Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.Prolog. Ein Strohhalm und ein wenig Luft genügt -- Und Stroh und Luft gehören zu den Dingen, Worüber stets des Dichters Kopf verfügt -- Das trübe Naß zur lichten Form zu zwingen. Ein leichter Ball, der tausend Farben lügt, Hebt aus der Körper schwerem Stoff die Schwingen Und bannt die Welt in seinen bunten Spiegel -- Ein Spiel und doch ein Rätsel voller Siegel. Jm Spiele darf das Wunder sich begeben, Denn nur die Wirklichkeit ist rauh und scharf. So spielen wir! Und was im ernsten Leben Mit Recht der kritische Verstand verwarf, Die freie Laune wagt's emporzuheben, Weil sie der eignen Thaten spotten darf. Ein Kind der Stunde, lächelnd aufgestiegen, Läßt sie die Seifenbälle sorglos fliegen. Schwebt hin und schillert! -- Ob das Spiel euch tauge? Ein rauher Griff, die Farbenhülle bricht Und in der Hand bleibt nur ein Tröpfchen Lange -- Vielleicht geriet die ganze Mischung nicht. Doch grüßt euch liebevoll ein Freundesauge, Vor dem ihr schimmern dürft im Sonnenlicht, Und bleibt es nur ein Weilchen euch gewogen, So seid ihr nicht umsonst hinausgeflogen. Prolog. Ein Strohhalm und ein wenig Luft genügt — Und Stroh und Luft gehören zu den Dingen, Worüber ſtets des Dichters Kopf verfügt — Das trübe Naß zur lichten Form zu zwingen. Ein leichter Ball, der tauſend Farben lügt, Hebt aus der Körper ſchwerem Stoff die Schwingen Und bannt die Welt in ſeinen bunten Spiegel — Ein Spiel und doch ein Rätſel voller Siegel. Jm Spiele darf das Wunder ſich begeben, Denn nur die Wirklichkeit iſt rauh und ſcharf. So ſpielen wir! Und was im ernſten Leben Mit Recht der kritiſche Verſtand verwarf, Die freie Laune wagt’s emporzuheben, Weil ſie der eignen Thaten ſpotten darf. Ein Kind der Stunde, lächelnd aufgeſtiegen, Läßt ſie die Seifenbälle ſorglos fliegen. Schwebt hin und ſchillert! — Ob das Spiel euch tauge? Ein rauher Griff, die Farbenhülle bricht Und in der Hand bleibt nur ein Tröpfchen Lange — Vielleicht geriet die ganze Miſchung nicht. Doch grüßt euch liebevoll ein Freundesauge, Vor dem ihr ſchimmern dürft im Sonnenlicht, Und bleibt es nur ein Weilchen euch gewogen, So ſeid ihr nicht umſonſt hinausgeflogen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0010" n="4"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Prolog.</hi> </fw><lb/> <lg n="12"> <l>Ein Strohhalm und ein wenig Luft genügt —</l><lb/> <l>Und Stroh und Luft gehören zu den Dingen,</l><lb/> <l>Worüber ſtets des Dichters Kopf verfügt —</l><lb/> <l>Das trübe Naß zur lichten Form zu zwingen.</l><lb/> <l>Ein leichter Ball, der tauſend Farben lügt,</l><lb/> <l>Hebt aus der Körper ſchwerem Stoff die Schwingen</l><lb/> <l>Und bannt die Welt in ſeinen bunten Spiegel —</l><lb/> <l>Ein Spiel und doch ein Rätſel voller Siegel.</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>Jm Spiele darf das Wunder ſich begeben,</l><lb/> <l>Denn nur die Wirklichkeit iſt rauh und ſcharf.</l><lb/> <l>So ſpielen wir! Und was im ernſten Leben</l><lb/> <l>Mit Recht der kritiſche Verſtand verwarf,</l><lb/> <l>Die freie Laune wagt’s emporzuheben,</l><lb/> <l>Weil ſie der eignen Thaten ſpotten darf.</l><lb/> <l>Ein Kind der Stunde, lächelnd aufgeſtiegen,</l><lb/> <l>Läßt ſie die Seifenbälle ſorglos fliegen.</l> </lg><lb/> <lg n="14"> <l>Schwebt hin und ſchillert! — Ob das Spiel euch tauge?</l><lb/> <l>Ein rauher Griff, die Farbenhülle bricht</l><lb/> <l>Und in der Hand bleibt nur ein Tröpfchen Lange —</l><lb/> <l>Vielleicht geriet die ganze Miſchung nicht.</l><lb/> <l>Doch grüßt euch liebevoll ein Freundesauge,</l><lb/> <l>Vor dem ihr ſchimmern dürft im Sonnenlicht,</l><lb/> <l>Und bleibt es nur ein Weilchen euch gewogen,</l><lb/> <l>So ſeid ihr nicht umſonſt hinausgeflogen.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [4/0010]
Prolog.
Ein Strohhalm und ein wenig Luft genügt —
Und Stroh und Luft gehören zu den Dingen,
Worüber ſtets des Dichters Kopf verfügt —
Das trübe Naß zur lichten Form zu zwingen.
Ein leichter Ball, der tauſend Farben lügt,
Hebt aus der Körper ſchwerem Stoff die Schwingen
Und bannt die Welt in ſeinen bunten Spiegel —
Ein Spiel und doch ein Rätſel voller Siegel.
Jm Spiele darf das Wunder ſich begeben,
Denn nur die Wirklichkeit iſt rauh und ſcharf.
So ſpielen wir! Und was im ernſten Leben
Mit Recht der kritiſche Verſtand verwarf,
Die freie Laune wagt’s emporzuheben,
Weil ſie der eignen Thaten ſpotten darf.
Ein Kind der Stunde, lächelnd aufgeſtiegen,
Läßt ſie die Seifenbälle ſorglos fliegen.
Schwebt hin und ſchillert! — Ob das Spiel euch tauge?
Ein rauher Griff, die Farbenhülle bricht
Und in der Hand bleibt nur ein Tröpfchen Lange —
Vielleicht geriet die ganze Miſchung nicht.
Doch grüßt euch liebevoll ein Freundesauge,
Vor dem ihr ſchimmern dürft im Sonnenlicht,
Und bleibt es nur ein Weilchen euch gewogen,
So ſeid ihr nicht umſonſt hinausgeflogen.
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