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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Die Mischung: Thomas von Aquino.
schaften bei der Mischung sich zu einem Mittleren ausgleichen,
während die essentialen Formen erhalten bleiben.

Der Ansicht Alberts entgegen tritt sein berühmter Schüler
Thomas von Aquino; dieser macht einen neuen Versuch, die
Theorie der Mischung festzustellen, indem er die Erhaltung
der substanziellen Formen schlechtweg leugnet. Der Beifall,
welchen diese Lehre späterhin1 vielfach fand, verdankt sie
wohl mehr der Autorität ihres heiliggesprochenen Urhebers,
des doctor angelicus, des "Engels der Schule", als der Klarheit
der darin ausgesprochenen Gedanken.

Thomas unterscheidet zunächst ganz im Anschluß an
Albert zwei Teile der Frage: erstens, wie die Elemente zur
Mischung kommen; und zweitens, wie sie sich in derselben
verhalten.2 Die erste beantwortet er ebenfalls durch den Hin-
weis auf den Einfluß der himmlischen Sphären, deren Wirkung
er im einzelnen auseinandersetzt; er bemerkt hierzu, daß auch
der Wille der die Sphären leitenden Intelligenzen dabei in Be-
tracht kommt.3

Was nun die Frage nach dem Verhalten in den Verbin-
dungen betrifft, so weist Thomas zunächt die Ansicht des
Avicenna und Albert zurück. Die Behauptung, daß unter
Ausgleichung der gegensätzlichen Eigenschaften zu einer mitt-
leren die allgemeinen (generales) Formen der Elemente in
der Mischung erhalten blieben, weil in der Mischung sonst
eine Corruptio stattfände und sich ein Widerspruch gegen den
Begriff des Elementes ergäbe, welches ja das sei, aus welchem
etwas zusammengesetzt werde, diese Behauptung erklärt er für
unzulässig. Denn einerseits müßte, da die Formen der Elemente
blieben, die Materie in den Verbindungen mehrere Formen
zugleich aufnehmen, was unmöglich ist und auf das Zusammen-

1 Sie ist nach einer Encyklica des Jesuiten-Generals vom 1. Nov. 1878
die offizielle Doktrin der Jesuitenschulen (Cornoldi, Institutiones Philosophiae,
Bononiae 1878, p. 518, nach Schneid, a. a. O. S. 113) und dürfte durch die
Encyklica Aeterni Patris Leos XIII v. 4. Aug. 1879 (De philosophia Christiana
ad mentem Sancti Thomae Doctoris Angelici in scholis catholicis instauranda
)
neue Kraft gewonnen haben.
2 Thomae Aquinatis doctoris Angelici Opera omnia. Venetiis 1593. Fol.
Tom. III. De gen. et corr. lib. 1. lect. 24. f. 22 Ka.
3 A. a. O. f. 22 Jb.

Die Mischung: Thomas von Aquino.
schaften bei der Mischung sich zu einem Mittleren ausgleichen,
während die essentialen Formen erhalten bleiben.

Der Ansicht Alberts entgegen tritt sein berühmter Schüler
Thomas von Aquino; dieser macht einen neuen Versuch, die
Theorie der Mischung festzustellen, indem er die Erhaltung
der substanziellen Formen schlechtweg leugnet. Der Beifall,
welchen diese Lehre späterhin1 vielfach fand, verdankt sie
wohl mehr der Autorität ihres heiliggesprochenen Urhebers,
des doctor angelicus, des „Engels der Schule‟, als der Klarheit
der darin ausgesprochenen Gedanken.

Thomas unterscheidet zunächst ganz im Anschluß an
Albert zwei Teile der Frage: erstens, wie die Elemente zur
Mischung kommen; und zweitens, wie sie sich in derselben
verhalten.2 Die erste beantwortet er ebenfalls durch den Hin-
weis auf den Einfluß der himmlischen Sphären, deren Wirkung
er im einzelnen auseinandersetzt; er bemerkt hierzu, daß auch
der Wille der die Sphären leitenden Intelligenzen dabei in Be-
tracht kommt.3

Was nun die Frage nach dem Verhalten in den Verbin-
dungen betrifft, so weist Thomas zunächt die Ansicht des
Avicenna und Albert zurück. Die Behauptung, daß unter
Ausgleichung der gegensätzlichen Eigenschaften zu einer mitt-
leren die allgemeinen (generales) Formen der Elemente in
der Mischung erhalten blieben, weil in der Mischung sonst
eine Corruptio stattfände und sich ein Widerspruch gegen den
Begriff des Elementes ergäbe, welches ja das sei, aus welchem
etwas zusammengesetzt werde, diese Behauptung erklärt er für
unzulässig. Denn einerseits müßte, da die Formen der Elemente
blieben, die Materie in den Verbindungen mehrere Formen
zugleich aufnehmen, was unmöglich ist und auf das Zusammen-

1 Sie ist nach einer Encyklica des Jesuiten-Generals vom 1. Nov. 1878
die offizielle Doktrin der Jesuitenschulen (Cornoldi, Institutiones Philosophiae,
Bononiae 1878, p. 518, nach Schneid, a. a. O. S. 113) und dürfte durch die
Encyklica Aeterni Patris Leos XIII v. 4. Aug. 1879 (De philosophia Christiana
ad mentem Sancti Thomae Doctoris Angelici in scholis catholicis instauranda
)
neue Kraft gewonnen haben.
2 Thomae Aquinatis doctoris Angelici Opera omnia. Venetiis 1593. Fol.
Tom. III. De gen. et corr. lib. 1. lect. 24. f. 22 Ka.
3 A. a. O. f. 22 Jb.
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[245/0263] Die Mischung: Thomas von Aquino. schaften bei der Mischung sich zu einem Mittleren ausgleichen, während die essentialen Formen erhalten bleiben. Der Ansicht Alberts entgegen tritt sein berühmter Schüler Thomas von Aquino; dieser macht einen neuen Versuch, die Theorie der Mischung festzustellen, indem er die Erhaltung der substanziellen Formen schlechtweg leugnet. Der Beifall, welchen diese Lehre späterhin 1 vielfach fand, verdankt sie wohl mehr der Autorität ihres heiliggesprochenen Urhebers, des doctor angelicus, des „Engels der Schule‟, als der Klarheit der darin ausgesprochenen Gedanken. Thomas unterscheidet zunächst ganz im Anschluß an Albert zwei Teile der Frage: erstens, wie die Elemente zur Mischung kommen; und zweitens, wie sie sich in derselben verhalten. 2 Die erste beantwortet er ebenfalls durch den Hin- weis auf den Einfluß der himmlischen Sphären, deren Wirkung er im einzelnen auseinandersetzt; er bemerkt hierzu, daß auch der Wille der die Sphären leitenden Intelligenzen dabei in Be- tracht kommt. 3 Was nun die Frage nach dem Verhalten in den Verbin- dungen betrifft, so weist Thomas zunächt die Ansicht des Avicenna und Albert zurück. Die Behauptung, daß unter Ausgleichung der gegensätzlichen Eigenschaften zu einer mitt- leren die allgemeinen (generales) Formen der Elemente in der Mischung erhalten blieben, weil in der Mischung sonst eine Corruptio stattfände und sich ein Widerspruch gegen den Begriff des Elementes ergäbe, welches ja das sei, aus welchem etwas zusammengesetzt werde, diese Behauptung erklärt er für unzulässig. Denn einerseits müßte, da die Formen der Elemente blieben, die Materie in den Verbindungen mehrere Formen zugleich aufnehmen, was unmöglich ist und auf das Zusammen- 1 Sie ist nach einer Encyklica des Jesuiten-Generals vom 1. Nov. 1878 die offizielle Doktrin der Jesuitenschulen (Cornoldi, Institutiones Philosophiae, Bononiae 1878, p. 518, nach Schneid, a. a. O. S. 113) und dürfte durch die Encyklica Aeterni Patris Leos XIII v. 4. Aug. 1879 (De philosophia Christiana ad mentem Sancti Thomae Doctoris Angelici in scholis catholicis instauranda) neue Kraft gewonnen haben. 2 Thomae Aquinatis doctoris Angelici Opera omnia. Venetiis 1593. Fol. Tom. III. De gen. et corr. lib. 1. lect. 24. f. 22 Ka. 3 A. a. O. f. 22 Jb.

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/263>, abgerufen am 24.11.2024.