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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Archimedes als Physiker.
dynamischen Zweige der Physik finden jedoch noch keine
mathematische Behandlung, so daß Physik als Wissenschaft
von der Empfindung
noch nicht erzeugt wird. Auch
hier ist das Denken festgehalten auf derjenigen Stufe, welche
allein das Seiende betrachtet und in der Philosophie die
Theorie der substanziellen Formen hervorrief; das Werdende,
wie es empirisch in der Empfindung gegeben ist, verschließt
sich vorläufig der begrifflichen Fixierung. Daher finden wir selbst
bei Archimedes keinen Versuch, die Veränderungen der Körper
physikalisch, d. h. durch Veränderungen in der Lage der
Teilchen, zu erklären.1 Dennoch bedeutet für das Problem
des Körpers die mathematische Betrachtungsweise des Archi-
medes
einen mächtigen Fortschritt gegenüber der dialektischen
Behandlung durch die Philosophen. Denn inwieweit quantita-
tive Bestimmungen ermöglicht werden, die durch ihre mathe-
matische Ableitung den Existenzwert objektiver Wahrheiten
haben, insoweit wird wirklich objektive Natur erzeugt; nur
daß das zugängliche Gebiet durch die Beschränkung auf die
Statik außerordentlich eng und die eigentliche Aufgabe der
Physik noch unbekannt bleibt. Immerhin haben wir hier eine
wichtige Vorbereitung zur wissenschaftlichen Physik, welche,
wie es scheint, für die Philosophen gar nicht zur Wirkung
gekommen ist.2 Die gesamte mathematische Betrachtungsweise
der antiken Geometer und ihrer Schüler unter den Arabern
bildet einen vorläufig unvermittelten Kulturprozeß, welcher mit
der logisch-dialektischen Betrachtungsweise keine Kommuni-
kation besitzt. Der Grund liegt darin, daß noch ein Denk-
mittel fehlt, wodurch das Denkmittel der substanzialen Formen,
die Herrschaft der Zweckvorstellung in der Betrachtung der
natürlichen Veränderungen, vereinigt werden könnte mit der
mathematischen Vorstellungsart, welche quantitative und
räumliche Beziehungen als eine innere Gesetzlichkeit der Dinge
nachweist.

1 Vgl. über Archimedes oben S. 180 ff.
2 Vgl. Ch. Thurot, Rev. arch. XIX. p. 47 f. p. 111 ff.

Archimedes als Physiker.
dynamischen Zweige der Physik finden jedoch noch keine
mathematische Behandlung, so daß Physik als Wissenschaft
von der Empfindung
noch nicht erzeugt wird. Auch
hier ist das Denken festgehalten auf derjenigen Stufe, welche
allein das Seiende betrachtet und in der Philosophie die
Theorie der substanziellen Formen hervorrief; das Werdende,
wie es empirisch in der Empfindung gegeben ist, verschließt
sich vorläufig der begrifflichen Fixierung. Daher finden wir selbst
bei Archimedes keinen Versuch, die Veränderungen der Körper
physikalisch, d. h. durch Veränderungen in der Lage der
Teilchen, zu erklären.1 Dennoch bedeutet für das Problem
des Körpers die mathematische Betrachtungsweise des Archi-
medes
einen mächtigen Fortschritt gegenüber der dialektischen
Behandlung durch die Philosophen. Denn inwieweit quantita-
tive Bestimmungen ermöglicht werden, die durch ihre mathe-
matische Ableitung den Existenzwert objektiver Wahrheiten
haben, insoweit wird wirklich objektive Natur erzeugt; nur
daß das zugängliche Gebiet durch die Beschränkung auf die
Statik außerordentlich eng und die eigentliche Aufgabe der
Physik noch unbekannt bleibt. Immerhin haben wir hier eine
wichtige Vorbereitung zur wissenschaftlichen Physik, welche,
wie es scheint, für die Philosophen gar nicht zur Wirkung
gekommen ist.2 Die gesamte mathematische Betrachtungsweise
der antiken Geometer und ihrer Schüler unter den Arabern
bildet einen vorläufig unvermittelten Kulturprozeß, welcher mit
der logisch-dialektischen Betrachtungsweise keine Kommuni-
kation besitzt. Der Grund liegt darin, daß noch ein Denk-
mittel fehlt, wodurch das Denkmittel der substanzialen Formen,
die Herrschaft der Zweckvorstellung in der Betrachtung der
natürlichen Veränderungen, vereinigt werden könnte mit der
mathematischen Vorstellungsart, welche quantitative und
räumliche Beziehungen als eine innere Gesetzlichkeit der Dinge
nachweist.

1 Vgl. über Archimedes oben S. 180 ff.
2 Vgl. Ch. Thurot, Rev. arch. XIX. p. 47 f. p. 111 ff.
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[210/0228] Archimedes als Physiker. dynamischen Zweige der Physik finden jedoch noch keine mathematische Behandlung, so daß Physik als Wissenschaft von der Empfindung noch nicht erzeugt wird. Auch hier ist das Denken festgehalten auf derjenigen Stufe, welche allein das Seiende betrachtet und in der Philosophie die Theorie der substanziellen Formen hervorrief; das Werdende, wie es empirisch in der Empfindung gegeben ist, verschließt sich vorläufig der begrifflichen Fixierung. Daher finden wir selbst bei Archimedes keinen Versuch, die Veränderungen der Körper physikalisch, d. h. durch Veränderungen in der Lage der Teilchen, zu erklären. 1 Dennoch bedeutet für das Problem des Körpers die mathematische Betrachtungsweise des Archi- medes einen mächtigen Fortschritt gegenüber der dialektischen Behandlung durch die Philosophen. Denn inwieweit quantita- tive Bestimmungen ermöglicht werden, die durch ihre mathe- matische Ableitung den Existenzwert objektiver Wahrheiten haben, insoweit wird wirklich objektive Natur erzeugt; nur daß das zugängliche Gebiet durch die Beschränkung auf die Statik außerordentlich eng und die eigentliche Aufgabe der Physik noch unbekannt bleibt. Immerhin haben wir hier eine wichtige Vorbereitung zur wissenschaftlichen Physik, welche, wie es scheint, für die Philosophen gar nicht zur Wirkung gekommen ist. 2 Die gesamte mathematische Betrachtungsweise der antiken Geometer und ihrer Schüler unter den Arabern bildet einen vorläufig unvermittelten Kulturprozeß, welcher mit der logisch-dialektischen Betrachtungsweise keine Kommuni- kation besitzt. Der Grund liegt darin, daß noch ein Denk- mittel fehlt, wodurch das Denkmittel der substanzialen Formen, die Herrschaft der Zweckvorstellung in der Betrachtung der natürlichen Veränderungen, vereinigt werden könnte mit der mathematischen Vorstellungsart, welche quantitative und räumliche Beziehungen als eine innere Gesetzlichkeit der Dinge nachweist. 1 Vgl. über Archimedes oben S. 180 ff. 2 Vgl. Ch. Thurot, Rev. arch. XIX. p. 47 f. p. 111 ff.

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/228>, abgerufen am 26.11.2024.