wurden. Er aber merkte, wie das eigentümliche Ge- fühl des Schwindels, das ihn beherrscht hatte, ver- schwand, seine Gliedmaßen konnte er wieder normal dirigieren, und er legte sich behaglich auf sein Lager zurück.
Der Arzt sah ihn mit seinen großen, sprechenden Augen wohlwollend an.
"Also man ist wieder lebendig?" sagte er, was Saltner freilich nicht verstand. Dann fügte er in der Sprache der Eskimos hinzu: "Versteht ihr vielleicht diese Sprache?"
Saltner erriet die Frage und schüttelte den Kopf. Dagegen sagte er nunmehr selbst in der Sprache der Martier, was er von Se gelernt hatte:
"Trinken -- Wein -- Bat gut Wein trinken --"
Se brach in ihr feines, silbernes Lachen aus und Hil sagte belustigt: "Sie haben ja ausgezeichnete Fort- schritte gemacht -- nun werden wir uns wohl bald unterhalten können."
Dabei wies er auf das neben Saltner stehende Trinkgefäß hin, und dieser bediente sich desselben mit Erfolg zu neuer Stärkung.
Das Schicksal seiner Gefährten lag ihm am schwersten auf der Seele. Er versuchte noch einmal, darüber Erkundigungen einzuziehen, indem er einen Finger aufhob und dazu sagte: "Bat Saltner". Dann erhob er drei Finger und suchte durch weitere Zeichen ver- ständlich zu machen, daß drei "Bate" mit dem Ballon angekommen und herabgestürzt seien.
Hil, der zum ersten Male einen Europäer sah, hatte seine Aufmerkfamkeit mehr auf den ganzen
Sechſtes Kapitel.
wurden. Er aber merkte, wie das eigentümliche Ge- fühl des Schwindels, das ihn beherrſcht hatte, ver- ſchwand, ſeine Gliedmaßen konnte er wieder normal dirigieren, und er legte ſich behaglich auf ſein Lager zurück.
Der Arzt ſah ihn mit ſeinen großen, ſprechenden Augen wohlwollend an.
„Alſo man iſt wieder lebendig?‟ ſagte er, was Saltner freilich nicht verſtand. Dann fügte er in der Sprache der Eskimos hinzu: „Verſteht ihr vielleicht dieſe Sprache?‟
Saltner erriet die Frage und ſchüttelte den Kopf. Dagegen ſagte er nunmehr ſelbſt in der Sprache der Martier, was er von Se gelernt hatte:
„Trinken — Wein — Bat gut Wein trinken —‟
Se brach in ihr feines, ſilbernes Lachen aus und Hil ſagte beluſtigt: „Sie haben ja ausgezeichnete Fort- ſchritte gemacht — nun werden wir uns wohl bald unterhalten können.‟
Dabei wies er auf das neben Saltner ſtehende Trinkgefäß hin, und dieſer bediente ſich desſelben mit Erfolg zu neuer Stärkung.
Das Schickſal ſeiner Gefährten lag ihm am ſchwerſten auf der Seele. Er verſuchte noch einmal, darüber Erkundigungen einzuziehen, indem er einen Finger aufhob und dazu ſagte: „Bat Saltner‟. Dann erhob er drei Finger und ſuchte durch weitere Zeichen ver- ſtändlich zu machen, daß drei „Bate‟ mit dem Ballon angekommen und herabgeſtürzt ſeien.
Hil, der zum erſten Male einen Europäer ſah, hatte ſeine Aufmerkfamkeit mehr auf den ganzen
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Sechſtes Kapitel.
wurden. Er aber merkte, wie das eigentümliche Ge-
fühl des Schwindels, das ihn beherrſcht hatte, ver-
ſchwand, ſeine Gliedmaßen konnte er wieder normal
dirigieren, und er legte ſich behaglich auf ſein Lager zurück.
Der Arzt ſah ihn mit ſeinen großen, ſprechenden
Augen wohlwollend an.
„Alſo man iſt wieder lebendig?‟ ſagte er, was
Saltner freilich nicht verſtand. Dann fügte er in der
Sprache der Eskimos hinzu: „Verſteht ihr vielleicht
dieſe Sprache?‟
Saltner erriet die Frage und ſchüttelte den Kopf.
Dagegen ſagte er nunmehr ſelbſt in der Sprache der
Martier, was er von Se gelernt hatte:
„Trinken — Wein — Bat gut Wein trinken —‟
Se brach in ihr feines, ſilbernes Lachen aus und
Hil ſagte beluſtigt: „Sie haben ja ausgezeichnete Fort-
ſchritte gemacht — nun werden wir uns wohl bald
unterhalten können.‟
Dabei wies er auf das neben Saltner ſtehende
Trinkgefäß hin, und dieſer bediente ſich desſelben mit
Erfolg zu neuer Stärkung.
Das Schickſal ſeiner Gefährten lag ihm am ſchwerſten
auf der Seele. Er verſuchte noch einmal, darüber
Erkundigungen einzuziehen, indem er einen Finger
aufhob und dazu ſagte: „Bat Saltner‟. Dann erhob
er drei Finger und ſuchte durch weitere Zeichen ver-
ſtändlich zu machen, daß drei „Bate‟ mit dem Ballon
angekommen und herabgeſtürzt ſeien.
Hil, der zum erſten Male einen Europäer ſah,
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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/92>, abgerufen am 23.07.2024.
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