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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.

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Martierinnen in Berlin.
hing an einem Lisfaden, so daß sie in der Luft zu
schweben schien, ein Bücherbrett war ganz nach mar-
tischem Muster eingerichtet und es fehlte sogar nicht
der Phonograph, ein Geschenk Ells.

Unter den Drucksachen, die auf dem Tische lagen,
fiel La ein Flugblatt auf, das in mehreren Exemplaren
vorhanden war. Es trug die Ueberschrift: "An die
Menschheit!" und begann mit den Worten: "Numen-
heit ohne Nume! Das sei der Wahlspruch des all-
gemeinen Menschenbundes, den wir aufrichten wollen
unter allen Kulturvölkern der Erde."

La las weiter. Der Jnhalt fesselte sie. Jn feurigen
Worten war die ideale Kultur der Martier gepriesen,
aber ebenso entschieden eifriger Protest erhoben gegen
die Form, welche ihre Herrschaft auf der Erde ange-
nommen hatte. "Ergreifen wir", so hieß es, "was
sie uns bieten, mit klarer Einsicht und offenem Herzen,
so werden wir ihrer selbst nicht mehr bedürfen. Zeigen
wir, daß wir das große Beispiel ihres Planeten be-
griffen haben, eine Gemeinschaft freier Vernunftwesen
zu bilden, in der die Ordnung herrscht nicht durch die
egoistische Gewalt einzelner Klassen, sondern durch das
lebendige Gemeinschaftsgefühl aller. Das neue Zeitalter
ist vorbereitet. Der Mars hat uns den gewaltigen
Dienst geleistet, uns zu zeigen, wie die Not des Daseins
bezwungen werden kann durch eine reichere Ausbeutung
der Natur und eine größere Selbstbeherrschung der
Menschen. Er hat die historischen Fesseln gebrochen,
die uns verhinderten, die neuen Jdeen in der Mensch-
heit lebendig zu machen. Er hat die Völker geeint

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Martierinnen in Berlin.
hing an einem Lisfaden, ſo daß ſie in der Luft zu
ſchweben ſchien, ein Bücherbrett war ganz nach mar-
tiſchem Muſter eingerichtet und es fehlte ſogar nicht
der Phonograph, ein Geſchenk Ells.

Unter den Druckſachen, die auf dem Tiſche lagen,
fiel La ein Flugblatt auf, das in mehreren Exemplaren
vorhanden war. Es trug die Ueberſchrift: „An die
Menſchheit!‟ und begann mit den Worten: „Numen-
heit ohne Nume! Das ſei der Wahlſpruch des all-
gemeinen Menſchenbundes, den wir aufrichten wollen
unter allen Kulturvölkern der Erde.‟

La las weiter. Der Jnhalt feſſelte ſie. Jn feurigen
Worten war die ideale Kultur der Martier geprieſen,
aber ebenſo entſchieden eifriger Proteſt erhoben gegen
die Form, welche ihre Herrſchaft auf der Erde ange-
nommen hatte. „Ergreifen wir‟, ſo hieß es, „was
ſie uns bieten, mit klarer Einſicht und offenem Herzen,
ſo werden wir ihrer ſelbſt nicht mehr bedürfen. Zeigen
wir, daß wir das große Beiſpiel ihres Planeten be-
griffen haben, eine Gemeinſchaft freier Vernunftweſen
zu bilden, in der die Ordnung herrſcht nicht durch die
egoiſtiſche Gewalt einzelner Klaſſen, ſondern durch das
lebendige Gemeinſchaftsgefühl aller. Das neue Zeitalter
iſt vorbereitet. Der Mars hat uns den gewaltigen
Dienſt geleiſtet, uns zu zeigen, wie die Not des Daſeins
bezwungen werden kann durch eine reichere Ausbeutung
der Natur und eine größere Selbſtbeherrſchung der
Menſchen. Er hat die hiſtoriſchen Feſſeln gebrochen,
die uns verhinderten, die neuen Jdeen in der Menſch-
heit lebendig zu machen. Er hat die Völker geeint

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[387/0395] Martierinnen in Berlin. hing an einem Lisfaden, ſo daß ſie in der Luft zu ſchweben ſchien, ein Bücherbrett war ganz nach mar- tiſchem Muſter eingerichtet und es fehlte ſogar nicht der Phonograph, ein Geſchenk Ells. Unter den Druckſachen, die auf dem Tiſche lagen, fiel La ein Flugblatt auf, das in mehreren Exemplaren vorhanden war. Es trug die Ueberſchrift: „An die Menſchheit!‟ und begann mit den Worten: „Numen- heit ohne Nume! Das ſei der Wahlſpruch des all- gemeinen Menſchenbundes, den wir aufrichten wollen unter allen Kulturvölkern der Erde.‟ La las weiter. Der Jnhalt feſſelte ſie. Jn feurigen Worten war die ideale Kultur der Martier geprieſen, aber ebenſo entſchieden eifriger Proteſt erhoben gegen die Form, welche ihre Herrſchaft auf der Erde ange- nommen hatte. „Ergreifen wir‟, ſo hieß es, „was ſie uns bieten, mit klarer Einſicht und offenem Herzen, ſo werden wir ihrer ſelbſt nicht mehr bedürfen. Zeigen wir, daß wir das große Beiſpiel ihres Planeten be- griffen haben, eine Gemeinſchaft freier Vernunftweſen zu bilden, in der die Ordnung herrſcht nicht durch die egoiſtiſche Gewalt einzelner Klaſſen, ſondern durch das lebendige Gemeinſchaftsgefühl aller. Das neue Zeitalter iſt vorbereitet. Der Mars hat uns den gewaltigen Dienſt geleiſtet, uns zu zeigen, wie die Not des Daſeins bezwungen werden kann durch eine reichere Ausbeutung der Natur und eine größere Selbſtbeherrſchung der Menſchen. Er hat die hiſtoriſchen Feſſeln gebrochen, die uns verhinderten, die neuen Jdeen in der Menſch- heit lebendig zu machen. Er hat die Völker geeint 52*

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/395>, abgerufen am 25.11.2024.