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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Patrizzi. Gilbert.
keit, Licht und Wärme sind unendlich, sie bilden die unend-
liche, empyreische Welt; aber innerhalb derselben bildet der
ätherische Himmel mit seinen verschiedenen Sphären eine
innere Begrenzung der Unendlichkeit und umschließt in seiner
Wölbung die endliche Welt. Der Himmel ist der erste aller
Körper und zugleich die erste der unkörperlichen Flammen,
nach innen endlich, nach außen unendlich, wo sich der Äther
erstreckt als ein ungeheurer Teil jener unendlichen ursprüng-
lichen Flüssigkeit, von oben herab begabt mit Wärme und
geziert mit den zahllosen Flammen der Sterne.

In dieser Weise sagt sich Patrizzi zwar los von den über-
lieferten kosmischen und physikalischen Vorstellungen, bricht
mit Aristoteles und fördert dadurch eine Fortentwickelung
der Wissenschaft; er selbst aber bringt keine thatsächliche
Erkenntnis zu Tage. Für eine Erneuerung des Körperbegriffs
mag immerhin seine Lehre von der Raumerfüllung durch eine
undurchdringliche Flüssigkeit Bedeutung haben, insofern da-
durch die Materie Aktualität und selbständige Existenz erhält.
In bezeichnender Weise wird seine Philosophie durch das Ur-
teil Keplers charakterisiert: "Wenn ich an Neuerungen Ge-
fallen fände, so hätte ich wohl etwas den Einfällen des Fraca-
storius
oder Patritius ähnliches ersinnen können ... aber noch
finde ich so viel zu thun, die wahren Lehren anderer zu ver-
stehen, oder auch das, was noch nicht allseitig sicher feststeht,
zu verbessern, daß mir niemals Muße bleibt, um mit neuen,
den wahren entgegengesetzten Theorien zu spielen, die ich aus
mir selbst zu erfinden hätte.1

4. William Gilbert.

Gegenüber den italienischen Phantasten steht als der erste
wirkliche Physiker und zuverlässige methodische Experimentator,
welchen die Geschichte der Physik vor Kepler und Galilei
kennt, der Engländer William Gilbert, geboren zu Colchester
1540, seit 1573 als Arzt, später als Leibarzt der Königin Elisa-

1 Opera ed. Frisch, VI p. 306, 307. Vgl. auch I p. 247. II p. 826.
III p. 172.

Patrizzi. Gilbert.
keit, Licht und Wärme sind unendlich, sie bilden die unend-
liche, empyreische Welt; aber innerhalb derselben bildet der
ätherische Himmel mit seinen verschiedenen Sphären eine
innere Begrenzung der Unendlichkeit und umschließt in seiner
Wölbung die endliche Welt. Der Himmel ist der erste aller
Körper und zugleich die erste der unkörperlichen Flammen,
nach innen endlich, nach außen unendlich, wo sich der Äther
erstreckt als ein ungeheurer Teil jener unendlichen ursprüng-
lichen Flüssigkeit, von oben herab begabt mit Wärme und
geziert mit den zahllosen Flammen der Sterne.

In dieser Weise sagt sich Patrizzi zwar los von den über-
lieferten kosmischen und physikalischen Vorstellungen, bricht
mit Aristoteles und fördert dadurch eine Fortentwickelung
der Wissenschaft; er selbst aber bringt keine thatsächliche
Erkenntnis zu Tage. Für eine Erneuerung des Körperbegriffs
mag immerhin seine Lehre von der Raumerfüllung durch eine
undurchdringliche Flüssigkeit Bedeutung haben, insofern da-
durch die Materie Aktualität und selbständige Existenz erhält.
In bezeichnender Weise wird seine Philosophie durch das Ur-
teil Keplers charakterisiert: „Wenn ich an Neuerungen Ge-
fallen fände, so hätte ich wohl etwas den Einfällen des Fraca-
storius
oder Patritius ähnliches ersinnen können … aber noch
finde ich so viel zu thun, die wahren Lehren anderer zu ver-
stehen, oder auch das, was noch nicht allseitig sicher feststeht,
zu verbessern, daß mir niemals Muße bleibt, um mit neuen,
den wahren entgegengesetzten Theorien zu spielen, die ich aus
mir selbst zu erfinden hätte.1

4. William Gilbert.

Gegenüber den italienischen Phantasten steht als der erste
wirkliche Physiker und zuverlässige methodische Experimentator,
welchen die Geschichte der Physik vor Kepler und Galilei
kennt, der Engländer William Gilbert, geboren zu Colchester
1540, seit 1573 als Arzt, später als Leibarzt der Königin Elisa-

1 Opera ed. Frisch, VI p. 306, 307. Vgl. auch I p. 247. II p. 826.
III p. 172.
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[315/0333] Patrizzi. Gilbert. keit, Licht und Wärme sind unendlich, sie bilden die unend- liche, empyreische Welt; aber innerhalb derselben bildet der ätherische Himmel mit seinen verschiedenen Sphären eine innere Begrenzung der Unendlichkeit und umschließt in seiner Wölbung die endliche Welt. Der Himmel ist der erste aller Körper und zugleich die erste der unkörperlichen Flammen, nach innen endlich, nach außen unendlich, wo sich der Äther erstreckt als ein ungeheurer Teil jener unendlichen ursprüng- lichen Flüssigkeit, von oben herab begabt mit Wärme und geziert mit den zahllosen Flammen der Sterne. In dieser Weise sagt sich Patrizzi zwar los von den über- lieferten kosmischen und physikalischen Vorstellungen, bricht mit Aristoteles und fördert dadurch eine Fortentwickelung der Wissenschaft; er selbst aber bringt keine thatsächliche Erkenntnis zu Tage. Für eine Erneuerung des Körperbegriffs mag immerhin seine Lehre von der Raumerfüllung durch eine undurchdringliche Flüssigkeit Bedeutung haben, insofern da- durch die Materie Aktualität und selbständige Existenz erhält. In bezeichnender Weise wird seine Philosophie durch das Ur- teil Keplers charakterisiert: „Wenn ich an Neuerungen Ge- fallen fände, so hätte ich wohl etwas den Einfällen des Fraca- storius oder Patritius ähnliches ersinnen können … aber noch finde ich so viel zu thun, die wahren Lehren anderer zu ver- stehen, oder auch das, was noch nicht allseitig sicher feststeht, zu verbessern, daß mir niemals Muße bleibt, um mit neuen, den wahren entgegengesetzten Theorien zu spielen, die ich aus mir selbst zu erfinden hätte. 1 4. William Gilbert. Gegenüber den italienischen Phantasten steht als der erste wirkliche Physiker und zuverlässige methodische Experimentator, welchen die Geschichte der Physik vor Kepler und Galilei kennt, der Engländer William Gilbert, geboren zu Colchester 1540, seit 1573 als Arzt, später als Leibarzt der Königin Elisa- 1 Opera ed. Frisch, VI p. 306, 307. Vgl. auch I p. 247. II p. 826. III p. 172.

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/333>, abgerufen am 25.11.2024.