Indem sich Gorlaeus nunmehr zur Behandlung der Quali- täten wendet, tritt er in das eigentliche Gebiet der Physik ein. Man kann bei ihm im wesentlichen drei Arten von Quali- täten unterschieden finden, erstens gewisse reale Qualitäten oder Species, zweitens Eigenschaften, welche nur den Körpern infolge der Aggregation der Atome zukommen, und drittens solche, welche den Atomen selbst eigentümlich sind.
Mit den ersten weiß sich Gorlaeus am wenigsten zurecht- zufinden. Es sind die "sichtbaren Spezies" Licht und Dunkel- heit, und die unsichtbaren Wärme und Kälte. Ihre Wirkungs- art bleibt ziemlich unbestimmt. Von der Wärme wird, viel- leicht mit einer Reminiscenz an Telesio, gesagt, daß sie eine Bewegung nach der Peripherie, die Kälte eine Bewegung nach dem Centrum bewirkt.1 Die gewöhnliche Ursache der Wärme ist die Sonne. Die Wärme ist eine das Gleichartige ansam- melnde, das Ungleichartige zerstreuende Eigenschaft. Auch die Kälte ist eine reale Qualität und nicht bloße Negation der Wärme, die jedoch sowohl Gleichartiges als Ungleichartiges zu- sammenhält.2 Ihre Ursache ist die Bewegung der Luft. Es ist zwar nicht sicher, aber wahrscheinlich, daß durch die Bewe- gung dichter Körper Wärme, durch die dünner Körper Kälte entsteht.3
Die Eigenschaften zweiter Art, nämlich Härte, Weichheit, Liquidität (liquor), Dürrheit, Biegsamkeit, Zerreibbarkeit, Flui- dität (fluor), Stabilität, Dünnheit, Dichtigkeit, Rauheit, Glätte, Schlüpfrigkeit und Gestalt sind Modi der Dinge, nicht Wesen- heiten, da diese nicht unnötig vervielfacht werden dürfen. Sie sind nicht in den Atomen, sondern nur in den aus den Atomen aggregierten Körpern und kommen ihnen durch jene Aggre- gation zu.4
Die dritte Art der Eigenschaften endlich, Feuchtigkeit, Trockenheit, Feinheit, Dicke, Undurchsichtigkeit und Durch- sichtigkeit besteht an den Atomen selbst. Denn wenn nicht die einzelnen Atome trocken, durchsichtig u. s. w. wären, könnten es auch die Körper nicht sein.5 Es ist kein Einwand gegen die Untrennbarkeit dieser Eigenschaften von den Atomen,
1Exerc. phil. p. 129.
2Id. phys. p. 66, 67.
3Exerc. p. 124.
4 A. a. O. p. 139, 140.
5 A. a. O. p. 143.
Gorlaeus: Arten der Qualitäten.
Indem sich Gorlaeus nunmehr zur Behandlung der Quali- täten wendet, tritt er in das eigentliche Gebiet der Physik ein. Man kann bei ihm im wesentlichen drei Arten von Quali- täten unterschieden finden, erstens gewisse reale Qualitäten oder Species, zweitens Eigenschaften, welche nur den Körpern infolge der Aggregation der Atome zukommen, und drittens solche, welche den Atomen selbst eigentümlich sind.
Mit den ersten weiß sich Gorlaeus am wenigsten zurecht- zufinden. Es sind die „sichtbaren Spezies‟ Licht und Dunkel- heit, und die unsichtbaren Wärme und Kälte. Ihre Wirkungs- art bleibt ziemlich unbestimmt. Von der Wärme wird, viel- leicht mit einer Reminiscenz an Telesio, gesagt, daß sie eine Bewegung nach der Peripherie, die Kälte eine Bewegung nach dem Centrum bewirkt.1 Die gewöhnliche Ursache der Wärme ist die Sonne. Die Wärme ist eine das Gleichartige ansam- melnde, das Ungleichartige zerstreuende Eigenschaft. Auch die Kälte ist eine reale Qualität und nicht bloße Negation der Wärme, die jedoch sowohl Gleichartiges als Ungleichartiges zu- sammenhält.2 Ihre Ursache ist die Bewegung der Luft. Es ist zwar nicht sicher, aber wahrscheinlich, daß durch die Bewe- gung dichter Körper Wärme, durch die dünner Körper Kälte entsteht.3
Die Eigenschaften zweiter Art, nämlich Härte, Weichheit, Liquidität (liquor), Dürrheit, Biegsamkeit, Zerreibbarkeit, Flui- dität (fluor), Stabilität, Dünnheit, Dichtigkeit, Rauheit, Glätte, Schlüpfrigkeit und Gestalt sind Modi der Dinge, nicht Wesen- heiten, da diese nicht unnötig vervielfacht werden dürfen. Sie sind nicht in den Atomen, sondern nur in den aus den Atomen aggregierten Körpern und kommen ihnen durch jene Aggre- gation zu.4
Die dritte Art der Eigenschaften endlich, Feuchtigkeit, Trockenheit, Feinheit, Dicke, Undurchsichtigkeit und Durch- sichtigkeit besteht an den Atomen selbst. Denn wenn nicht die einzelnen Atome trocken, durchsichtig u. s. w. wären, könnten es auch die Körper nicht sein.5 Es ist kein Einwand gegen die Untrennbarkeit dieser Eigenschaften von den Atomen,
1Exerc. phil. p. 129.
2Id. phys. p. 66, 67.
3Exerc. p. 124.
4 A. a. O. p. 139, 140.
5 A. a. O. p. 143.
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Gorlaeus: Arten der Qualitäten.
Indem sich Gorlaeus nunmehr zur Behandlung der Quali-
täten wendet, tritt er in das eigentliche Gebiet der Physik
ein. Man kann bei ihm im wesentlichen drei Arten von Quali-
täten unterschieden finden, erstens gewisse reale Qualitäten
oder Species, zweitens Eigenschaften, welche nur den Körpern
infolge der Aggregation der Atome zukommen, und drittens
solche, welche den Atomen selbst eigentümlich sind.
Mit den ersten weiß sich Gorlaeus am wenigsten zurecht-
zufinden. Es sind die „sichtbaren Spezies‟ Licht und Dunkel-
heit, und die unsichtbaren Wärme und Kälte. Ihre Wirkungs-
art bleibt ziemlich unbestimmt. Von der Wärme wird, viel-
leicht mit einer Reminiscenz an Telesio, gesagt, daß sie eine
Bewegung nach der Peripherie, die Kälte eine Bewegung nach
dem Centrum bewirkt. 1 Die gewöhnliche Ursache der Wärme
ist die Sonne. Die Wärme ist eine das Gleichartige ansam-
melnde, das Ungleichartige zerstreuende Eigenschaft. Auch die
Kälte ist eine reale Qualität und nicht bloße Negation der
Wärme, die jedoch sowohl Gleichartiges als Ungleichartiges zu-
sammenhält. 2 Ihre Ursache ist die Bewegung der Luft. Es ist
zwar nicht sicher, aber wahrscheinlich, daß durch die Bewe-
gung dichter Körper Wärme, durch die dünner Körper Kälte
entsteht. 3
Die Eigenschaften zweiter Art, nämlich Härte, Weichheit,
Liquidität (liquor), Dürrheit, Biegsamkeit, Zerreibbarkeit, Flui-
dität (fluor), Stabilität, Dünnheit, Dichtigkeit, Rauheit, Glätte,
Schlüpfrigkeit und Gestalt sind Modi der Dinge, nicht Wesen-
heiten, da diese nicht unnötig vervielfacht werden dürfen. Sie
sind nicht in den Atomen, sondern nur in den aus den Atomen
aggregierten Körpern und kommen ihnen durch jene Aggre-
gation zu. 4
Die dritte Art der Eigenschaften endlich, Feuchtigkeit,
Trockenheit, Feinheit, Dicke, Undurchsichtigkeit und Durch-
sichtigkeit besteht an den Atomen selbst. Denn wenn nicht
die einzelnen Atome trocken, durchsichtig u. s. w. wären,
könnten es auch die Körper nicht sein. 5 Es ist kein Einwand
gegen die Untrennbarkeit dieser Eigenschaften von den Atomen,
1 Exerc. phil. p. 129.
2 Id. phys. p. 66, 67.
3 Exerc. p. 124.
4 A. a. O. p. 139, 140.
5 A. a. O. p. 143.
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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/475>, abgerufen am 22.11.2024.
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