unbedeckt. Darunter aber schimmerten die Formen des Körpers wie in einen glänzenden Harnisch ge- kleidet; denn in der That bestand das eng anschließende Kleid aus einem metallischen Gewebe, das, obgleich es sich jeder Bewegung auf das bequemste anpaßte und dem leichtesten Drucke nachgab, doch einen Panzer von größter Widerstandsfähigkeit bildete.
Das Buch, welches La der Bibliothek entnommen hatte, besaß wie alle Bücher der Martier, die Form einer großen Schiefertafel, und wurde an einem Hand- griff ähnlich wie ein Fächer gehalten, so daß die längere Seite der Tafel nach unten lag. Ein Druck mit dem Finger auf diesen Griff bewirkte, daß das Buch nach oben aufklappte, und auf jeden weiteren Druck legte sich Seite auf Seite von unten nach oben um. Man bedurfte auf diese Weise nur einer Hand, um das Buch zu halten, umzublättern und jede be- liebige Seite festzulegen.
La schien es mit ihrem Studium nicht eilig zu haben. Sie hielt das Buch geschlossen in der nach- lässig herabhängenden Hand und gab sich ihren Ge- danken hin. Nach einiger Zeit begann sie die Lippen zu bewegen und Laute vor sich hin zu sagen, die ihr offenbar nicht geringe Mühe machten. Mitunter lachte sie leise vor sich hin, wenn ihr eines der unge- wohnten Worte nicht über die Lippen wollte, oder es lief momentan ein Ausdruck der Ungeduld über ihre Züge. Sie repetierte ein Pensum, das sie für sich er- lernt hatte. Aber nun blieb sie ganz stecken und sann eine Weile nach. Dann sagte sie für sich:
Fünftes Kapitel.
unbedeckt. Darunter aber ſchimmerten die Formen des Körpers wie in einen glänzenden Harniſch ge- kleidet; denn in der That beſtand das eng anſchließende Kleid aus einem metalliſchen Gewebe, das, obgleich es ſich jeder Bewegung auf das bequemſte anpaßte und dem leichteſten Drucke nachgab, doch einen Panzer von größter Widerſtandsfähigkeit bildete.
Das Buch, welches La der Bibliothek entnommen hatte, beſaß wie alle Bücher der Martier, die Form einer großen Schiefertafel, und wurde an einem Hand- griff ähnlich wie ein Fächer gehalten, ſo daß die längere Seite der Tafel nach unten lag. Ein Druck mit dem Finger auf dieſen Griff bewirkte, daß das Buch nach oben aufklappte, und auf jeden weiteren Druck legte ſich Seite auf Seite von unten nach oben um. Man bedurfte auf dieſe Weiſe nur einer Hand, um das Buch zu halten, umzublättern und jede be- liebige Seite feſtzulegen.
La ſchien es mit ihrem Studium nicht eilig zu haben. Sie hielt das Buch geſchloſſen in der nach- läſſig herabhängenden Hand und gab ſich ihren Ge- danken hin. Nach einiger Zeit begann ſie die Lippen zu bewegen und Laute vor ſich hin zu ſagen, die ihr offenbar nicht geringe Mühe machten. Mitunter lachte ſie leiſe vor ſich hin, wenn ihr eines der unge- wohnten Worte nicht über die Lippen wollte, oder es lief momentan ein Ausdruck der Ungeduld über ihre Züge. Sie repetierte ein Penſum, das ſie für ſich er- lernt hatte. Aber nun blieb ſie ganz ſtecken und ſann eine Weile nach. Dann ſagte ſie für ſich:
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0072"n="64"/><fwplace="top"type="header">Fünftes Kapitel.</fw><lb/>
unbedeckt. Darunter aber ſchimmerten die Formen<lb/>
des Körpers wie in einen glänzenden Harniſch ge-<lb/>
kleidet; denn in der That beſtand das eng anſchließende<lb/>
Kleid aus einem metalliſchen Gewebe, das, obgleich es<lb/>ſich jeder Bewegung auf das bequemſte anpaßte und<lb/>
dem leichteſten Drucke nachgab, doch einen Panzer von<lb/>
größter Widerſtandsfähigkeit bildete.</p><lb/><p>Das Buch, welches La der Bibliothek entnommen<lb/>
hatte, beſaß wie alle Bücher der Martier, die Form<lb/>
einer großen Schiefertafel, und wurde an einem Hand-<lb/>
griff ähnlich wie ein Fächer gehalten, ſo daß die<lb/>
längere Seite der Tafel nach unten lag. Ein Druck<lb/>
mit dem Finger auf dieſen Griff bewirkte, daß das<lb/>
Buch nach oben aufklappte, und auf jeden weiteren<lb/>
Druck legte ſich Seite auf Seite von unten nach oben<lb/>
um. Man bedurfte auf dieſe Weiſe nur einer Hand,<lb/>
um das Buch zu halten, umzublättern und jede be-<lb/>
liebige Seite feſtzulegen.</p><lb/><p>La ſchien es mit ihrem Studium nicht eilig zu<lb/>
haben. Sie hielt das Buch geſchloſſen in der nach-<lb/>
läſſig herabhängenden Hand und gab ſich ihren Ge-<lb/>
danken hin. Nach einiger Zeit begann ſie die Lippen<lb/>
zu bewegen und Laute vor ſich hin zu ſagen, die ihr<lb/>
offenbar nicht geringe Mühe machten. Mitunter<lb/>
lachte ſie leiſe vor ſich hin, wenn ihr eines der unge-<lb/>
wohnten Worte nicht über die Lippen wollte, oder es<lb/>
lief momentan ein Ausdruck der Ungeduld über ihre<lb/>
Züge. Sie repetierte ein Penſum, das ſie für ſich er-<lb/>
lernt hatte. Aber nun blieb ſie ganz ſtecken und ſann<lb/>
eine Weile nach. Dann ſagte ſie für ſich:</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[64/0072]
Fünftes Kapitel.
unbedeckt. Darunter aber ſchimmerten die Formen
des Körpers wie in einen glänzenden Harniſch ge-
kleidet; denn in der That beſtand das eng anſchließende
Kleid aus einem metalliſchen Gewebe, das, obgleich es
ſich jeder Bewegung auf das bequemſte anpaßte und
dem leichteſten Drucke nachgab, doch einen Panzer von
größter Widerſtandsfähigkeit bildete.
Das Buch, welches La der Bibliothek entnommen
hatte, beſaß wie alle Bücher der Martier, die Form
einer großen Schiefertafel, und wurde an einem Hand-
griff ähnlich wie ein Fächer gehalten, ſo daß die
längere Seite der Tafel nach unten lag. Ein Druck
mit dem Finger auf dieſen Griff bewirkte, daß das
Buch nach oben aufklappte, und auf jeden weiteren
Druck legte ſich Seite auf Seite von unten nach oben
um. Man bedurfte auf dieſe Weiſe nur einer Hand,
um das Buch zu halten, umzublättern und jede be-
liebige Seite feſtzulegen.
La ſchien es mit ihrem Studium nicht eilig zu
haben. Sie hielt das Buch geſchloſſen in der nach-
läſſig herabhängenden Hand und gab ſich ihren Ge-
danken hin. Nach einiger Zeit begann ſie die Lippen
zu bewegen und Laute vor ſich hin zu ſagen, die ihr
offenbar nicht geringe Mühe machten. Mitunter
lachte ſie leiſe vor ſich hin, wenn ihr eines der unge-
wohnten Worte nicht über die Lippen wollte, oder es
lief momentan ein Ausdruck der Ungeduld über ihre
Züge. Sie repetierte ein Penſum, das ſie für ſich er-
lernt hatte. Aber nun blieb ſie ganz ſtecken und ſann
eine Weile nach. Dann ſagte ſie für ſich:
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/72>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.