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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Kepler über die Elemente.

Kepler spicht sich über die Lehre von den Elementen
zurückhaltend aus, weil sie in ein ihm fremderes Gebiet, die
Chemie fällt;1 im ganzen folgt er in diesen Fragen dem Car-
dano
, zeigt sich aber auch von der alchymistischen Theorie
ein wenig beeinflußt. Alle materiellen Dinge hält er an und
für sich für actu et potentia kalt, tot und schwer, und zwar
sind diese Eigenschaften der Menge der Materie proportioniert,

1 Antwort Jo. Keppleri auf D. Helisaei Röslini etc. Prag 1609. Op. ed.
Frisch I p. 501 ff. Ich setze die Stelle, auf welche das Folgende sich bezieht
hierher (Op. I p. 541): "Ich halt dasjenige Fewer für das vierte Element, das
mich brennet, es sey auff dem Hert, im Ofen, oder vnder der Erden: dann es
ist ein Simplex corpus, differens ab aere, aqua et Terra. Kann aber darumb
nit sagen, das es ein sollich Element sey, darraus andere Corpora, als Thier
und Kreutter, quatenus corpora, gemacht seind. Dann die Werm in denselben
ist nit jrer Körper aigen, sondern von jrer Seel, die da erhelt das Leben im
Leib. Es ist zwar auch das Leben selber im Hertzen wie ein Fewer zu rechnen,
wie ich in meiner Optica angezeigt: gehört aber nit zu der substanz des
Hertzens, sondern verzehret dieselbige endlich, sowol als das gemeine Fewer
alle Corpora zu Aschen macht. Vnd ob ich mich wol noch nie resolvirt,
alweil ich kein Chymicus bin, so wil mich doch geduncken, das Fewer sei
materialiter nichts anders, dann der Schwebel, sulphur in motu constitutum:
sulphur aber ist ein Werck, opus, der Seelen im Leib, wie das Blut. Were
also das Fewer formaliter ein accidens. Hingegen so bedenck ich, das daß
Fewer ein Himmlisches accidens des Liechtes an sich neme, gedencke derowegen,
Ob es materialiter der Sonnen verwandt, vnd derowegen eine jede Seel im
Leib etwas Himmlisches aushecke, wie die Sonn in der großen Welt ist."
.... "Für meine Person halt ich alle vnd jede materialische Sachen, so
fern sie von keiner Seel informiert oder ausgeheckt sind, actu et potentia kalt,
tod vnd schwer, daraus folgt, das wo der Materien mehr (als nemblich in der
Erden, darnach im Wasser), das an und für sich selbst alda auch der Kelte
mehr, vnd also die lufft nit für sich selbst kelter sey dan die Erd, sondern
propter motum, durch wellichen sie auch stärcker wird dann ein Baum, da sie
doch sonst weichet."
D. Röslin: "Die Feuchte ist im Wasser und nit in der Lufft, wie
Kepplerus will."
Keppler: "Abermal red ich ex sententia Aristotelis, wie es mein fürhaben
[nämlich bei den astrologischen Bemerkungen in der Schrift "De nova stella
in pede Serpentarii," auf welche sich Röslins Entgegnung bezieht] mitbringt.
Sonsten weiß ich das Bodinus wol distinguirt inter fluiditatem (das ist Aristoteli
definitio suae humiditatis, vnd bleibt der lufft) und inter humiditatem (die da
bestehet in einer zächheit des Fließenden, das es anhange und die poros be-
schließe oder eindringe, und innen anhange, vnd das bleibt dem Wasser);
beides wird definirt per mollitiem: bleibt also der Erden negatio utriusque,
nemlich die härte oder trückne non fluida nec viscida."
Kepler über die Elemente.

Kepler spicht sich über die Lehre von den Elementen
zurückhaltend aus, weil sie in ein ihm fremderes Gebiet, die
Chemie fällt;1 im ganzen folgt er in diesen Fragen dem Car-
dano
, zeigt sich aber auch von der alchymistischen Theorie
ein wenig beeinflußt. Alle materiellen Dinge hält er an und
für sich für actu et potentia kalt, tot und schwer, und zwar
sind diese Eigenschaften der Menge der Materie proportioniert,

1 Antwort Jo. Keppleri auf D. Helisaei Röslini etc. Prag 1609. Op. ed.
Frisch I p. 501 ff. Ich setze die Stelle, auf welche das Folgende sich bezieht
hierher (Op. I p. 541): „Ich halt dasjenige Fewer für das vierte Element, das
mich brennet, es sey auff dem Hert, im Ofen, oder vnder der Erden: dann es
ist ein Simplex corpus, differens ab aëre, aqua et Terra. Kann aber darumb
nit sagen, das es ein sollich Element sey, darraus andere Corpora, als Thier
und Kreutter, quatenus corpora, gemacht seind. Dann die Werm in denselben
ist nit jrer Körper aigen, sondern von jrer Seel, die da erhelt das Leben im
Leib. Es ist zwar auch das Leben selber im Hertzen wie ein Fewer zu rechnen,
wie ich in meiner Optica angezeigt: gehört aber nit zu der substanz des
Hertzens, sondern verzehret dieselbige endlich, sowol als das gemeine Fewer
alle Corpora zu Aschen macht. Vnd ob ich mich wol noch nie resolvirt,
alweil ich kein Chymicus bin, so wil mich doch geduncken, das Fewer sei
materialiter nichts anders, dann der Schwebel, sulphur in motu constitutum:
sulphur aber ist ein Werck, opus, der Seelen im Leib, wie das Blut. Were
also das Fewer formaliter ein accidens. Hingegen so bedenck ich, das daß
Fewer ein Himmlisches accidens des Liechtes an sich neme, gedencke derowegen,
Ob es materialiter der Sonnen verwandt, vnd derowegen eine jede Seel im
Leib etwas Himmlisches aushecke, wie die Sonn in der großen Welt ist.‟
.... „Für meine Person halt ich alle vnd jede materialische Sachen, so
fern sie von keiner Seel informiert oder ausgeheckt sind, actu et potentia kalt,
tod vnd schwer, daraus folgt, das wo der Materien mehr (als nemblich in der
Erden, darnach im Wasser), das an und für sich selbst alda auch der Kelte
mehr, vnd also die lufft nit für sich selbst kelter sey dan die Erd, sondern
propter motum, durch wellichen sie auch stärcker wird dann ein Baum, da sie
doch sonst weichet.‟
D. Röslin: „Die Feuchte ist im Wasser und nit in der Lufft, wie
Kepplerus will.‟
Keppler: „Abermal red ich ex sententia Aristotelis, wie es mein fürhaben
[nämlich bei den astrologischen Bemerkungen in der Schrift „De nova stella
in pede Serpentarii,‟ auf welche sich Röslins Entgegnung bezieht] mitbringt.
Sonsten weiß ich das Bodinus wol distinguirt inter fluiditatem (das ist Aristoteli
definitio suae humiditatis, vnd bleibt der lufft) und inter humiditatem (die da
bestehet in einer zächheit des Fließenden, das es anhange und die poros be-
schließe oder eindringe, und innen anhange, vnd das bleibt dem Wasser);
beides wird definirt per mollitiem: bleibt also der Erden negatio utriusque,
nemlich die härte oder trückne non fluida nec viscida.‟
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[328/0346] Kepler über die Elemente. Kepler spicht sich über die Lehre von den Elementen zurückhaltend aus, weil sie in ein ihm fremderes Gebiet, die Chemie fällt; 1 im ganzen folgt er in diesen Fragen dem Car- dano, zeigt sich aber auch von der alchymistischen Theorie ein wenig beeinflußt. Alle materiellen Dinge hält er an und für sich für actu et potentia kalt, tot und schwer, und zwar sind diese Eigenschaften der Menge der Materie proportioniert, 1 Antwort Jo. Keppleri auf D. Helisaei Röslini etc. Prag 1609. Op. ed. Frisch I p. 501 ff. Ich setze die Stelle, auf welche das Folgende sich bezieht hierher (Op. I p. 541): „Ich halt dasjenige Fewer für das vierte Element, das mich brennet, es sey auff dem Hert, im Ofen, oder vnder der Erden: dann es ist ein Simplex corpus, differens ab aëre, aqua et Terra. Kann aber darumb nit sagen, das es ein sollich Element sey, darraus andere Corpora, als Thier und Kreutter, quatenus corpora, gemacht seind. Dann die Werm in denselben ist nit jrer Körper aigen, sondern von jrer Seel, die da erhelt das Leben im Leib. Es ist zwar auch das Leben selber im Hertzen wie ein Fewer zu rechnen, wie ich in meiner Optica angezeigt: gehört aber nit zu der substanz des Hertzens, sondern verzehret dieselbige endlich, sowol als das gemeine Fewer alle Corpora zu Aschen macht. Vnd ob ich mich wol noch nie resolvirt, alweil ich kein Chymicus bin, so wil mich doch geduncken, das Fewer sei materialiter nichts anders, dann der Schwebel, sulphur in motu constitutum: sulphur aber ist ein Werck, opus, der Seelen im Leib, wie das Blut. Were also das Fewer formaliter ein accidens. Hingegen so bedenck ich, das daß Fewer ein Himmlisches accidens des Liechtes an sich neme, gedencke derowegen, Ob es materialiter der Sonnen verwandt, vnd derowegen eine jede Seel im Leib etwas Himmlisches aushecke, wie die Sonn in der großen Welt ist.‟ .... „Für meine Person halt ich alle vnd jede materialische Sachen, so fern sie von keiner Seel informiert oder ausgeheckt sind, actu et potentia kalt, tod vnd schwer, daraus folgt, das wo der Materien mehr (als nemblich in der Erden, darnach im Wasser), das an und für sich selbst alda auch der Kelte mehr, vnd also die lufft nit für sich selbst kelter sey dan die Erd, sondern propter motum, durch wellichen sie auch stärcker wird dann ein Baum, da sie doch sonst weichet.‟ D. Röslin: „Die Feuchte ist im Wasser und nit in der Lufft, wie Kepplerus will.‟ Keppler: „Abermal red ich ex sententia Aristotelis, wie es mein fürhaben [nämlich bei den astrologischen Bemerkungen in der Schrift „De nova stella in pede Serpentarii,‟ auf welche sich Röslins Entgegnung bezieht] mitbringt. Sonsten weiß ich das Bodinus wol distinguirt inter fluiditatem (das ist Aristoteli definitio suae humiditatis, vnd bleibt der lufft) und inter humiditatem (die da bestehet in einer zächheit des Fließenden, das es anhange und die poros be- schließe oder eindringe, und innen anhange, vnd das bleibt dem Wasser); beides wird definirt per mollitiem: bleibt also der Erden negatio utriusque, nemlich die härte oder trückne non fluida nec viscida.‟

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/346>, abgerufen am 25.11.2024.