Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

Magnenus: Bewegung und Größe der Atome.
Atome in dem oben beschriebenen Sinne.1 Die Elementar-
atome haben besondere Eigenschaften. Die Feueratome sind
warm und unter gewissen Bedingungen auch leuchtend; die
Wasseratome feucht und durchsichtig, die Erdatome kalt und
in der Regel undurchsichtig, unter Umständen aber auch durch-
sichtig. Die Luftatome sind ohne bestimmte Eigenschaften,
vielmehr fähig, jede Eigenschaft anzunehmen; sie erfüllen die
Poren und verhindern das Vacuum. Die Atome der organischen
Körper oder zusammengesetzten Verbindungen werden besser
als natürliche Minima bezeichnet und sind kleine, ungleichartig
beschaffene Teilchen, die nur unter Umständen teilbar sind,
nämlich so lange ihnen dieselbe Forma bleibt. Partikeln
zweiter Art gibt es unbestimmt viele nach Zahl, Gestalt und
Größe, wie die der Löwen, der Elefanten, der Perle etc. etc.

Die Bewegungen der Atome sind dreifach; auf Grund des
Universums vom Centrum zur Peripherie und umgekehrt; auf
Grund des Vacuums, zur Vermeidung desselben und als Folge
der Undurchdringlichkeit; auf Grund der Verbindung in allen
Richtungen (vgl. S. 503). Über die Sympathien unter den
Atomen wird allerlei gefabelt. Über die Größe der Atome
werden verschiedene Vermutungen angestellt. Sinnlich sind sie
nicht wahrnehmbar; hierbei wird die vielfach angezogene Be-
trachtung über die Insekten (s. S. 369, 407, 443, 469) erörtert und
dabei Plinius erwähnt. Die Ausdehnung des Weihrauchs wird
mit Anführung von Zahlen untersucht, aber schließlich einge-
standen, daß man über die Größe der Atome nur Vermutungen
habe und niemand wissen könne, ob die Feueratome größer
oder kleiner als die Erd- und Wasseratome seien, und der-
gleichen.2 Die Luftatome haben die Eigenschaft, sich niemals
mit andern zu vereinigen. Magnenus glaubt, daß es keinen
Luftwiderstand gibt und neigt sich daher zu der Ansicht, daß
die Luftatome nicht zusammenhängen, sondern sich nur be-
rühren.3

Die Vereinigung der Atome wird wieder auf den aristote-

1 Atomus substantialis est Entitas corporea, substantialis, simplex, et
purissime homogenea, indivisibilis ex natura sua, per se primo exigitiva quan-
titatis, cujus beneficio fit impenetrabilis et ad continuum physicum componen-
dum ordinata.
2 A. a. O. p. 204--208.
3 A. a. O. p. 208.

Magnenus: Bewegung und Größe der Atome.
Atome in dem oben beschriebenen Sinne.1 Die Elementar-
atome haben besondere Eigenschaften. Die Feueratome sind
warm und unter gewissen Bedingungen auch leuchtend; die
Wasseratome feucht und durchsichtig, die Erdatome kalt und
in der Regel undurchsichtig, unter Umständen aber auch durch-
sichtig. Die Luftatome sind ohne bestimmte Eigenschaften,
vielmehr fähig, jede Eigenschaft anzunehmen; sie erfüllen die
Poren und verhindern das Vacuum. Die Atome der organischen
Körper oder zusammengesetzten Verbindungen werden besser
als natürliche Minima bezeichnet und sind kleine, ungleichartig
beschaffene Teilchen, die nur unter Umständen teilbar sind,
nämlich so lange ihnen dieselbe Forma bleibt. Partikeln
zweiter Art gibt es unbestimmt viele nach Zahl, Gestalt und
Größe, wie die der Löwen, der Elefanten, der Perle etc. etc.

Die Bewegungen der Atome sind dreifach; auf Grund des
Universums vom Centrum zur Peripherie und umgekehrt; auf
Grund des Vacuums, zur Vermeidung desselben und als Folge
der Undurchdringlichkeit; auf Grund der Verbindung in allen
Richtungen (vgl. S. 503). Über die Sympathien unter den
Atomen wird allerlei gefabelt. Über die Größe der Atome
werden verschiedene Vermutungen angestellt. Sinnlich sind sie
nicht wahrnehmbar; hierbei wird die vielfach angezogene Be-
trachtung über die Insekten (s. S. 369, 407, 443, 469) erörtert und
dabei Plinius erwähnt. Die Ausdehnung des Weihrauchs wird
mit Anführung von Zahlen untersucht, aber schließlich einge-
standen, daß man über die Größe der Atome nur Vermutungen
habe und niemand wissen könne, ob die Feueratome größer
oder kleiner als die Erd- und Wasseratome seien, und der-
gleichen.2 Die Luftatome haben die Eigenschaft, sich niemals
mit andern zu vereinigen. Magnenus glaubt, daß es keinen
Luftwiderstand gibt und neigt sich daher zu der Ansicht, daß
die Luftatome nicht zusammenhängen, sondern sich nur be-
rühren.3

Die Vereinigung der Atome wird wieder auf den aristote-

1 Atomus substantialis est Entitas corporea, substantialis, simplex, et
purissime homogenea, indivisibilis ex natura sua, per se primo exigitiva quan-
titatis, cujus beneficio fit impenetrabilis et ad continuum physicum componen-
dum ordinata.
2 A. a. O. p. 204—208.
3 A. a. O. p. 208.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0523" n="505"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#k">Magnenus</hi>: Bewegung und Größe der Atome.</fw><lb/>
Atome in dem oben beschriebenen Sinne.<note place="foot" n="1">Atomus substantialis est Entitas corporea, substantialis, simplex, et<lb/>
purissime homogenea, indivisibilis ex natura sua, per se primo exigitiva quan-<lb/>
titatis, cujus beneficio fit impenetrabilis et ad continuum physicum componen-<lb/>
dum ordinata.</note> Die Elementar-<lb/>
atome haben besondere Eigenschaften. Die Feueratome sind<lb/>
warm und unter gewissen Bedingungen auch leuchtend; die<lb/>
Wasseratome feucht und durchsichtig, die Erdatome kalt und<lb/>
in der Regel undurchsichtig, unter Umständen aber auch durch-<lb/>
sichtig. Die Luftatome sind ohne bestimmte Eigenschaften,<lb/>
vielmehr fähig, jede Eigenschaft anzunehmen; sie erfüllen die<lb/>
Poren und verhindern das Vacuum. Die Atome der organischen<lb/>
Körper oder zusammengesetzten Verbindungen werden besser<lb/>
als natürliche Minima bezeichnet und sind kleine, ungleichartig<lb/>
beschaffene Teilchen, die nur unter Umständen teilbar sind,<lb/>
nämlich so lange ihnen dieselbe <hi rendition="#i">Forma</hi> bleibt. Partikeln<lb/>
zweiter Art gibt es unbestimmt viele nach Zahl, Gestalt und<lb/>
Größe, wie die der Löwen, der Elefanten, der Perle etc. etc.</p><lb/>
            <p>Die Bewegungen der Atome sind dreifach; auf Grund des<lb/>
Universums vom Centrum zur Peripherie und umgekehrt; auf<lb/>
Grund des Vacuums, zur Vermeidung desselben und als Folge<lb/>
der Undurchdringlichkeit; auf Grund der Verbindung in allen<lb/>
Richtungen (vgl. S. 503). Über die Sympathien unter den<lb/>
Atomen wird allerlei gefabelt. Über die Größe der Atome<lb/>
werden verschiedene Vermutungen angestellt. Sinnlich sind sie<lb/>
nicht wahrnehmbar; hierbei wird die vielfach angezogene Be-<lb/>
trachtung über die Insekten (s. S. 369, 407, 443, 469) erörtert und<lb/>
dabei <hi rendition="#k">Plinius</hi> erwähnt. Die Ausdehnung des Weihrauchs wird<lb/>
mit Anführung von Zahlen untersucht, aber schließlich einge-<lb/>
standen, daß man über die Größe der Atome nur Vermutungen<lb/>
habe und niemand wissen könne, ob die Feueratome größer<lb/>
oder kleiner als die Erd- und Wasseratome seien, und der-<lb/>
gleichen.<note place="foot" n="2">A. a. O. p. 204&#x2014;208.</note> Die Luftatome haben die Eigenschaft, sich niemals<lb/>
mit andern zu vereinigen. <hi rendition="#k">Magnenus</hi> glaubt, daß es keinen<lb/>
Luftwiderstand gibt und neigt sich daher zu der Ansicht, daß<lb/>
die Luftatome nicht zusammenhängen, sondern sich nur be-<lb/>
rühren.<note place="foot" n="3">A. a. O. p. 208.</note></p><lb/>
            <p>Die Vereinigung der Atome wird wieder auf den aristote-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[505/0523] Magnenus: Bewegung und Größe der Atome. Atome in dem oben beschriebenen Sinne. 1 Die Elementar- atome haben besondere Eigenschaften. Die Feueratome sind warm und unter gewissen Bedingungen auch leuchtend; die Wasseratome feucht und durchsichtig, die Erdatome kalt und in der Regel undurchsichtig, unter Umständen aber auch durch- sichtig. Die Luftatome sind ohne bestimmte Eigenschaften, vielmehr fähig, jede Eigenschaft anzunehmen; sie erfüllen die Poren und verhindern das Vacuum. Die Atome der organischen Körper oder zusammengesetzten Verbindungen werden besser als natürliche Minima bezeichnet und sind kleine, ungleichartig beschaffene Teilchen, die nur unter Umständen teilbar sind, nämlich so lange ihnen dieselbe Forma bleibt. Partikeln zweiter Art gibt es unbestimmt viele nach Zahl, Gestalt und Größe, wie die der Löwen, der Elefanten, der Perle etc. etc. Die Bewegungen der Atome sind dreifach; auf Grund des Universums vom Centrum zur Peripherie und umgekehrt; auf Grund des Vacuums, zur Vermeidung desselben und als Folge der Undurchdringlichkeit; auf Grund der Verbindung in allen Richtungen (vgl. S. 503). Über die Sympathien unter den Atomen wird allerlei gefabelt. Über die Größe der Atome werden verschiedene Vermutungen angestellt. Sinnlich sind sie nicht wahrnehmbar; hierbei wird die vielfach angezogene Be- trachtung über die Insekten (s. S. 369, 407, 443, 469) erörtert und dabei Plinius erwähnt. Die Ausdehnung des Weihrauchs wird mit Anführung von Zahlen untersucht, aber schließlich einge- standen, daß man über die Größe der Atome nur Vermutungen habe und niemand wissen könne, ob die Feueratome größer oder kleiner als die Erd- und Wasseratome seien, und der- gleichen. 2 Die Luftatome haben die Eigenschaft, sich niemals mit andern zu vereinigen. Magnenus glaubt, daß es keinen Luftwiderstand gibt und neigt sich daher zu der Ansicht, daß die Luftatome nicht zusammenhängen, sondern sich nur be- rühren. 3 Die Vereinigung der Atome wird wieder auf den aristote- 1 Atomus substantialis est Entitas corporea, substantialis, simplex, et purissime homogenea, indivisibilis ex natura sua, per se primo exigitiva quan- titatis, cujus beneficio fit impenetrabilis et ad continuum physicum componen- dum ordinata. 2 A. a. O. p. 204—208. 3 A. a. O. p. 208.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/523
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/523>, abgerufen am 25.11.2024.