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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Wilhelm von Conches: Die kleinsten Teilchen.
Trinitätsdogma und seine Erklärung des mosaischen Schöpfungs-
berichts über das erste Menschenpaar. Die ihm vorgeworfene
Annahme einer Weltseele ließ er schweigend fallen; er verwahrte
sich dagegen, daß man seine Atomenlehre mit jener Epikurs
zusammenwerfe, und erklärte, daß er, "soweit dies immerhin auf
christlichem Standpunkte möglich sei, es mit Platon halten wolle."
Gegenüber dem, was er in seiner Jugend geschrieben, solle sein
jetziges Buch eine Verbesserung seines Irrtums geben. "Sonst
unterscheidet sich diese letzte Schrift Wilhelm von Conches',
von ihrer dialogischen Form abgesehen, kaum von seinen
Elementis philosophiae."1

In diesen Elementis philosophiae, welche auch unter dem
Titel Philosophia mundi vorliegen,2 behandelt Wilhelm von
Conches
im 1. Buche einige allgemeine metaphysische, natur-
philosophische und theologische Fragen, während er in den
drei folgenden die spezielle damalige Physik, d. h. Astronomie,
Meteorologie und die Lehre vom Menschen, vom Äther zur
Erde herabsteigend, in Kürze darstellt. Er stellt es als einen
Grundsatz auf, daß die Natur die Gegensätze fliehe, das
Ähnliche aber zu vereinigen strebe. Über die Natur der
sichtbaren Körper wolle er jedoch nur einige Vermutungen
oder Wahrscheinliches vortragen und nicht behaupten, daß
seine Annahmen notwendige seien. Alle Körper bestehen aus
Elementen.3 Unter einem Elemente aber hat man das ein-
fachste
und kleinste Teilchen eines Körpers zu verstehen;
einfach in Beziehung auf die Qualität, minimal in Beziehung
auf die Quantität. Diese Elementarteilchen -- den Ausdruck
"Atome" vermeidet Wilhelm -- sind unsichtbar und nur ver-
möge des Begriffs der Teilung im Denken zu erfassen.

1 Nach Werner, Wiener Sitzungsberichte, hist.-philos. Klasse. Bd. 75. S.
310, 311.
2 Vgl. Haureau, Hist. de la phil. scol. I. p. 432. Sie ist u. a. abge-
druckt unter dem Titel #, sive elementorum philosophiae libri
quatuor
in Bedas Werken, Colon. Agripp 1688, T. II, f. 206 ff., wonach ich
citiere. Das größere Werk Wilhelms de Conchis "Magna de naturis philo-
sophia"
(1474 erschienen) ist gegenwärtig nicht mehr zu finden. S. Werner,
a. a. O. S. 309. Überweg-Heinze, II S. 175.
3 Elem. philos. A. a. O. p. 209. Omnia corpora ex elementis constant ..
Elementum vero ut definiunt philosophi, est simpla et minima alicujus corporis
particula; simpla ad qualitatem, minima ad quantitatem.

Wilhelm von Conches: Die kleinsten Teilchen.
Trinitätsdogma und seine Erklärung des mosaischen Schöpfungs-
berichts über das erste Menschenpaar. Die ihm vorgeworfene
Annahme einer Weltseele ließ er schweigend fallen; er verwahrte
sich dagegen, daß man seine Atomenlehre mit jener Epikurs
zusammenwerfe, und erklärte, daß er, „soweit dies immerhin auf
christlichem Standpunkte möglich sei, es mit Platon halten wolle.‟
Gegenüber dem, was er in seiner Jugend geschrieben, solle sein
jetziges Buch eine Verbesserung seines Irrtums geben. „Sonst
unterscheidet sich diese letzte Schrift Wilhelm von Conches’,
von ihrer dialogischen Form abgesehen, kaum von seinen
Elementis philosophiae.‟1

In diesen Elementis philosophiae, welche auch unter dem
Titel Philosophia mundi vorliegen,2 behandelt Wilhelm von
Conches
im 1. Buche einige allgemeine metaphysische, natur-
philosophische und theologische Fragen, während er in den
drei folgenden die spezielle damalige Physik, d. h. Astronomie,
Meteorologie und die Lehre vom Menschen, vom Äther zur
Erde herabsteigend, in Kürze darstellt. Er stellt es als einen
Grundsatz auf, daß die Natur die Gegensätze fliehe, das
Ähnliche aber zu vereinigen strebe. Über die Natur der
sichtbaren Körper wolle er jedoch nur einige Vermutungen
oder Wahrscheinliches vortragen und nicht behaupten, daß
seine Annahmen notwendige seien. Alle Körper bestehen aus
Elementen.3 Unter einem Elemente aber hat man das ein-
fachste
und kleinste Teilchen eines Körpers zu verstehen;
einfach in Beziehung auf die Qualität, minimal in Beziehung
auf die Quantität. Diese Elementarteilchen — den Ausdruck
„Atome‟ vermeidet Wilhelm — sind unsichtbar und nur ver-
möge des Begriffs der Teilung im Denken zu erfassen.

1 Nach Werner, Wiener Sitzungsberichte, hist.-philos. Klasse. Bd. 75. S.
310, 311.
2 Vgl. Hauréau, Hist. de la phil. scol. I. p. 432. Sie ist u. a. abge-
druckt unter dem Titel #, sive elementorum philosophiae libri
quatuor
in Bedas Werken, Colon. Agripp 1688, T. II, f. 206 ff., wonach ich
citiere. Das größere Werk Wilhelms de Conchis „Magna de naturis philo-
sophia‟
(1474 erschienen) ist gegenwärtig nicht mehr zu finden. S. Werner,
a. a. O. S. 309. Überweg-Heinze, II S. 175.
3 Elem. philos. A. a. O. p. 209. Omnia corpora ex elementis constant ..
Elementum vero ut definiunt philosophi, est simpla et minima alicujus corporis
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[74/0092] Wilhelm von Conches: Die kleinsten Teilchen. Trinitätsdogma und seine Erklärung des mosaischen Schöpfungs- berichts über das erste Menschenpaar. Die ihm vorgeworfene Annahme einer Weltseele ließ er schweigend fallen; er verwahrte sich dagegen, daß man seine Atomenlehre mit jener Epikurs zusammenwerfe, und erklärte, daß er, „soweit dies immerhin auf christlichem Standpunkte möglich sei, es mit Platon halten wolle.‟ Gegenüber dem, was er in seiner Jugend geschrieben, solle sein jetziges Buch eine Verbesserung seines Irrtums geben. „Sonst unterscheidet sich diese letzte Schrift Wilhelm von Conches’, von ihrer dialogischen Form abgesehen, kaum von seinen Elementis philosophiae.‟ 1 In diesen Elementis philosophiae, welche auch unter dem Titel Philosophia mundi vorliegen, 2 behandelt Wilhelm von Conches im 1. Buche einige allgemeine metaphysische, natur- philosophische und theologische Fragen, während er in den drei folgenden die spezielle damalige Physik, d. h. Astronomie, Meteorologie und die Lehre vom Menschen, vom Äther zur Erde herabsteigend, in Kürze darstellt. Er stellt es als einen Grundsatz auf, daß die Natur die Gegensätze fliehe, das Ähnliche aber zu vereinigen strebe. Über die Natur der sichtbaren Körper wolle er jedoch nur einige Vermutungen oder Wahrscheinliches vortragen und nicht behaupten, daß seine Annahmen notwendige seien. Alle Körper bestehen aus Elementen. 3 Unter einem Elemente aber hat man das ein- fachste und kleinste Teilchen eines Körpers zu verstehen; einfach in Beziehung auf die Qualität, minimal in Beziehung auf die Quantität. Diese Elementarteilchen — den Ausdruck „Atome‟ vermeidet Wilhelm — sind unsichtbar und nur ver- möge des Begriffs der Teilung im Denken zu erfassen. 1 Nach Werner, Wiener Sitzungsberichte, hist.-philos. Klasse. Bd. 75. S. 310, 311. 2 Vgl. Hauréau, Hist. de la phil. scol. I. p. 432. Sie ist u. a. abge- druckt unter dem Titel #, sive elementorum philosophiae libri quatuor in Bedas Werken, Colon. Agripp 1688, T. II, f. 206 ff., wonach ich citiere. Das größere Werk Wilhelms de Conchis „Magna de naturis philo- sophia‟ (1474 erschienen) ist gegenwärtig nicht mehr zu finden. S. Werner, a. a. O. S. 309. Überweg-Heinze, II S. 175. 3 Elem. philos. A. a. O. p. 209. Omnia corpora ex elementis constant .. Elementum vero ut definiunt philosophi, est simpla et minima alicujus corporis particula; simpla ad qualitatem, minima ad quantitatem.

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/92>, abgerufen am 25.11.2024.