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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Sennert: Eklekticismus. -- Molekeln.
durch ihre Größe von den Körpern, von denen sie stammen,
und haben sonst alle Eigenschaften mit ihnen gemeinsam.1
Daher können sie natürlich nur sehr wenig erklären, und so
finden wir bei Sennert noch keine konsequente Durchführung
der Atomistik durch das gesamte Gebiet der Physik. Auch
die Vorstellungen über die Grundeigenschaften der Korpuskeln
sind nicht immer so klar, als es wünschenswert wäre, aber sie
sind im höchsten Grade anregend, und das ist das wichtigste
für den Anfang, wo es an der Sicherheit des empirischen Ma-
terials fehlt. So ist es z. B. schwer zu sagen, in welchem Ver-
hältnis die Elementaratome zu den Korpuskeln des zusammen-
gesetzten Körpers stehen. Da Sennert den Namen prima mixta
für zulässig hält und die Elemente als das Ursprüngliche doch
immer betrachtet, so wird man wohl in seinem Sinne verfahren,
wenn man sich diese prima mixta als Molekeln, die aus Elementar-
atomen bestehen, vorstellt. Darauf weist die Bemerkung hin,
daß diese Körperchen zwar minima genannt werden, es aber
absolut genommen nicht sind, sondern nur sui generis minima,
d. h. solche, aus welchen die Körper zunächst bestehen und
in welche sie aufgelöst werden, ohne in die Elemente selbst
zu zerfallen.2 Demnach ist hier eine Vorstellung gebildet,
welche in mancher Hinsicht dem Begriffe der Molekel in der
modernen Chemie entspricht. Die Atome der Elemente ver-
einigen sich zu Molekeln, die ihrerseits den physischen Körper
bilden. Daß diese Elemente die vier Grundstoffe der Alten
sind, kann der Bedeutung dieser Sennertschen Einsicht natür-
lich keinen Abbruch thun.

Über die Existenz eines leeren Raumes zwischen den
Teilchen spricht sich Sennert nicht aus. Er nahm einen solchen
wohl kaum an, vielmehr läßt er nach der Vereinigung der
Atome ein Kontinuum entstehen; er denkt sich Atom dicht
an Atom gelagert.

Man sieht aber auch, daß eine bloße Verwechselung der
Atome des Demokrit mit den Korpuskeln (wie sie Brucker3
ihm vorwirft) bei Sennert keineswegs vorliegt, sondern daß

1 S. S. 443. Anm. 1.
2 Hypomn. III, c. 2. Op. I. p. 122
3 Hist. crit. phil. T. IV. p. 503.
Laßwitz. 29

Sennert: Eklekticismus. — Molekeln.
durch ihre Größe von den Körpern, von denen sie stammen,
und haben sonst alle Eigenschaften mit ihnen gemeinsam.1
Daher können sie natürlich nur sehr wenig erklären, und so
finden wir bei Sennert noch keine konsequente Durchführung
der Atomistik durch das gesamte Gebiet der Physik. Auch
die Vorstellungen über die Grundeigenschaften der Korpuskeln
sind nicht immer so klar, als es wünschenswert wäre, aber sie
sind im höchsten Grade anregend, und das ist das wichtigste
für den Anfang, wo es an der Sicherheit des empirischen Ma-
terials fehlt. So ist es z. B. schwer zu sagen, in welchem Ver-
hältnis die Elementaratome zu den Korpuskeln des zusammen-
gesetzten Körpers stehen. Da Sennert den Namen prima mixta
für zulässig hält und die Elemente als das Ursprüngliche doch
immer betrachtet, so wird man wohl in seinem Sinne verfahren,
wenn man sich diese prima mixta als Molekeln, die aus Elementar-
atomen bestehen, vorstellt. Darauf weist die Bemerkung hin,
daß diese Körperchen zwar minima genannt werden, es aber
absolut genommen nicht sind, sondern nur sui generis minima,
d. h. solche, aus welchen die Körper zunächst bestehen und
in welche sie aufgelöst werden, ohne in die Elemente selbst
zu zerfallen.2 Demnach ist hier eine Vorstellung gebildet,
welche in mancher Hinsicht dem Begriffe der Molekel in der
modernen Chemie entspricht. Die Atome der Elemente ver-
einigen sich zu Molekeln, die ihrerseits den physischen Körper
bilden. Daß diese Elemente die vier Grundstoffe der Alten
sind, kann der Bedeutung dieser Sennertschen Einsicht natür-
lich keinen Abbruch thun.

Über die Existenz eines leeren Raumes zwischen den
Teilchen spricht sich Sennert nicht aus. Er nahm einen solchen
wohl kaum an, vielmehr läßt er nach der Vereinigung der
Atome ein Kontinuum entstehen; er denkt sich Atom dicht
an Atom gelagert.

Man sieht aber auch, daß eine bloße Verwechselung der
Atome des Demokrit mit den Korpuskeln (wie sie Brucker3
ihm vorwirft) bei Sennert keineswegs vorliegt, sondern daß

1 S. S. 443. Anm. 1.
2 Hypomn. III, c. 2. Op. I. p. 122
3 Hist. crit. phil. T. IV. p. 503.
Laßwitz. 29
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[449/0467] Sennert: Eklekticismus. — Molekeln. durch ihre Größe von den Körpern, von denen sie stammen, und haben sonst alle Eigenschaften mit ihnen gemeinsam. 1 Daher können sie natürlich nur sehr wenig erklären, und so finden wir bei Sennert noch keine konsequente Durchführung der Atomistik durch das gesamte Gebiet der Physik. Auch die Vorstellungen über die Grundeigenschaften der Korpuskeln sind nicht immer so klar, als es wünschenswert wäre, aber sie sind im höchsten Grade anregend, und das ist das wichtigste für den Anfang, wo es an der Sicherheit des empirischen Ma- terials fehlt. So ist es z. B. schwer zu sagen, in welchem Ver- hältnis die Elementaratome zu den Korpuskeln des zusammen- gesetzten Körpers stehen. Da Sennert den Namen prima mixta für zulässig hält und die Elemente als das Ursprüngliche doch immer betrachtet, so wird man wohl in seinem Sinne verfahren, wenn man sich diese prima mixta als Molekeln, die aus Elementar- atomen bestehen, vorstellt. Darauf weist die Bemerkung hin, daß diese Körperchen zwar minima genannt werden, es aber absolut genommen nicht sind, sondern nur sui generis minima, d. h. solche, aus welchen die Körper zunächst bestehen und in welche sie aufgelöst werden, ohne in die Elemente selbst zu zerfallen. 2 Demnach ist hier eine Vorstellung gebildet, welche in mancher Hinsicht dem Begriffe der Molekel in der modernen Chemie entspricht. Die Atome der Elemente ver- einigen sich zu Molekeln, die ihrerseits den physischen Körper bilden. Daß diese Elemente die vier Grundstoffe der Alten sind, kann der Bedeutung dieser Sennertschen Einsicht natür- lich keinen Abbruch thun. Über die Existenz eines leeren Raumes zwischen den Teilchen spricht sich Sennert nicht aus. Er nahm einen solchen wohl kaum an, vielmehr läßt er nach der Vereinigung der Atome ein Kontinuum entstehen; er denkt sich Atom dicht an Atom gelagert. Man sieht aber auch, daß eine bloße Verwechselung der Atome des Demokrit mit den Korpuskeln (wie sie Brucker 3 ihm vorwirft) bei Sennert keineswegs vorliegt, sondern daß 1 S. S. 443. Anm. 1. 2 Hypomn. III, c. 2. Op. I. p. 122 3 Hist. crit. phil. T. IV. p. 503. Laßwitz. 29

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/467>, abgerufen am 22.11.2024.