"Das ist abscheulich. Aber ich denke, Vernunft und Gesetz verbieten den Zweikampf. Wie ist er denn noch möglich?"
"Durch Unvernunft. Es giebt nämlich Menschen, die sich einbilden, Vernunft und Gesetz seien zwar ganz gut für das Volk, aber dieses würde den Respekt vor Vernunft und Gesetz verlieren, wenn es nicht durch eine auserwählte Gruppe von Menschen in Schranken gehalten würde. Diese Auserwählten könnten sich je- doch nur dadurch als solche erweisen, daß sie sich einen gewissen Zwang, eine Pönitenz auferlegten, indem sie selbst zum Teil auf das höchste Gut der Menschheit, Vernunft und Freiheit, verzichten und sich zum Sklaven überlebter Formen machen. Sie meinen wohl durch den Widerspruch, den ihre Sitten erwecken, in der Allgemeinheit die Herrschaft der Vernunft umsomehr zu stärken."
"Welch edle Seelen, so zum Besten der Kultur sich selbst zu opfern! Ein wahrhaft menschlicher Ge- danke, die Kultur durch Unkultur des eignen Lebens zu fördern! Es wäre ein bloßer Jrrtum, wenn er nicht leider dadurch unmoralisch würde, daß der egoisti- sche Zweck unverkennbar ist."
"Gewiß, sich selbst als Kaste zu unterscheiden. Es will jeder etwas Besonderes sein."
"Das soll er ja auch", sagte La, "etwas Beson- deres, aber nur durch seine Freiheit, durch die innere Freiheit, mit der wir die Mittel bestimmen, in unserm Leben das Vernunftgesetz zu verwirklichen. Aber diese Leute lassen, nach Jhrer Schilderung, die innere
Einunddreißigſtes Kapitel.
„Das iſt abſcheulich. Aber ich denke, Vernunft und Geſetz verbieten den Zweikampf. Wie iſt er denn noch möglich?‟
„Durch Unvernunft. Es giebt nämlich Menſchen, die ſich einbilden, Vernunft und Geſetz ſeien zwar ganz gut für das Volk, aber dieſes würde den Reſpekt vor Vernunft und Geſetz verlieren, wenn es nicht durch eine auserwählte Gruppe von Menſchen in Schranken gehalten würde. Dieſe Auserwählten könnten ſich je- doch nur dadurch als ſolche erweiſen, daß ſie ſich einen gewiſſen Zwang, eine Pönitenz auferlegten, indem ſie ſelbſt zum Teil auf das höchſte Gut der Menſchheit, Vernunft und Freiheit, verzichten und ſich zum Sklaven überlebter Formen machen. Sie meinen wohl durch den Widerſpruch, den ihre Sitten erwecken, in der Allgemeinheit die Herrſchaft der Vernunft umſomehr zu ſtärken.‟
„Welch edle Seelen, ſo zum Beſten der Kultur ſich ſelbſt zu opfern! Ein wahrhaft menſchlicher Ge- danke, die Kultur durch Unkultur des eignen Lebens zu fördern! Es wäre ein bloßer Jrrtum, wenn er nicht leider dadurch unmoraliſch würde, daß der egoiſti- ſche Zweck unverkennbar iſt.‟
„Gewiß, ſich ſelbſt als Kaſte zu unterſcheiden. Es will jeder etwas Beſonderes ſein.‟
„Das ſoll er ja auch‟, ſagte La, „etwas Beſon- deres, aber nur durch ſeine Freiheit, durch die innere Freiheit, mit der wir die Mittel beſtimmen, in unſerm Leben das Vernunftgeſetz zu verwirklichen. Aber dieſe Leute laſſen, nach Jhrer Schilderung, die innere
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Einunddreißigſtes Kapitel.
„Das iſt abſcheulich. Aber ich denke, Vernunft
und Geſetz verbieten den Zweikampf. Wie iſt er
denn noch möglich?‟
„Durch Unvernunft. Es giebt nämlich Menſchen,
die ſich einbilden, Vernunft und Geſetz ſeien zwar
ganz gut für das Volk, aber dieſes würde den Reſpekt
vor Vernunft und Geſetz verlieren, wenn es nicht durch
eine auserwählte Gruppe von Menſchen in Schranken
gehalten würde. Dieſe Auserwählten könnten ſich je-
doch nur dadurch als ſolche erweiſen, daß ſie ſich einen
gewiſſen Zwang, eine Pönitenz auferlegten, indem ſie
ſelbſt zum Teil auf das höchſte Gut der Menſchheit,
Vernunft und Freiheit, verzichten und ſich zum Sklaven
überlebter Formen machen. Sie meinen wohl durch
den Widerſpruch, den ihre Sitten erwecken, in der
Allgemeinheit die Herrſchaft der Vernunft umſomehr
zu ſtärken.‟
„Welch edle Seelen, ſo zum Beſten der Kultur
ſich ſelbſt zu opfern! Ein wahrhaft menſchlicher Ge-
danke, die Kultur durch Unkultur des eignen Lebens
zu fördern! Es wäre ein bloßer Jrrtum, wenn er
nicht leider dadurch unmoraliſch würde, daß der egoiſti-
ſche Zweck unverkennbar iſt.‟
„Gewiß, ſich ſelbſt als Kaſte zu unterſcheiden. Es
will jeder etwas Beſonderes ſein.‟
„Das ſoll er ja auch‟, ſagte La, „etwas Beſon-
deres, aber nur durch ſeine Freiheit, durch die innere
Freiheit, mit der wir die Mittel beſtimmen, in unſerm
Leben das Vernunftgeſetz zu verwirklichen. Aber dieſe
Leute laſſen, nach Jhrer Schilderung, die innere
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/96>, abgerufen am 25.11.2024.
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