Es war an einem regnerischen Augustabende des Jahres, das auf die tumultuarische Abreise der Gesandtschaft der Marsstaaten aus Berlin gefolgt war, als ein Mann, in einen Reisemantel gehüllt, hastig die menschenleere Straße hinaufstieg, die nach der Stern- warte in Friedau führte. Ein dichter Bart und der tief ins Gesicht gerückte Hut ließen wenig von seinen Zügen erkennen. Hin und wieder warf er aus scharfen Augen einen scheuen Blick nach der Seite, als fürchtete er, beobachtet zu werden. Aber niemand bemerkte ihn. Die Laternen waren noch nicht angezündet, und der leise niederrieselnde Regen verschluckte das letzte Licht der Dämmerung.
Je näher der Fremde dem eisernen Gitterthor der Sternwarte kam, umsomehr verzögerte sich sein Schritt, als suche er einen Augenblick hinauszuschieben, den er noch eben so eilig erstrebte. Vor dem Thore stand er eine Weile still. Er spähte nach den dunkeln Fenstern
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Dreiundvierzigſtes Kapitel. Die Beſiegten.
Es war an einem regneriſchen Auguſtabende des Jahres, das auf die tumultuariſche Abreiſe der Geſandtſchaft der Marsſtaaten aus Berlin gefolgt war, als ein Mann, in einen Reiſemantel gehüllt, haſtig die menſchenleere Straße hinaufſtieg, die nach der Stern- warte in Friedau führte. Ein dichter Bart und der tief ins Geſicht gerückte Hut ließen wenig von ſeinen Zügen erkennen. Hin und wieder warf er aus ſcharfen Augen einen ſcheuen Blick nach der Seite, als fürchtete er, beobachtet zu werden. Aber niemand bemerkte ihn. Die Laternen waren noch nicht angezündet, und der leiſe niederrieſelnde Regen verſchluckte das letzte Licht der Dämmerung.
Je näher der Fremde dem eiſernen Gitterthor der Sternwarte kam, umſomehr verzögerte ſich ſein Schritt, als ſuche er einen Augenblick hinauszuſchieben, den er noch eben ſo eilig erſtrebte. Vor dem Thore ſtand er eine Weile ſtill. Er ſpähte nach den dunkeln Fenſtern
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Dreiundvierzigſtes Kapitel.
Die Beſiegten.
Es war an einem regneriſchen Auguſtabende des
Jahres, das auf die tumultuariſche Abreiſe
der Geſandtſchaft der Marsſtaaten aus Berlin gefolgt
war, als ein Mann, in einen Reiſemantel gehüllt, haſtig
die menſchenleere Straße hinaufſtieg, die nach der Stern-
warte in Friedau führte. Ein dichter Bart und der tief
ins Geſicht gerückte Hut ließen wenig von ſeinen Zügen
erkennen. Hin und wieder warf er aus ſcharfen Augen
einen ſcheuen Blick nach der Seite, als fürchtete er,
beobachtet zu werden. Aber niemand bemerkte ihn.
Die Laternen waren noch nicht angezündet, und der
leiſe niederrieſelnde Regen verſchluckte das letzte Licht
der Dämmerung.
Je näher der Fremde dem eiſernen Gitterthor der
Sternwarte kam, umſomehr verzögerte ſich ſein Schritt,
als ſuche er einen Augenblick hinauszuſchieben, den er
noch eben ſo eilig erſtrebte. Vor dem Thore ſtand er
eine Weile ſtill. Er ſpähte nach den dunkeln Fenſtern
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. [245]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/253>, abgerufen am 23.11.2024.
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