Aus dem Tagebuche einer Ameiſe.
Sind die Tage nicht verronnen,
Sind die Roſen nicht verblüht,
Seit aus deiner Augen Sonnen
Mir der letzte Strahl geglüht?
Seit dein Wort zum letzten Male
Vom geliebten Mund getönt,
Nicht mehr an die erz’ne Schale
Hat der Stunden Schlag gedröhnt.
Jn ein ew’ges Jetzt erſtarret
Jſt der flüchtige Moment,
Und der dumpfe Schmerz verharret,
Und die Sehnſucht wühlt und brennt.
Mich vom Erdentod zu retten
Haſt du mich der Zeit entrückt,
Und der Sinne Sklavenketten
Liegen machtlos und zerſtückt.
Ob der Weltenlauf verronnen,
Ob der Sternenglanz verſprüht,
Raumlos über allen Sonnen,
Zeitlos meine Liebe glüht.
Und hierunter ſtand von derſelben Hand:
„Wie dieſe Blätter, ſo werde auch ich den Weg
zu Dir finden, trotz alledem! Dein für immer.“
Beuteſonne 19. Der Schlüſſel klirrte, wir flohen
in das Armband. Aber, o Schrecken! Die Schachtel
wird geöffnet — wir verbergen uns in der äußerſten
Windung — das Armband wird emporgehoben, Lydia
hat es angelegt! Wir halten uns feſt zuſammen.
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Zitationshilfe: | Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/117>, abgerufen am 22.07.2024. |