Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Zwischen Erde und Mars.
dem Mitt eine Berechnung gemacht und gefunden
hatte, daß wir unter günstigen Umständen gerade
auskommen könnten. Wären wir nämlich nach dem
Mars gegangen, und wäre von dort sofort ein neu
ausgerüstetes Schiff nach der Erde geschickt worden,
so hätte doch erst im nächsten Frühjahr den Zurück-
gebliebenen Hilfe gebracht werden können. Daß sie
aber den Polarwinter auf der Erde nicht überstehen
konnten, war gewiß.

Alle diese Ueberlegungen, insbesondere die genauere
Berechnung und ihre wiederholte Prüfung, hatten
längere Zeit in Anspruch genommen.

Seitdem wir die Atmosphäre der Erde verlassen
und in der Richtung der Tangente der Erdbahn uns
bewegten, mochten etwa sechs Stunden vergangen sein.
Obwohl wir in dieser Zeit einen Weg von über
600 000 Kilometer zurückgelegt hatten, waren wir
doch von der Erde selbst, die ja in gleicher Richtung
auf ihrer Bahn hinlief, noch kaum 1500 Kilometer
entfernt. Wenn wir uns jetzt volle Schwere gaben,
konnten wir sie in kurzer Zeit wieder erreichen, und
es kam darauf an, uns durch einen mäßigen Korrektur-
schuß eine solche seitliche Geschwindigkeit zu erteilen,
daß wir nach dem Pole gelangten.

Die äußere Kugelhülle unseres Schiffes, in welcher
sich die innere Kugel fast ohne Reibung nach jeder
Richtung drehen kann, hatte natürlich durch die Aben-
teuer, die wir bei der Abfahrt und in der Atmosphäre
erlebten, eine starke Rotation erhalten. Wir hatten
bereits zu unserm großen Mißbehagen bemerkt, daß

Zwiſchen Erde und Mars.
dem Mitt eine Berechnung gemacht und gefunden
hatte, daß wir unter günſtigen Umſtänden gerade
auskommen könnten. Wären wir nämlich nach dem
Mars gegangen, und wäre von dort ſofort ein neu
ausgerüſtetes Schiff nach der Erde geſchickt worden,
ſo hätte doch erſt im nächſten Frühjahr den Zurück-
gebliebenen Hilfe gebracht werden können. Daß ſie
aber den Polarwinter auf der Erde nicht überſtehen
konnten, war gewiß.

Alle dieſe Ueberlegungen, insbeſondere die genauere
Berechnung und ihre wiederholte Prüfung, hatten
längere Zeit in Anſpruch genommen.

Seitdem wir die Atmoſphäre der Erde verlaſſen
und in der Richtung der Tangente der Erdbahn uns
bewegten, mochten etwa ſechs Stunden vergangen ſein.
Obwohl wir in dieſer Zeit einen Weg von über
600 000 Kilometer zurückgelegt hatten, waren wir
doch von der Erde ſelbſt, die ja in gleicher Richtung
auf ihrer Bahn hinlief, noch kaum 1500 Kilometer
entfernt. Wenn wir uns jetzt volle Schwere gaben,
konnten wir ſie in kurzer Zeit wieder erreichen, und
es kam darauf an, uns durch einen mäßigen Korrektur-
ſchuß eine ſolche ſeitliche Geſchwindigkeit zu erteilen,
daß wir nach dem Pole gelangten.

Die äußere Kugelhülle unſeres Schiffes, in welcher
ſich die innere Kugel faſt ohne Reibung nach jeder
Richtung drehen kann, hatte natürlich durch die Aben-
teuer, die wir bei der Abfahrt und in der Atmoſphäre
erlebten, eine ſtarke Rotation erhalten. Wir hatten
bereits zu unſerm großen Mißbehagen bemerkt, daß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0213" n="205"/><fw place="top" type="header">Zwi&#x017F;chen Erde und Mars.</fw><lb/>
dem Mitt eine Berechnung gemacht und gefunden<lb/>
hatte, daß wir unter gün&#x017F;tigen Um&#x017F;tänden gerade<lb/>
auskommen könnten. Wären wir nämlich nach dem<lb/>
Mars gegangen, und wäre von dort &#x017F;ofort ein neu<lb/>
ausgerü&#x017F;tetes Schiff nach der Erde ge&#x017F;chickt worden,<lb/>
&#x017F;o hätte doch er&#x017F;t im näch&#x017F;ten Frühjahr den Zurück-<lb/>
gebliebenen Hilfe gebracht werden können. Daß &#x017F;ie<lb/>
aber den Polarwinter auf der Erde nicht über&#x017F;tehen<lb/>
konnten, war gewiß.</p><lb/>
          <p>Alle die&#x017F;e Ueberlegungen, insbe&#x017F;ondere die genauere<lb/>
Berechnung und ihre wiederholte Prüfung, hatten<lb/>
längere Zeit in An&#x017F;pruch genommen.</p><lb/>
          <p>Seitdem wir die Atmo&#x017F;phäre der Erde verla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
und in der Richtung der Tangente der Erdbahn uns<lb/>
bewegten, mochten etwa &#x017F;echs Stunden vergangen &#x017F;ein.<lb/>
Obwohl wir in die&#x017F;er Zeit einen Weg von über<lb/>
600 000 Kilometer zurückgelegt hatten, waren wir<lb/>
doch von der Erde &#x017F;elb&#x017F;t, die ja in gleicher Richtung<lb/>
auf ihrer Bahn hinlief, noch kaum 1500 Kilometer<lb/>
entfernt. Wenn wir uns jetzt volle Schwere gaben,<lb/>
konnten wir &#x017F;ie in kurzer Zeit wieder erreichen, und<lb/>
es kam darauf an, uns durch einen mäßigen Korrektur-<lb/>
&#x017F;chuß eine &#x017F;olche &#x017F;eitliche Ge&#x017F;chwindigkeit zu erteilen,<lb/>
daß wir nach dem Pole gelangten.</p><lb/>
          <p>Die äußere Kugelhülle un&#x017F;eres Schiffes, in welcher<lb/>
&#x017F;ich die innere Kugel fa&#x017F;t ohne Reibung nach jeder<lb/>
Richtung drehen kann, hatte natürlich durch die Aben-<lb/>
teuer, die wir bei der Abfahrt und in der Atmo&#x017F;phäre<lb/>
erlebten, eine &#x017F;tarke Rotation erhalten. Wir hatten<lb/>
bereits zu un&#x017F;erm großen Mißbehagen bemerkt, daß<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0213] Zwiſchen Erde und Mars. dem Mitt eine Berechnung gemacht und gefunden hatte, daß wir unter günſtigen Umſtänden gerade auskommen könnten. Wären wir nämlich nach dem Mars gegangen, und wäre von dort ſofort ein neu ausgerüſtetes Schiff nach der Erde geſchickt worden, ſo hätte doch erſt im nächſten Frühjahr den Zurück- gebliebenen Hilfe gebracht werden können. Daß ſie aber den Polarwinter auf der Erde nicht überſtehen konnten, war gewiß. Alle dieſe Ueberlegungen, insbeſondere die genauere Berechnung und ihre wiederholte Prüfung, hatten längere Zeit in Anſpruch genommen. Seitdem wir die Atmoſphäre der Erde verlaſſen und in der Richtung der Tangente der Erdbahn uns bewegten, mochten etwa ſechs Stunden vergangen ſein. Obwohl wir in dieſer Zeit einen Weg von über 600 000 Kilometer zurückgelegt hatten, waren wir doch von der Erde ſelbſt, die ja in gleicher Richtung auf ihrer Bahn hinlief, noch kaum 1500 Kilometer entfernt. Wenn wir uns jetzt volle Schwere gaben, konnten wir ſie in kurzer Zeit wieder erreichen, und es kam darauf an, uns durch einen mäßigen Korrektur- ſchuß eine ſolche ſeitliche Geſchwindigkeit zu erteilen, daß wir nach dem Pole gelangten. Die äußere Kugelhülle unſeres Schiffes, in welcher ſich die innere Kugel faſt ohne Reibung nach jeder Richtung drehen kann, hatte natürlich durch die Aben- teuer, die wir bei der Abfahrt und in der Atmoſphäre erlebten, eine ſtarke Rotation erhalten. Wir hatten bereits zu unſerm großen Mißbehagen bemerkt, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/213
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/213>, abgerufen am 04.05.2024.