Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebenundvierzigstes Kapitel.
alles ausgesprochen, was während des Krieges ge-
schehen ist."

"Nicht gerade für alles."

"Aber für seine Flucht kann er nicht mehr bestraft
werden?"

"Nein, Jsma. Aber ich bitte Sie, klammern Sie
sich nicht wieder an diese Unmöglichkeit. O hätte ich
doch nicht davon gesprochen! Fassen Sie sich! Jch
kann Sie so nicht verlassen."

"Sie haben Recht", sagte sie endlich. "Jch bin so
thöricht." Sie stand auf, schloß das Fenster und
schaltete das Licht ein.

"Setzen wir uns noch ein wenig", sagte sie dann.
"Es ist ja alles so unwahrscheinlich, bei ruhiger Ueber-
legung. Aber wer klammert sich nicht an einen Stroh-
halm?"

"Sehen Sie, Jsma, Sie müssen sich mit dem Ge-
schehenen abfinden, wie Sie es bisher gethan. Wäre
er in Podgoritza entflohen, so wäre er längst hier, oder
wir hätten Nachricht. Er hatte ja nun nichts mehr
von den Martiern zu befürchten. Es ist seitdem über
ein Jahr vergangen, deshalb glaubte ich darüber
sprechen zu dürfen."

Sie reichte ihm wieder die Hand. "Jch weiß ja",
sagte sie, "daß Sie es gut meinten. Aber eins müssen
Sie mir doch noch sagen. Bei wichtigen Ereignissen
wenden Sie sonst das Retrospektiv an, um den Vor-
gang zu beobachten. Warum ging es denn nicht --
der Ueberfall von Podgoritza z. B. ist doch wichtig
genug -- warum wurde er nicht vom Mars aus --?"

Siebenundvierzigſtes Kapitel.
alles ausgeſprochen, was während des Krieges ge-
ſchehen iſt.‟

„Nicht gerade für alles.‟

„Aber für ſeine Flucht kann er nicht mehr beſtraft
werden?‟

„Nein, Jsma. Aber ich bitte Sie, klammern Sie
ſich nicht wieder an dieſe Unmöglichkeit. O hätte ich
doch nicht davon geſprochen! Faſſen Sie ſich! Jch
kann Sie ſo nicht verlaſſen.‟

„Sie haben Recht‟, ſagte ſie endlich. „Jch bin ſo
thöricht.‟ Sie ſtand auf, ſchloß das Fenſter und
ſchaltete das Licht ein.

„Setzen wir uns noch ein wenig‟, ſagte ſie dann.
„Es iſt ja alles ſo unwahrſcheinlich, bei ruhiger Ueber-
legung. Aber wer klammert ſich nicht an einen Stroh-
halm?‟

„Sehen Sie, Jsma, Sie müſſen ſich mit dem Ge-
ſchehenen abfinden, wie Sie es bisher gethan. Wäre
er in Podgoritza entflohen, ſo wäre er längſt hier, oder
wir hätten Nachricht. Er hatte ja nun nichts mehr
von den Martiern zu befürchten. Es iſt ſeitdem über
ein Jahr vergangen, deshalb glaubte ich darüber
ſprechen zu dürfen.‟

Sie reichte ihm wieder die Hand. „Jch weiß ja‟,
ſagte ſie, „daß Sie es gut meinten. Aber eins müſſen
Sie mir doch noch ſagen. Bei wichtigen Ereigniſſen
wenden Sie ſonſt das Retroſpektiv an, um den Vor-
gang zu beobachten. Warum ging es denn nicht —
der Ueberfall von Podgoritza z. B. iſt doch wichtig
genug — warum wurde er nicht vom Mars aus —?‟

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0332" n="324"/><fw place="top" type="header">Siebenundvierzig&#x017F;tes Kapitel.</fw><lb/>
alles ausge&#x017F;prochen, was während des Krieges ge-<lb/>
&#x017F;chehen i&#x017F;t.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Nicht gerade für alles.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Aber für &#x017F;eine Flucht kann er nicht mehr be&#x017F;traft<lb/>
werden?&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Nein, Jsma. Aber ich bitte Sie, klammern Sie<lb/>
&#x017F;ich nicht wieder an die&#x017F;e Unmöglichkeit. O hätte ich<lb/>
doch nicht davon ge&#x017F;prochen! Fa&#x017F;&#x017F;en Sie &#x017F;ich! Jch<lb/>
kann Sie &#x017F;o nicht verla&#x017F;&#x017F;en.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Sie haben Recht&#x201F;, &#x017F;agte &#x017F;ie endlich. &#x201E;Jch bin &#x017F;o<lb/>
thöricht.&#x201F; Sie &#x017F;tand auf, &#x017F;chloß das Fen&#x017F;ter und<lb/>
&#x017F;chaltete das Licht ein.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Setzen wir uns noch ein wenig&#x201F;, &#x017F;agte &#x017F;ie dann.<lb/>
&#x201E;Es i&#x017F;t ja alles &#x017F;o unwahr&#x017F;cheinlich, bei ruhiger Ueber-<lb/>
legung. Aber wer klammert &#x017F;ich nicht an einen Stroh-<lb/>
halm?&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Sehen Sie, Jsma, Sie mü&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich mit dem Ge-<lb/>
&#x017F;chehenen abfinden, wie Sie es bisher gethan. Wäre<lb/>
er in Podgoritza entflohen, &#x017F;o wäre er läng&#x017F;t hier, oder<lb/>
wir hätten Nachricht. Er hatte ja nun nichts mehr<lb/>
von den Martiern zu befürchten. Es i&#x017F;t &#x017F;eitdem über<lb/>
ein Jahr vergangen, deshalb glaubte ich darüber<lb/>
&#x017F;prechen zu dürfen.&#x201F;</p><lb/>
          <p>Sie reichte ihm wieder die Hand. &#x201E;Jch weiß ja&#x201F;,<lb/>
&#x017F;agte &#x017F;ie, &#x201E;daß Sie es gut meinten. Aber eins mü&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Sie mir doch noch &#x017F;agen. Bei wichtigen Ereigni&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wenden Sie &#x017F;on&#x017F;t das Retro&#x017F;pektiv an, um den Vor-<lb/>
gang zu beobachten. Warum ging es denn nicht &#x2014;<lb/>
der Ueberfall von Podgoritza z. B. i&#x017F;t doch wichtig<lb/>
genug &#x2014; warum wurde er nicht vom Mars aus &#x2014;?&#x201F;</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[324/0332] Siebenundvierzigſtes Kapitel. alles ausgeſprochen, was während des Krieges ge- ſchehen iſt.‟ „Nicht gerade für alles.‟ „Aber für ſeine Flucht kann er nicht mehr beſtraft werden?‟ „Nein, Jsma. Aber ich bitte Sie, klammern Sie ſich nicht wieder an dieſe Unmöglichkeit. O hätte ich doch nicht davon geſprochen! Faſſen Sie ſich! Jch kann Sie ſo nicht verlaſſen.‟ „Sie haben Recht‟, ſagte ſie endlich. „Jch bin ſo thöricht.‟ Sie ſtand auf, ſchloß das Fenſter und ſchaltete das Licht ein. „Setzen wir uns noch ein wenig‟, ſagte ſie dann. „Es iſt ja alles ſo unwahrſcheinlich, bei ruhiger Ueber- legung. Aber wer klammert ſich nicht an einen Stroh- halm?‟ „Sehen Sie, Jsma, Sie müſſen ſich mit dem Ge- ſchehenen abfinden, wie Sie es bisher gethan. Wäre er in Podgoritza entflohen, ſo wäre er längſt hier, oder wir hätten Nachricht. Er hatte ja nun nichts mehr von den Martiern zu befürchten. Es iſt ſeitdem über ein Jahr vergangen, deshalb glaubte ich darüber ſprechen zu dürfen.‟ Sie reichte ihm wieder die Hand. „Jch weiß ja‟, ſagte ſie, „daß Sie es gut meinten. Aber eins müſſen Sie mir doch noch ſagen. Bei wichtigen Ereigniſſen wenden Sie ſonſt das Retroſpektiv an, um den Vor- gang zu beobachten. Warum ging es denn nicht — der Ueberfall von Podgoritza z. B. iſt doch wichtig genug — warum wurde er nicht vom Mars aus —?‟

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/332
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/332>, abgerufen am 18.05.2024.