Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Retrospektiv.
Eines wenigstens war sie los, die fortwährenden
Fragen, die teilnehmend sein sollten und doch so
heuchlerisch waren, die hämischen Blicke, die wider-
wärtigen, kleinlichen, schamlosen Klatschereien -- --

Aus ihrem Nachsinnen weckte sie der Ton, der den
Eintritt eines Besuches durch das Gartenthor meldete.
Sie hörte den Wagen vor der Veranda halten. Das
war Ells Stimme, er sprach mit Ma. Jsma strich
über ihr Haar, sie warf einen Blick in den Spiegel
und ärgerte sich über ihre Erregung. Gleich darauf
trat Ell ein. Sie ging ihm lächelnd entgegen. Er
blickte sie an.

"Es geht Jhnen gut", sagte er freudig. "Sie
sehen wieder frisch und kräftig aus."

Er hielt ihre Hände. Jn ihren Augen las er
ihre Freude. Es war einer der Tage, an dem sie
nicht verbergen konnte, wie lieb er ihr war. "Jch
weiß nicht", sagte sie. "Es geht mir eigentlich gar
nicht gut. Jch kann von meinen Gedanken nicht los-
kommen."

"Dann kommen Sie mit mir, Jsma. Sie sollen
etwas sehen, worauf wir schon lange warten. Das
Retrospektiv ist glücklich eingestellt -- der Cairn ist
gefunden --"

"Ach, Ell! Noch einmal die schreckliche Geschichte!
Jch bin ja leider dabei gewesen. Soll ich sie wirklich
noch einmal sehen?"

"Jch dachte, der Triumph der Technik würde Sie
interessieren. Jn die Vergangenheit zu blicken --"

Jsma wollte eine abweisende Antwort geben. Aber

Das Retroſpektiv.
Eines wenigſtens war ſie los, die fortwährenden
Fragen, die teilnehmend ſein ſollten und doch ſo
heuchleriſch waren, die hämiſchen Blicke, die wider-
wärtigen, kleinlichen, ſchamloſen Klatſchereien — —

Aus ihrem Nachſinnen weckte ſie der Ton, der den
Eintritt eines Beſuches durch das Gartenthor meldete.
Sie hörte den Wagen vor der Veranda halten. Das
war Ells Stimme, er ſprach mit Ma. Jsma ſtrich
über ihr Haar, ſie warf einen Blick in den Spiegel
und ärgerte ſich über ihre Erregung. Gleich darauf
trat Ell ein. Sie ging ihm lächelnd entgegen. Er
blickte ſie an.

„Es geht Jhnen gut‟, ſagte er freudig. „Sie
ſehen wieder friſch und kräftig aus.‟

Er hielt ihre Hände. Jn ihren Augen las er
ihre Freude. Es war einer der Tage, an dem ſie
nicht verbergen konnte, wie lieb er ihr war. „Jch
weiß nicht‟, ſagte ſie. „Es geht mir eigentlich gar
nicht gut. Jch kann von meinen Gedanken nicht los-
kommen.‟

„Dann kommen Sie mit mir, Jsma. Sie ſollen
etwas ſehen, worauf wir ſchon lange warten. Das
Retroſpektiv iſt glücklich eingeſtellt — der Cairn iſt
gefunden —‟

„Ach, Ell! Noch einmal die ſchreckliche Geſchichte!
Jch bin ja leider dabei geweſen. Soll ich ſie wirklich
noch einmal ſehen?‟

„Jch dachte, der Triumph der Technik würde Sie
intereſſieren. Jn die Vergangenheit zu blicken —‟

Jsma wollte eine abweiſende Antwort geben. Aber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0133" n="125"/><fw place="top" type="header">Das Retro&#x017F;pektiv.</fw><lb/>
Eines wenig&#x017F;tens war &#x017F;ie los, die fortwährenden<lb/>
Fragen, die teilnehmend &#x017F;ein &#x017F;ollten und doch &#x017F;o<lb/>
heuchleri&#x017F;ch waren, die hämi&#x017F;chen Blicke, die wider-<lb/>
wärtigen, kleinlichen, &#x017F;chamlo&#x017F;en Klat&#x017F;chereien &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
          <p>Aus ihrem Nach&#x017F;innen weckte &#x017F;ie der Ton, der den<lb/>
Eintritt eines Be&#x017F;uches durch das Gartenthor meldete.<lb/>
Sie hörte den Wagen vor der Veranda halten. Das<lb/>
war Ells Stimme, er &#x017F;prach mit Ma. Jsma &#x017F;trich<lb/>
über ihr Haar, &#x017F;ie warf einen Blick in den Spiegel<lb/>
und ärgerte &#x017F;ich über ihre Erregung. Gleich darauf<lb/>
trat Ell ein. Sie ging ihm lächelnd entgegen. Er<lb/>
blickte &#x017F;ie an.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Es geht Jhnen gut&#x201F;, &#x017F;agte er freudig. &#x201E;Sie<lb/>
&#x017F;ehen wieder fri&#x017F;ch und kräftig aus.&#x201F;</p><lb/>
          <p>Er hielt ihre Hände. Jn ihren Augen las er<lb/>
ihre Freude. Es war einer der Tage, an dem &#x017F;ie<lb/>
nicht verbergen konnte, wie lieb er ihr war. &#x201E;Jch<lb/>
weiß nicht&#x201F;, &#x017F;agte &#x017F;ie. &#x201E;Es geht mir eigentlich gar<lb/>
nicht gut. Jch kann von meinen Gedanken nicht los-<lb/>
kommen.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Dann kommen Sie mit mir, Jsma. Sie &#x017F;ollen<lb/>
etwas &#x017F;ehen, worauf wir &#x017F;chon lange warten. Das<lb/>
Retro&#x017F;pektiv i&#x017F;t glücklich einge&#x017F;tellt &#x2014; der Cairn i&#x017F;t<lb/>
gefunden &#x2014;&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Ach, Ell! Noch einmal die &#x017F;chreckliche Ge&#x017F;chichte!<lb/>
Jch bin ja leider dabei gewe&#x017F;en. Soll ich &#x017F;ie wirklich<lb/>
noch einmal &#x017F;ehen?&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Jch dachte, der Triumph der Technik würde Sie<lb/>
intere&#x017F;&#x017F;ieren. Jn die Vergangenheit zu blicken &#x2014;&#x201F;</p><lb/>
          <p>Jsma wollte eine abwei&#x017F;ende Antwort geben. Aber<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[125/0133] Das Retroſpektiv. Eines wenigſtens war ſie los, die fortwährenden Fragen, die teilnehmend ſein ſollten und doch ſo heuchleriſch waren, die hämiſchen Blicke, die wider- wärtigen, kleinlichen, ſchamloſen Klatſchereien — — Aus ihrem Nachſinnen weckte ſie der Ton, der den Eintritt eines Beſuches durch das Gartenthor meldete. Sie hörte den Wagen vor der Veranda halten. Das war Ells Stimme, er ſprach mit Ma. Jsma ſtrich über ihr Haar, ſie warf einen Blick in den Spiegel und ärgerte ſich über ihre Erregung. Gleich darauf trat Ell ein. Sie ging ihm lächelnd entgegen. Er blickte ſie an. „Es geht Jhnen gut‟, ſagte er freudig. „Sie ſehen wieder friſch und kräftig aus.‟ Er hielt ihre Hände. Jn ihren Augen las er ihre Freude. Es war einer der Tage, an dem ſie nicht verbergen konnte, wie lieb er ihr war. „Jch weiß nicht‟, ſagte ſie. „Es geht mir eigentlich gar nicht gut. Jch kann von meinen Gedanken nicht los- kommen.‟ „Dann kommen Sie mit mir, Jsma. Sie ſollen etwas ſehen, worauf wir ſchon lange warten. Das Retroſpektiv iſt glücklich eingeſtellt — der Cairn iſt gefunden —‟ „Ach, Ell! Noch einmal die ſchreckliche Geſchichte! Jch bin ja leider dabei geweſen. Soll ich ſie wirklich noch einmal ſehen?‟ „Jch dachte, der Triumph der Technik würde Sie intereſſieren. Jn die Vergangenheit zu blicken —‟ Jsma wollte eine abweiſende Antwort geben. Aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/133
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/133>, abgerufen am 04.05.2024.