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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.

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Das Spiel verloren.
Jn verzehrenden Flammen loderte in ihm die Leiden-
schaft, sie zu besitzen! Sie wieder zurückkehren zu
sehen in die Arme eines andern -- nein, es war nicht
mehr möglich. Es konnte nicht mehr so sein, nimmer-
mehr konnte er neben ihr hergehen in ehrlicher Ent-
sagung -- -- Wenn er jetzt die Geliebte verlor, so
verlor er auch die Freundin, so hatte er sie ganz und
auf immer verloren -- -- Dann mußte er fort, er
durfte sie nicht mehr sehen -- sie war ihm verloren
-- verloren -- --

Und das sollte er ertragen? Und das sollte er dulden?
Und dabei wissen, daß sie ihn liebte? Wo war denn
der Mann? Er war ja nicht da. Zurückgekehrt, ein
Totgeglaubter, und der erste Schritt war nicht zu seiner
Frau? Warum kam er nicht und nahm sein Recht in
Besitz? Warum verbarg er sich? Kam er vielleicht doch
niemals wieder? Und wäre dieser Kampf mit sich selbst,
und der Sturm, den die Nachricht in Jsmas Herzen
erregte, wären sie unnütz, zwecklos? Doch nein, die
Nachricht war zu sicher. Aus einem Postluftschiff der
Martier steigt man an einer Station aus, aber man
verunglückt nicht. Und wenn man in einem der civili-
sierten Staaten ausgestiegen ist, so verschwindet man
nicht spurlos, wenn man nicht will, wenn man nicht
gute Gründe dazu hat. Warum also verbirgt sich Torm?
Nur in seinem Gewissen muß der Grund liegen, er
muß etwas gethan haben, das ihn zur Flucht vor der
Welt veranlaßt. Aber warum auch vor Jsma? Also
auch vor ihr muß er sich scheuen? Er will vielleicht
gar nicht zu ihr? Offenbar, er will nicht! Und vor

Laßwitz, Auf zwei Planeten. 58

Das Spiel verloren.
Jn verzehrenden Flammen loderte in ihm die Leiden-
ſchaft, ſie zu beſitzen! Sie wieder zurückkehren zu
ſehen in die Arme eines andern — nein, es war nicht
mehr möglich. Es konnte nicht mehr ſo ſein, nimmer-
mehr konnte er neben ihr hergehen in ehrlicher Ent-
ſagung — — Wenn er jetzt die Geliebte verlor, ſo
verlor er auch die Freundin, ſo hatte er ſie ganz und
auf immer verloren — — Dann mußte er fort, er
durfte ſie nicht mehr ſehen — ſie war ihm verloren
— verloren — —

Und das ſollte er ertragen? Und das ſollte er dulden?
Und dabei wiſſen, daß ſie ihn liebte? Wo war denn
der Mann? Er war ja nicht da. Zurückgekehrt, ein
Totgeglaubter, und der erſte Schritt war nicht zu ſeiner
Frau? Warum kam er nicht und nahm ſein Recht in
Beſitz? Warum verbarg er ſich? Kam er vielleicht doch
niemals wieder? Und wäre dieſer Kampf mit ſich ſelbſt,
und der Sturm, den die Nachricht in Jsmas Herzen
erregte, wären ſie unnütz, zwecklos? Doch nein, die
Nachricht war zu ſicher. Aus einem Poſtluftſchiff der
Martier ſteigt man an einer Station aus, aber man
verunglückt nicht. Und wenn man in einem der civili-
ſierten Staaten ausgeſtiegen iſt, ſo verſchwindet man
nicht ſpurlos, wenn man nicht will, wenn man nicht
gute Gründe dazu hat. Warum alſo verbirgt ſich Torm?
Nur in ſeinem Gewiſſen muß der Grund liegen, er
muß etwas gethan haben, das ihn zur Flucht vor der
Welt veranlaßt. Aber warum auch vor Jsma? Alſo
auch vor ihr muß er ſich ſcheuen? Er will vielleicht
gar nicht zu ihr? Offenbar, er will nicht! Und vor

Laßwitz, Auf zwei Planeten. 58
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[481/0489] Das Spiel verloren. Jn verzehrenden Flammen loderte in ihm die Leiden- ſchaft, ſie zu beſitzen! Sie wieder zurückkehren zu ſehen in die Arme eines andern — nein, es war nicht mehr möglich. Es konnte nicht mehr ſo ſein, nimmer- mehr konnte er neben ihr hergehen in ehrlicher Ent- ſagung — — Wenn er jetzt die Geliebte verlor, ſo verlor er auch die Freundin, ſo hatte er ſie ganz und auf immer verloren — — Dann mußte er fort, er durfte ſie nicht mehr ſehen — ſie war ihm verloren — verloren — — Und das ſollte er ertragen? Und das ſollte er dulden? Und dabei wiſſen, daß ſie ihn liebte? Wo war denn der Mann? Er war ja nicht da. Zurückgekehrt, ein Totgeglaubter, und der erſte Schritt war nicht zu ſeiner Frau? Warum kam er nicht und nahm ſein Recht in Beſitz? Warum verbarg er ſich? Kam er vielleicht doch niemals wieder? Und wäre dieſer Kampf mit ſich ſelbſt, und der Sturm, den die Nachricht in Jsmas Herzen erregte, wären ſie unnütz, zwecklos? Doch nein, die Nachricht war zu ſicher. Aus einem Poſtluftſchiff der Martier ſteigt man an einer Station aus, aber man verunglückt nicht. Und wenn man in einem der civili- ſierten Staaten ausgeſtiegen iſt, ſo verſchwindet man nicht ſpurlos, wenn man nicht will, wenn man nicht gute Gründe dazu hat. Warum alſo verbirgt ſich Torm? Nur in ſeinem Gewiſſen muß der Grund liegen, er muß etwas gethan haben, das ihn zur Flucht vor der Welt veranlaßt. Aber warum auch vor Jsma? Alſo auch vor ihr muß er ſich ſcheuen? Er will vielleicht gar nicht zu ihr? Offenbar, er will nicht! Und vor Laßwitz, Auf zwei Planeten. 58

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/489>, abgerufen am 23.11.2024.