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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.

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Der Jnstruktor von Bozen.
es so einzurichten, daß viele ihre Lieblinge rechtzeitig
in Sicherheit bringen konnten. Das Haus von Frau
Saltner hatte sich aber Oß einmal zeigen lassen und
dabei den Hund bemerkt, ja er hatte dann gefragt,
ob denn das Vieh noch nicht totgeschossen sei. So
mußte der arme Karo als ein Opfer zur Zivilisation
der Menschheit fallen. Das hatte nun die Frauen,
die innigst an dem Hunde hingen, in größte Auf-
regung versetzt. Frau Saltner war ganz melancholisch
geworden und wurde von einer krankhaften Aengstlich-
keit ergriffen, sobald jemand in das Haus trat.

Nun war die Verordnung über das Jmpfen ge-
kommen. Unglücklicherweise war ihr Straßenviertel
das erste gewesen, in welchem die Jmpfung vollzogen
wurde. Sie stellte sich dies als eine fürchterliche
Operation vor und schickte zu einem Freunde Saltners,
um sich Rat zu holen, was sie thun solle. Alle seine
Vorstellungen waren vergebens, sie ließ sich nicht be-
reden, ebensowenig wie Kathrin, zu dem Termin zu
gehen, und der Freund wußte nichts besseres zu thun,
als an Saltner zu telegraphieren. Jnzwischen war
der Termin verfallen, und Frau Saltner wie ihre
Dienerin wurden zu je fünfhundert Gulden Strafe
verurteilt. Nun gab es erst recht ein großes Weh-
klagen, das Geld war, zumal in Saltners Abwesen-
heit, nicht zur Stelle zu schaffen, und die beiden
Frauen sollten in das psychophysische Laboratorium
zur Abbüßung der Strafe und zur Vollziehung der
Jmpfung abgeholt werden.

Die Beamten, welche die Anordnungen des Jnstruk-

Der Jnſtruktor von Bozen.
es ſo einzurichten, daß viele ihre Lieblinge rechtzeitig
in Sicherheit bringen konnten. Das Haus von Frau
Saltner hatte ſich aber Oß einmal zeigen laſſen und
dabei den Hund bemerkt, ja er hatte dann gefragt,
ob denn das Vieh noch nicht totgeſchoſſen ſei. So
mußte der arme Karo als ein Opfer zur Ziviliſation
der Menſchheit fallen. Das hatte nun die Frauen,
die innigſt an dem Hunde hingen, in größte Auf-
regung verſetzt. Frau Saltner war ganz melancholiſch
geworden und wurde von einer krankhaften Aengſtlich-
keit ergriffen, ſobald jemand in das Haus trat.

Nun war die Verordnung über das Jmpfen ge-
kommen. Unglücklicherweiſe war ihr Straßenviertel
das erſte geweſen, in welchem die Jmpfung vollzogen
wurde. Sie ſtellte ſich dies als eine fürchterliche
Operation vor und ſchickte zu einem Freunde Saltners,
um ſich Rat zu holen, was ſie thun ſolle. Alle ſeine
Vorſtellungen waren vergebens, ſie ließ ſich nicht be-
reden, ebenſowenig wie Kathrin, zu dem Termin zu
gehen, und der Freund wußte nichts beſſeres zu thun,
als an Saltner zu telegraphieren. Jnzwiſchen war
der Termin verfallen, und Frau Saltner wie ihre
Dienerin wurden zu je fünfhundert Gulden Strafe
verurteilt. Nun gab es erſt recht ein großes Weh-
klagen, das Geld war, zumal in Saltners Abweſen-
heit, nicht zur Stelle zu ſchaffen, und die beiden
Frauen ſollten in das pſychophyſiſche Laboratorium
zur Abbüßung der Strafe und zur Vollziehung der
Jmpfung abgeholt werden.

Die Beamten, welche die Anordnungen des Jnſtruk-

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[343/0351] Der Jnſtruktor von Bozen. es ſo einzurichten, daß viele ihre Lieblinge rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten. Das Haus von Frau Saltner hatte ſich aber Oß einmal zeigen laſſen und dabei den Hund bemerkt, ja er hatte dann gefragt, ob denn das Vieh noch nicht totgeſchoſſen ſei. So mußte der arme Karo als ein Opfer zur Ziviliſation der Menſchheit fallen. Das hatte nun die Frauen, die innigſt an dem Hunde hingen, in größte Auf- regung verſetzt. Frau Saltner war ganz melancholiſch geworden und wurde von einer krankhaften Aengſtlich- keit ergriffen, ſobald jemand in das Haus trat. Nun war die Verordnung über das Jmpfen ge- kommen. Unglücklicherweiſe war ihr Straßenviertel das erſte geweſen, in welchem die Jmpfung vollzogen wurde. Sie ſtellte ſich dies als eine fürchterliche Operation vor und ſchickte zu einem Freunde Saltners, um ſich Rat zu holen, was ſie thun ſolle. Alle ſeine Vorſtellungen waren vergebens, ſie ließ ſich nicht be- reden, ebenſowenig wie Kathrin, zu dem Termin zu gehen, und der Freund wußte nichts beſſeres zu thun, als an Saltner zu telegraphieren. Jnzwiſchen war der Termin verfallen, und Frau Saltner wie ihre Dienerin wurden zu je fünfhundert Gulden Strafe verurteilt. Nun gab es erſt recht ein großes Weh- klagen, das Geld war, zumal in Saltners Abweſen- heit, nicht zur Stelle zu ſchaffen, und die beiden Frauen ſollten in das pſychophyſiſche Laboratorium zur Abbüßung der Strafe und zur Vollziehung der Jmpfung abgeholt werden. Die Beamten, welche die Anordnungen des Jnſtruk-

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/351>, abgerufen am 22.11.2024.