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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Magnenus: Gestalt der Atome.
lischen Begriff der Form zurückgeführt. Sie besitzen einen
innern Drang nach Vereinigung, eine innere Zielstrebigkeit,
welche auf die Verbindung zum Kompositum gerichtet ist. Sie
ruhen nur dann, wenn sie untereinander verbunden sind.1
Diese Verwandtschaft der Atome zu einander besteht besonders
zwischen Atomen verschiedener Art, jedoch verbinden sich
auch Atome einer Art untereinander, Erdatome mit Erdatomen.
Nur für die Feueratome erscheint es zweifelhaft, ob diese sich
untereinander verbinden, weil sie kugelförmig sind. Gegen
ihre Verbindung spricht die Thatsache, daß wir zwar Wasser,
Luft und Erde in dauernden Massen, nicht aber ebenso be-
ständiges Feuer besitzen. Jedes Atom hat seine bestimmte
Gestalt. Nach einer Betrachtung über die stetige Erfüllung
des Raumes durch ebenflächige Körper untersucht Magnenus,2
angeblich nach Demokrit, die vermeintliche Gestalt der ein-
fachen Atome und kommt dabei, gestützt auf sehr willkürliche
und phrasenhafte Argumente, zu folgendem Resultat. Die
Feueratome sind ursprünglich sphärisch, können aber per accidens
auch irgend eine andre Gestalt annehmen nach Maßgabe der
substanziellen Formen und des natürlichen Vorteils. Die Erd-
atome sind ursprünglich kubisch und ändern ihre Gestalt nicht,
weil sie die festesten sind. Die Wasseratome können jede Ge-
stalt annehmen, werden aber, sich selbst überlassen, sphärisch.
Die Luftatome sind indifferent gegen jede Gestalt, per accidens
sammeln sie sich in Kugelform.

Auf diese Fähigkeit der Atome, ihre Gestalt ändern zu
können, gründet sich die physikalische Theorie des Magnenus,
die in der That einen eigentümlichen, wenn auch auf unklaren
Vorstellungen beruhenden Gedanken enthält. Obwohl die Ge-
stalt der Atome wandelbar ist, hält Magnenus an der Einfach-
heit, Undurchdringlichkeit und Unveränderlichkeit des Atoms
fest, soweit die letztere sich auf Masse und Quantität bezieht.
Er stellt sich nämlich vor, daß zwar das Volumen eines Atoms
eine ursprünglich und unveränderlich gegebene Größe sei, daß
jedoch durch Veränderung der Figur eine unübersehbare Man-
nigfaltigkeit von Formen ein und desselben Atoms entstehen
könne, welche verschieden große Räume einnähmen.

1 A. a. O. p. 210.
2 A. a. O. Prop. XXVII--XXX p. 230--259.

Magnenus: Gestalt der Atome.
lischen Begriff der Form zurückgeführt. Sie besitzen einen
innern Drang nach Vereinigung, eine innere Zielstrebigkeit,
welche auf die Verbindung zum Kompositum gerichtet ist. Sie
ruhen nur dann, wenn sie untereinander verbunden sind.1
Diese Verwandtschaft der Atome zu einander besteht besonders
zwischen Atomen verschiedener Art, jedoch verbinden sich
auch Atome einer Art untereinander, Erdatome mit Erdatomen.
Nur für die Feueratome erscheint es zweifelhaft, ob diese sich
untereinander verbinden, weil sie kugelförmig sind. Gegen
ihre Verbindung spricht die Thatsache, daß wir zwar Wasser,
Luft und Erde in dauernden Massen, nicht aber ebenso be-
ständiges Feuer besitzen. Jedes Atom hat seine bestimmte
Gestalt. Nach einer Betrachtung über die stetige Erfüllung
des Raumes durch ebenflächige Körper untersucht Magnenus,2
angeblich nach Demokrit, die vermeintliche Gestalt der ein-
fachen Atome und kommt dabei, gestützt auf sehr willkürliche
und phrasenhafte Argumente, zu folgendem Resultat. Die
Feueratome sind ursprünglich sphärisch, können aber per accidens
auch irgend eine andre Gestalt annehmen nach Maßgabe der
substanziellen Formen und des natürlichen Vorteils. Die Erd-
atome sind ursprünglich kubisch und ändern ihre Gestalt nicht,
weil sie die festesten sind. Die Wasseratome können jede Ge-
stalt annehmen, werden aber, sich selbst überlassen, sphärisch.
Die Luftatome sind indifferent gegen jede Gestalt, per accidens
sammeln sie sich in Kugelform.

Auf diese Fähigkeit der Atome, ihre Gestalt ändern zu
können, gründet sich die physikalische Theorie des Magnenus,
die in der That einen eigentümlichen, wenn auch auf unklaren
Vorstellungen beruhenden Gedanken enthält. Obwohl die Ge-
stalt der Atome wandelbar ist, hält Magnenus an der Einfach-
heit, Undurchdringlichkeit und Unveränderlichkeit des Atoms
fest, soweit die letztere sich auf Masse und Quantität bezieht.
Er stellt sich nämlich vor, daß zwar das Volumen eines Atoms
eine ursprünglich und unveränderlich gegebene Größe sei, daß
jedoch durch Veränderung der Figur eine unübersehbare Man-
nigfaltigkeit von Formen ein und desselben Atoms entstehen
könne, welche verschieden große Räume einnähmen.

1 A. a. O. p. 210.
2 A. a. O. Prop. XXVII—XXX p. 230—259.
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[506/0524] Magnenus: Gestalt der Atome. lischen Begriff der Form zurückgeführt. Sie besitzen einen innern Drang nach Vereinigung, eine innere Zielstrebigkeit, welche auf die Verbindung zum Kompositum gerichtet ist. Sie ruhen nur dann, wenn sie untereinander verbunden sind. 1 Diese Verwandtschaft der Atome zu einander besteht besonders zwischen Atomen verschiedener Art, jedoch verbinden sich auch Atome einer Art untereinander, Erdatome mit Erdatomen. Nur für die Feueratome erscheint es zweifelhaft, ob diese sich untereinander verbinden, weil sie kugelförmig sind. Gegen ihre Verbindung spricht die Thatsache, daß wir zwar Wasser, Luft und Erde in dauernden Massen, nicht aber ebenso be- ständiges Feuer besitzen. Jedes Atom hat seine bestimmte Gestalt. Nach einer Betrachtung über die stetige Erfüllung des Raumes durch ebenflächige Körper untersucht Magnenus, 2 angeblich nach Demokrit, die vermeintliche Gestalt der ein- fachen Atome und kommt dabei, gestützt auf sehr willkürliche und phrasenhafte Argumente, zu folgendem Resultat. Die Feueratome sind ursprünglich sphärisch, können aber per accidens auch irgend eine andre Gestalt annehmen nach Maßgabe der substanziellen Formen und des natürlichen Vorteils. Die Erd- atome sind ursprünglich kubisch und ändern ihre Gestalt nicht, weil sie die festesten sind. Die Wasseratome können jede Ge- stalt annehmen, werden aber, sich selbst überlassen, sphärisch. Die Luftatome sind indifferent gegen jede Gestalt, per accidens sammeln sie sich in Kugelform. Auf diese Fähigkeit der Atome, ihre Gestalt ändern zu können, gründet sich die physikalische Theorie des Magnenus, die in der That einen eigentümlichen, wenn auch auf unklaren Vorstellungen beruhenden Gedanken enthält. Obwohl die Ge- stalt der Atome wandelbar ist, hält Magnenus an der Einfach- heit, Undurchdringlichkeit und Unveränderlichkeit des Atoms fest, soweit die letztere sich auf Masse und Quantität bezieht. Er stellt sich nämlich vor, daß zwar das Volumen eines Atoms eine ursprünglich und unveränderlich gegebene Größe sei, daß jedoch durch Veränderung der Figur eine unübersehbare Man- nigfaltigkeit von Formen ein und desselben Atoms entstehen könne, welche verschieden große Räume einnähmen. 1 A. a. O. p. 210. 2 A. a. O. Prop. XXVII—XXX p. 230—259.

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/524>, abgerufen am 25.11.2024.