Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

Van Helmont: Wasser und Luft. Vapor. Gas.
Kälte und Trockenheit. Sie wandelt dadurch das Wasser in
neue Formen um, in Vapor und in Gas. Diese Umwandlung
ist jedoch nicht etwa aufzufassen als eine Veränderung der
Substanz oder des Wesens des Wassers, sondern sie ist nur
eine lokale Teilung und Umlagerung (extraversio) der
Teile
.1 Dunst und Gas bleiben der Essenz nach immer noch
Wasser.

Die Entstehung von Dampf und Gas aus Wasser, also die
Umwandlung des Aggregatzustands unter Beibehaltung der
Substanz ist nach Helmont in folgender Weise zu denken.
Das Wasser besteht aus dem flüssigen Mercurius und Sal, welche
absolut einfach sind; beide halten umschlossen den ebenfalls
einfachen, gleichartigen und nicht abzusondernden Sulphur.2
Durch Erwärmung wird das Sal, welches die Wärme nicht
duldet, zum Aufsteigen gezwungen und führt dabei den Mer-
curius, in welchem es gelöst ist, und den Sulfur, welcher davon
untrennbar ist, mit sich. Dieses durch Erwärmung aufsteigende
Wasser ist der Dunst (Vapor). Gelangt der Dunst in die
höheren Regionen, so wird durch die Kälte der Mercurius zum
Erstarren gebracht, er kann sein Sal nicht mehr in Lösung
erhalten, und damit ist die Verwandlung des Dunstes in ein
Gas geschehen. Mercurius und Sal vor der Kälte zu schützen,
strebt nun der wärmere Schwefel durch Umhüllung derselben;
da er aber selbst jedem der beiden Bestandteile an Menge
gleich ist, so müssen diese beiden sich teilen und ausdehnen
nach Maßgabe des Schwefels. Dadurch entsteht eine Teilung
in die möglichst kleinen Teile und eine entsprechende Ver-
dünnung. Je feiner die Verteilung, um so höher steigt das
Gas und wird immer durchsichtiger. Helmont erklärt daraus
die Bläue des Himmels.3

Dunst und Gas unterscheiden sich also durch verschiedene

testates: Excelsum nempe frigus eique proportionatam siccitatem. Vgl. § 13:
proprium est quippe aeri semper aquas ab aquis separare.
1 A. a. O. § 10.
2 A. a. O. § 3. Considero corpus Aquae continere elementalem sibi atque
genialem Mercurium, liquidum atque simplicissimum; salem denique insipidum
aeque simplicem. Quae ambo intra se amplectuntur uniforme homogeneum
simplex et inseparabile sulfur.
3 A. a. O. § 16 p. 61.

Van Helmont: Wasser und Luft. Vapor. Gas.
Kälte und Trockenheit. Sie wandelt dadurch das Wasser in
neue Formen um, in Vapor und in Gas. Diese Umwandlung
ist jedoch nicht etwa aufzufassen als eine Veränderung der
Substanz oder des Wesens des Wassers, sondern sie ist nur
eine lokale Teilung und Umlagerung (extraversio) der
Teile
.1 Dunst und Gas bleiben der Essenz nach immer noch
Wasser.

Die Entstehung von Dampf und Gas aus Wasser, also die
Umwandlung des Aggregatzustands unter Beibehaltung der
Substanz ist nach Helmont in folgender Weise zu denken.
Das Wasser besteht aus dem flüssigen Mercurius und Sal, welche
absolut einfach sind; beide halten umschlossen den ebenfalls
einfachen, gleichartigen und nicht abzusondernden Sulphur.2
Durch Erwärmung wird das Sal, welches die Wärme nicht
duldet, zum Aufsteigen gezwungen und führt dabei den Mer-
curius, in welchem es gelöst ist, und den Sulfur, welcher davon
untrennbar ist, mit sich. Dieses durch Erwärmung aufsteigende
Wasser ist der Dunst (Vapor). Gelangt der Dunst in die
höheren Regionen, so wird durch die Kälte der Mercurius zum
Erstarren gebracht, er kann sein Sal nicht mehr in Lösung
erhalten, und damit ist die Verwandlung des Dunstes in ein
Gas geschehen. Mercurius und Sal vor der Kälte zu schützen,
strebt nun der wärmere Schwefel durch Umhüllung derselben;
da er aber selbst jedem der beiden Bestandteile an Menge
gleich ist, so müssen diese beiden sich teilen und ausdehnen
nach Maßgabe des Schwefels. Dadurch entsteht eine Teilung
in die möglichst kleinen Teile und eine entsprechende Ver-
dünnung. Je feiner die Verteilung, um so höher steigt das
Gas und wird immer durchsichtiger. Helmont erklärt daraus
die Bläue des Himmels.3

Dunst und Gas unterscheiden sich also durch verschiedene

testates: Excelsum nempe frigus eique proportionatam siccitatem. Vgl. § 13:
proprium est quippe aëri semper aquas ab aquis separare.
1 A. a. O. § 10.
2 A. a. O. § 3. Considero corpus Aquae continere elementalem sibi atque
genialem Mercurium, liquidum atque simplicissimum; salem denique insipidum
aeque simplicem. Quae ambo intra se amplectuntur uniforme homogeneum
simplex et inseparabile sulfur.
3 A. a. O. § 16 p. 61.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0363" n="345"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#k">Van Helmont</hi>: Wasser und Luft. Vapor. Gas.</fw><lb/>
Kälte und Trockenheit. Sie wandelt dadurch das Wasser in<lb/>
neue Formen um, in <hi rendition="#i">Vapor</hi> und in <hi rendition="#i">Gas.</hi> Diese Umwandlung<lb/>
ist jedoch nicht etwa aufzufassen als eine Veränderung der<lb/>
Substanz oder des Wesens des Wassers, sondern sie ist <hi rendition="#g">nur<lb/>
eine lokale Teilung und Umlagerung (extraversio) der<lb/>
Teile</hi>.<note place="foot" n="1">A. a. O. § 10.</note> Dunst und Gas bleiben der Essenz nach immer noch<lb/>
Wasser.</p><lb/>
            <p>Die Entstehung von Dampf und Gas aus Wasser, also die<lb/>
Umwandlung des Aggregatzustands unter Beibehaltung der<lb/>
Substanz ist nach <hi rendition="#k">Helmont</hi> in folgender Weise zu denken.<lb/>
Das Wasser besteht aus dem flüssigen <hi rendition="#i">Mercurius</hi> und <hi rendition="#i">Sal</hi>, welche<lb/>
absolut einfach sind; beide halten umschlossen den ebenfalls<lb/>
einfachen, gleichartigen und nicht abzusondernden <hi rendition="#i">Sulphur.</hi><note place="foot" n="2">A. a. O. § 3. Considero corpus Aquae continere elementalem sibi atque<lb/>
genialem Mercurium, liquidum atque simplicissimum; salem denique insipidum<lb/>
aeque simplicem. Quae ambo intra se amplectuntur uniforme homogeneum<lb/>
simplex et inseparabile sulfur.</note><lb/>
Durch Erwärmung wird das Sal, welches die Wärme nicht<lb/>
duldet, zum Aufsteigen gezwungen und führt dabei den Mer-<lb/>
curius, in welchem es gelöst ist, und den Sulfur, welcher davon<lb/>
untrennbar ist, mit sich. Dieses durch Erwärmung aufsteigende<lb/>
Wasser ist der Dunst (Vapor). Gelangt der Dunst in die<lb/>
höheren Regionen, so wird durch die Kälte der Mercurius zum<lb/>
Erstarren gebracht, er kann sein Sal nicht mehr in Lösung<lb/>
erhalten, und damit ist die Verwandlung des Dunstes in ein<lb/>
Gas geschehen. Mercurius und Sal vor der Kälte zu schützen,<lb/>
strebt nun der wärmere Schwefel durch Umhüllung derselben;<lb/>
da er aber selbst jedem der beiden Bestandteile an Menge<lb/>
gleich ist, so müssen diese beiden sich teilen und ausdehnen<lb/>
nach Maßgabe des Schwefels. Dadurch entsteht eine Teilung<lb/>
in die möglichst kleinen Teile und eine entsprechende Ver-<lb/>
dünnung. Je feiner die Verteilung, um so höher steigt das<lb/>
Gas und wird immer durchsichtiger. <hi rendition="#k">Helmont</hi> erklärt daraus<lb/>
die Bläue des Himmels.<note place="foot" n="3">A. a. O. § 16 p. 61.</note></p><lb/>
            <p>Dunst und Gas unterscheiden sich also durch verschiedene<lb/><note xml:id="seg2pn_16_2" prev="#seg2pn_16_1" place="foot" n="3">testates: Excelsum nempe frigus eique proportionatam siccitatem. Vgl. § 13:<lb/>
proprium est quippe aëri semper aquas ab aquis separare.</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[345/0363] Van Helmont: Wasser und Luft. Vapor. Gas. Kälte und Trockenheit. Sie wandelt dadurch das Wasser in neue Formen um, in Vapor und in Gas. Diese Umwandlung ist jedoch nicht etwa aufzufassen als eine Veränderung der Substanz oder des Wesens des Wassers, sondern sie ist nur eine lokale Teilung und Umlagerung (extraversio) der Teile. 1 Dunst und Gas bleiben der Essenz nach immer noch Wasser. Die Entstehung von Dampf und Gas aus Wasser, also die Umwandlung des Aggregatzustands unter Beibehaltung der Substanz ist nach Helmont in folgender Weise zu denken. Das Wasser besteht aus dem flüssigen Mercurius und Sal, welche absolut einfach sind; beide halten umschlossen den ebenfalls einfachen, gleichartigen und nicht abzusondernden Sulphur. 2 Durch Erwärmung wird das Sal, welches die Wärme nicht duldet, zum Aufsteigen gezwungen und führt dabei den Mer- curius, in welchem es gelöst ist, und den Sulfur, welcher davon untrennbar ist, mit sich. Dieses durch Erwärmung aufsteigende Wasser ist der Dunst (Vapor). Gelangt der Dunst in die höheren Regionen, so wird durch die Kälte der Mercurius zum Erstarren gebracht, er kann sein Sal nicht mehr in Lösung erhalten, und damit ist die Verwandlung des Dunstes in ein Gas geschehen. Mercurius und Sal vor der Kälte zu schützen, strebt nun der wärmere Schwefel durch Umhüllung derselben; da er aber selbst jedem der beiden Bestandteile an Menge gleich ist, so müssen diese beiden sich teilen und ausdehnen nach Maßgabe des Schwefels. Dadurch entsteht eine Teilung in die möglichst kleinen Teile und eine entsprechende Ver- dünnung. Je feiner die Verteilung, um so höher steigt das Gas und wird immer durchsichtiger. Helmont erklärt daraus die Bläue des Himmels. 3 Dunst und Gas unterscheiden sich also durch verschiedene 3 1 A. a. O. § 10. 2 A. a. O. § 3. Considero corpus Aquae continere elementalem sibi atque genialem Mercurium, liquidum atque simplicissimum; salem denique insipidum aeque simplicem. Quae ambo intra se amplectuntur uniforme homogeneum simplex et inseparabile sulfur. 3 A. a. O. § 16 p. 61. 3 testates: Excelsum nempe frigus eique proportionatam siccitatem. Vgl. § 13: proprium est quippe aëri semper aquas ab aquis separare.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/363
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/363>, abgerufen am 18.05.2024.