Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünfunddreißigstes Kapitel.
wollte ihn nicht wiedersehen. Und er ging. Natür-
lich! La würde ihn wohl trösten -- --

Ell versetzte sich in Jsmas Seele, er sah deutlich,
was in ihr vorging -- alles dachte er wieder durch,
während er in die Nacht hinausstarrte -- das Gefühl
der Bitterkeit verließ ihn, er konnte ihr nicht zürnen.
Nur traurig wurde er, tief traurig.

Aber er mußte es tragen. Er konnte nicht anders
handeln, es war unmöglich. Stand sie auf der Erde,
so stand er auf dem Mars. Die Kluft überbrückte
kein Raumschiff. Und selbst wenn die Planeten sich
versöhnten -- würde er sie dann wiederfinden?

Er preßte die Hände gegen die Stirn und seufzte
tief. Und seltsam, mitten in den Kummer um Jsma
drängte sich das Bild Las vor Ells Augen. Dieser
Verkehr war so beglückend, so frei von dem dunkeln
Hintergrund irdischer Fesseln! Das war Numenart,
zu geben und zu nehmen! Die reizenden Stunden
kamen ihm in den Sinn, in denen er sich sagen durfte,
daß sie ihn bevorzugte, und es schien ihm, daß deren
immer mehr geworden seien. Und doch! Er mußte
sich gestehen, wäre La ihm so geneigt, wie er hoffte,
sie hätte sich ihm noch anders zeigen müssen. Sie
hatte sich in der letzten Zeit sichtlich von Saltner
zurückgezogen, aber gerade darin schien ihm eine ge-
wisse Absichtlichkeit zu liegen. Er konnte das Gefühl
nicht los werden, daß La unter der gleichmäßigen
Liebenswürdigkeit ihres Wesens eine heimliche Sorge
barg, und er sann nach, was sie wohl bedrücken könne.

Gestern, als er bei ihr war, hatte er sie über-

Fünfunddreißigſtes Kapitel.
wollte ihn nicht wiederſehen. Und er ging. Natür-
lich! La würde ihn wohl tröſten — —

Ell verſetzte ſich in Jsmas Seele, er ſah deutlich,
was in ihr vorging — alles dachte er wieder durch,
während er in die Nacht hinausſtarrte — das Gefühl
der Bitterkeit verließ ihn, er konnte ihr nicht zürnen.
Nur traurig wurde er, tief traurig.

Aber er mußte es tragen. Er konnte nicht anders
handeln, es war unmöglich. Stand ſie auf der Erde,
ſo ſtand er auf dem Mars. Die Kluft überbrückte
kein Raumſchiff. Und ſelbſt wenn die Planeten ſich
verſöhnten — würde er ſie dann wiederfinden?

Er preßte die Hände gegen die Stirn und ſeufzte
tief. Und ſeltſam, mitten in den Kummer um Jsma
drängte ſich das Bild Las vor Ells Augen. Dieſer
Verkehr war ſo beglückend, ſo frei von dem dunkeln
Hintergrund irdiſcher Feſſeln! Das war Numenart,
zu geben und zu nehmen! Die reizenden Stunden
kamen ihm in den Sinn, in denen er ſich ſagen durfte,
daß ſie ihn bevorzugte, und es ſchien ihm, daß deren
immer mehr geworden ſeien. Und doch! Er mußte
ſich geſtehen, wäre La ihm ſo geneigt, wie er hoffte,
ſie hätte ſich ihm noch anders zeigen müſſen. Sie
hatte ſich in der letzten Zeit ſichtlich von Saltner
zurückgezogen, aber gerade darin ſchien ihm eine ge-
wiſſe Abſichtlichkeit zu liegen. Er konnte das Gefühl
nicht los werden, daß La unter der gleichmäßigen
Liebenswürdigkeit ihres Weſens eine heimliche Sorge
barg, und er ſann nach, was ſie wohl bedrücken könne.

Geſtern, als er bei ihr war, hatte er ſie über-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0148" n="140"/><fw place="top" type="header">Fünfunddreißig&#x017F;tes Kapitel.</fw><lb/>
wollte ihn nicht wieder&#x017F;ehen. Und er ging. Natür-<lb/>
lich! La würde ihn wohl trö&#x017F;ten &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
          <p>Ell ver&#x017F;etzte &#x017F;ich in Jsmas Seele, er &#x017F;ah deutlich,<lb/>
was in ihr vorging &#x2014; alles dachte er wieder durch,<lb/>
während er in die Nacht hinaus&#x017F;tarrte &#x2014; das Gefühl<lb/>
der Bitterkeit verließ ihn, er konnte ihr nicht zürnen.<lb/>
Nur traurig wurde er, tief traurig.</p><lb/>
          <p>Aber er mußte es tragen. Er konnte nicht anders<lb/>
handeln, es war unmöglich. Stand &#x017F;ie auf der Erde,<lb/>
&#x017F;o &#x017F;tand er auf dem Mars. Die Kluft überbrückte<lb/>
kein Raum&#x017F;chiff. Und &#x017F;elb&#x017F;t wenn die Planeten &#x017F;ich<lb/>
ver&#x017F;öhnten &#x2014; würde er &#x017F;ie dann wiederfinden?</p><lb/>
          <p>Er preßte die Hände gegen die Stirn und &#x017F;eufzte<lb/>
tief. Und &#x017F;elt&#x017F;am, mitten in den Kummer um Jsma<lb/>
drängte &#x017F;ich das Bild Las vor Ells Augen. Die&#x017F;er<lb/>
Verkehr war &#x017F;o beglückend, &#x017F;o frei von dem dunkeln<lb/>
Hintergrund irdi&#x017F;cher Fe&#x017F;&#x017F;eln! Das war Numenart,<lb/>
zu geben und zu nehmen! Die reizenden Stunden<lb/>
kamen ihm in den Sinn, in denen er &#x017F;ich &#x017F;agen durfte,<lb/>
daß &#x017F;ie ihn bevorzugte, und es &#x017F;chien ihm, daß deren<lb/>
immer mehr geworden &#x017F;eien. Und doch! Er mußte<lb/>
&#x017F;ich ge&#x017F;tehen, wäre La ihm &#x017F;o geneigt, wie er hoffte,<lb/>
&#x017F;ie hätte &#x017F;ich ihm noch anders zeigen mü&#x017F;&#x017F;en. Sie<lb/>
hatte &#x017F;ich in der letzten Zeit &#x017F;ichtlich von Saltner<lb/>
zurückgezogen, aber gerade darin &#x017F;chien ihm eine ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;e Ab&#x017F;ichtlichkeit zu liegen. Er konnte das Gefühl<lb/>
nicht los werden, daß La unter der gleichmäßigen<lb/>
Liebenswürdigkeit ihres We&#x017F;ens eine heimliche Sorge<lb/>
barg, und er &#x017F;ann nach, was &#x017F;ie wohl bedrücken könne.</p><lb/>
          <p>Ge&#x017F;tern, als er bei ihr war, hatte er &#x017F;ie über-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0148] Fünfunddreißigſtes Kapitel. wollte ihn nicht wiederſehen. Und er ging. Natür- lich! La würde ihn wohl tröſten — — Ell verſetzte ſich in Jsmas Seele, er ſah deutlich, was in ihr vorging — alles dachte er wieder durch, während er in die Nacht hinausſtarrte — das Gefühl der Bitterkeit verließ ihn, er konnte ihr nicht zürnen. Nur traurig wurde er, tief traurig. Aber er mußte es tragen. Er konnte nicht anders handeln, es war unmöglich. Stand ſie auf der Erde, ſo ſtand er auf dem Mars. Die Kluft überbrückte kein Raumſchiff. Und ſelbſt wenn die Planeten ſich verſöhnten — würde er ſie dann wiederfinden? Er preßte die Hände gegen die Stirn und ſeufzte tief. Und ſeltſam, mitten in den Kummer um Jsma drängte ſich das Bild Las vor Ells Augen. Dieſer Verkehr war ſo beglückend, ſo frei von dem dunkeln Hintergrund irdiſcher Feſſeln! Das war Numenart, zu geben und zu nehmen! Die reizenden Stunden kamen ihm in den Sinn, in denen er ſich ſagen durfte, daß ſie ihn bevorzugte, und es ſchien ihm, daß deren immer mehr geworden ſeien. Und doch! Er mußte ſich geſtehen, wäre La ihm ſo geneigt, wie er hoffte, ſie hätte ſich ihm noch anders zeigen müſſen. Sie hatte ſich in der letzten Zeit ſichtlich von Saltner zurückgezogen, aber gerade darin ſchien ihm eine ge- wiſſe Abſichtlichkeit zu liegen. Er konnte das Gefühl nicht los werden, daß La unter der gleichmäßigen Liebenswürdigkeit ihres Weſens eine heimliche Sorge barg, und er ſann nach, was ſie wohl bedrücken könne. Geſtern, als er bei ihr war, hatte er ſie über-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/148
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/148>, abgerufen am 22.11.2024.