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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Paracelsus: Die chemischen Grundsubstanzen.
überführbar. Sie trennen sich bei der Verbrennung von einander,
während sie im ungestörten Körper vereinigt sind; in welcher
Weise, das wird nicht weiter untersucht; was sie vereint, das
ist das Leben. Obige Vergleiche sollten nur erläuternd wirken.
Die Unterscheidung zwischen chemischem Körper und Aggregat-
form ist natürlich bei Paracelsus noch nicht vollzogen; seine
Grundsubstanzen haben von beiden etwas an sich. Das Suchen
nach diesen Begriffen machte eben den Fortschritt der Zeit aus.
So wäre es vergebliche Mühe, volle Klarheit in diese Be-
ziehungen zu bringen, die bei ihrem Urheber selbst an Unklar-
heit litten. Man würde nur moderne Anschauungsweisen in
die Theorie des Paracelsus einführen, welche ihm notwendig
fern liegen mußten.

Was aber in des Paracelsus Elementenlehre bedeutungs-
voll und von nachhaltiger Wirkung war, das ist das Bestreben,
an Stelle der Eigenschaften "Wärme, Kälte, Feuchtigkeit,
Trockenheit" andre Begriffe als Grundformen der Materie zu
setzen, welche sich weniger auf die sinnliche Empfindung als
auf das chemisch-physikalische Verhalten beziehen. Es muß
zugegeben werden, daß dieser Versuch viel roher und unphilo-
sophischer ausgefallen ist, als die scharfsinnige Unterscheidung
der Griechen; aber er beruhte auf einem wohlgemeinten Ex-
periment, der chemischen Analyse, und wirkte nach einer
Richtung hin, nach welcher der weitere Fortschritt in der
Physik geschehen mußte. Denn dieser Fortschritt
mußte gerichtet sein nach einer quantitativen
Untersuchung der materiellen Bestandteile,
und
zu dieser waren die substanziellen Produkte der Analyse immer-
hin geeigneter, als die unfaßbaren Qualitäten der Elemente.
Es war damit ein wichtiger Schritt zur Bildung des Begriffs
des chemischen Elementes
als der unzerlegbaren Sub-
stanz gethan. Auch nach dieser Seite hin, in der Entwickelung
der allgemeinen Physik, muß Paracelsus als ein Reformator
genannt werden.

Während der Ruf des Paracelsus sich durch alle Lande
verbreitet und ihm eine zahlreiche Schule nachwächst, aus
welcher der Däne Peter Severinus durch seine Thätigkeit für
die Verbreitung der Lehre des Meisters am bedeutendsten her-
vorragt, während die von Paracelsus ausgestreuten Keime in

Laßwitz. 20

Paracelsus: Die chemischen Grundsubstanzen.
überführbar. Sie trennen sich bei der Verbrennung von einander,
während sie im ungestörten Körper vereinigt sind; in welcher
Weise, das wird nicht weiter untersucht; was sie vereint, das
ist das Leben. Obige Vergleiche sollten nur erläuternd wirken.
Die Unterscheidung zwischen chemischem Körper und Aggregat-
form ist natürlich bei Paracelsus noch nicht vollzogen; seine
Grundsubstanzen haben von beiden etwas an sich. Das Suchen
nach diesen Begriffen machte eben den Fortschritt der Zeit aus.
So wäre es vergebliche Mühe, volle Klarheit in diese Be-
ziehungen zu bringen, die bei ihrem Urheber selbst an Unklar-
heit litten. Man würde nur moderne Anschauungsweisen in
die Theorie des Paracelsus einführen, welche ihm notwendig
fern liegen mußten.

Was aber in des Paracelsus Elementenlehre bedeutungs-
voll und von nachhaltiger Wirkung war, das ist das Bestreben,
an Stelle der Eigenschaften „Wärme, Kälte, Feuchtigkeit,
Trockenheit‟ andre Begriffe als Grundformen der Materie zu
setzen, welche sich weniger auf die sinnliche Empfindung als
auf das chemisch-physikalische Verhalten beziehen. Es muß
zugegeben werden, daß dieser Versuch viel roher und unphilo-
sophischer ausgefallen ist, als die scharfsinnige Unterscheidung
der Griechen; aber er beruhte auf einem wohlgemeinten Ex-
periment, der chemischen Analyse, und wirkte nach einer
Richtung hin, nach welcher der weitere Fortschritt in der
Physik geschehen mußte. Denn dieser Fortschritt
mußte gerichtet sein nach einer quantitativen
Untersuchung der materiellen Bestandteile,
und
zu dieser waren die substanziellen Produkte der Analyse immer-
hin geeigneter, als die unfaßbaren Qualitäten der Elemente.
Es war damit ein wichtiger Schritt zur Bildung des Begriffs
des chemischen Elementes
als der unzerlegbaren Sub-
stanz gethan. Auch nach dieser Seite hin, in der Entwickelung
der allgemeinen Physik, muß Paracelsus als ein Reformator
genannt werden.

Während der Ruf des Paracelsus sich durch alle Lande
verbreitet und ihm eine zahlreiche Schule nachwächst, aus
welcher der Däne Peter Severinus durch seine Thätigkeit für
die Verbreitung der Lehre des Meisters am bedeutendsten her-
vorragt, während die von Paracelsus ausgestreuten Keime in

Laßwitz. 20
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[305/0323] Paracelsus: Die chemischen Grundsubstanzen. überführbar. Sie trennen sich bei der Verbrennung von einander, während sie im ungestörten Körper vereinigt sind; in welcher Weise, das wird nicht weiter untersucht; was sie vereint, das ist das Leben. Obige Vergleiche sollten nur erläuternd wirken. Die Unterscheidung zwischen chemischem Körper und Aggregat- form ist natürlich bei Paracelsus noch nicht vollzogen; seine Grundsubstanzen haben von beiden etwas an sich. Das Suchen nach diesen Begriffen machte eben den Fortschritt der Zeit aus. So wäre es vergebliche Mühe, volle Klarheit in diese Be- ziehungen zu bringen, die bei ihrem Urheber selbst an Unklar- heit litten. Man würde nur moderne Anschauungsweisen in die Theorie des Paracelsus einführen, welche ihm notwendig fern liegen mußten. Was aber in des Paracelsus Elementenlehre bedeutungs- voll und von nachhaltiger Wirkung war, das ist das Bestreben, an Stelle der Eigenschaften „Wärme, Kälte, Feuchtigkeit, Trockenheit‟ andre Begriffe als Grundformen der Materie zu setzen, welche sich weniger auf die sinnliche Empfindung als auf das chemisch-physikalische Verhalten beziehen. Es muß zugegeben werden, daß dieser Versuch viel roher und unphilo- sophischer ausgefallen ist, als die scharfsinnige Unterscheidung der Griechen; aber er beruhte auf einem wohlgemeinten Ex- periment, der chemischen Analyse, und wirkte nach einer Richtung hin, nach welcher der weitere Fortschritt in der Physik geschehen mußte. Denn dieser Fortschritt mußte gerichtet sein nach einer quantitativen Untersuchung der materiellen Bestandteile, und zu dieser waren die substanziellen Produkte der Analyse immer- hin geeigneter, als die unfaßbaren Qualitäten der Elemente. Es war damit ein wichtiger Schritt zur Bildung des Begriffs des chemischen Elementes als der unzerlegbaren Sub- stanz gethan. Auch nach dieser Seite hin, in der Entwickelung der allgemeinen Physik, muß Paracelsus als ein Reformator genannt werden. Während der Ruf des Paracelsus sich durch alle Lande verbreitet und ihm eine zahlreiche Schule nachwächst, aus welcher der Däne Peter Severinus durch seine Thätigkeit für die Verbreitung der Lehre des Meisters am bedeutendsten her- vorragt, während die von Paracelsus ausgestreuten Keime in Laßwitz. 20

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/323>, abgerufen am 23.11.2024.