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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Kabbala. Alfarabi.
setzen lassen, so wie ja ihre sprachlichen Bezeichnungen aus
einer begrenzten Zahl von Lauten entstehen, erinnert an das
alte und viel gebrauchte Beispiel, daß die verschiedensten
Dinge aus den gleichen Atomen entstehen können, so wie die
verschiedensten Worte aus den gleichen Buchstaben. Dieser
Gedanke einer Zusammensetzung der Welt aus wenigen un-
veränderlichen Elementen und die unverkennbare Beziehung
der Lehre des Buches Jezira auf die pythagoreische Zahlen-
spekulation, die ihrerseits nicht selten mit der Atomistik in
Verbindung gesetzt worden ist, veranlassen die hier gegebene
Erwähnung der Kabbala, deren Einfluß während des Mittel-
alters und auch später noch kein unbedeutender war. Die
übrigen Lehren der Kabbala können jedoch übergangen werden.
Die kabbalistische Anschauungsweise ist eine phantasierende
und der ganze Aufbau ihres Systems steht daher der streng
wissenschaftlichen Entwickelung fremd gegenüber.

6. Ibn Roschd und die Araber.

Von andrer Seite als bei Ibn Gabirol führte der natura-
listische Zug, welcher das arabische Denken auszeichnet, in den
metaphysischen Grundlagen der arabischen Philosophie zu
einer Betonung der Bedeutung der Materie als Weltprinzip.
Faßt auch Alfarabi (+ 950), noch stark im neuplatonischen Ge-
dankenkreise befangen, die Materie als Emanation Gottes, und
zwar als die letzte der Emanationen, so sind doch die phan-
tastischen Mittelwesen zwischen ihr und dem weltbildenden
Intellekte, dem ersten Ausflusse Gottes verschwunden, und an die
Stelle der Dämonen ist die Weltseele getreten, welche die
Fixsternsphäre bewegt, und auf welche in bestimmter Rang-
ordnung die Beweger der niedrigeren Sphären folgen. Aus
dieser neuplatonischen Reminiscenz ist in Verknüpfung mit
einer Andeutung des Aristoteles im 8. Kapitel des 11. Buches
der Metaphysik1 darüber, daß die Anzahl der Planetensphären
eine gleiche Zahl unbewegter, ewiger Substanzen bedingen
dürfte, die charakteristische Lehre der arabischen Kosmologie
hervorgegangen, daß jede Sphäre eine bewegende Intelligenz

1 p. 1073 a 29 bis 1073b 1 (nach d. älteren Einteilung das 12. Buch).

Kabbala. Alfarabi.
setzen lassen, so wie ja ihre sprachlichen Bezeichnungen aus
einer begrenzten Zahl von Lauten entstehen, erinnert an das
alte und viel gebrauchte Beispiel, daß die verschiedensten
Dinge aus den gleichen Atomen entstehen können, so wie die
verschiedensten Worte aus den gleichen Buchstaben. Dieser
Gedanke einer Zusammensetzung der Welt aus wenigen un-
veränderlichen Elementen und die unverkennbare Beziehung
der Lehre des Buches Jezira auf die pythagoreische Zahlen-
spekulation, die ihrerseits nicht selten mit der Atomistik in
Verbindung gesetzt worden ist, veranlassen die hier gegebene
Erwähnung der Kabbala, deren Einfluß während des Mittel-
alters und auch später noch kein unbedeutender war. Die
übrigen Lehren der Kabbala können jedoch übergangen werden.
Die kabbalistische Anschauungsweise ist eine phantasierende
und der ganze Aufbau ihres Systems steht daher der streng
wissenschaftlichen Entwickelung fremd gegenüber.

6. Ibn Roschd und die Araber.

Von andrer Seite als bei Ibn Gabirol führte der natura-
listische Zug, welcher das arabische Denken auszeichnet, in den
metaphysischen Grundlagen der arabischen Philosophie zu
einer Betonung der Bedeutung der Materie als Weltprinzip.
Faßt auch Alfarabi († 950), noch stark im neuplatonischen Ge-
dankenkreise befangen, die Materie als Emanation Gottes, und
zwar als die letzte der Emanationen, so sind doch die phan-
tastischen Mittelwesen zwischen ihr und dem weltbildenden
Intellekte, dem ersten Ausflusse Gottes verschwunden, und an die
Stelle der Dämonen ist die Weltseele getreten, welche die
Fixsternsphäre bewegt, und auf welche in bestimmter Rang-
ordnung die Beweger der niedrigeren Sphären folgen. Aus
dieser neuplatonischen Reminiscenz ist in Verknüpfung mit
einer Andeutung des Aristoteles im 8. Kapitel des 11. Buches
der Metaphysik1 darüber, daß die Anzahl der Planetensphären
eine gleiche Zahl unbewegter, ewiger Substanzen bedingen
dürfte, die charakteristische Lehre der arabischen Kosmologie
hervorgegangen, daß jede Sphäre eine bewegende Intelligenz

1 p. 1073 a 29 bis 1073b 1 (nach d. älteren Einteilung das 12. Buch).
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[169/0187] Kabbala. Alfarabi. setzen lassen, so wie ja ihre sprachlichen Bezeichnungen aus einer begrenzten Zahl von Lauten entstehen, erinnert an das alte und viel gebrauchte Beispiel, daß die verschiedensten Dinge aus den gleichen Atomen entstehen können, so wie die verschiedensten Worte aus den gleichen Buchstaben. Dieser Gedanke einer Zusammensetzung der Welt aus wenigen un- veränderlichen Elementen und die unverkennbare Beziehung der Lehre des Buches Jezira auf die pythagoreische Zahlen- spekulation, die ihrerseits nicht selten mit der Atomistik in Verbindung gesetzt worden ist, veranlassen die hier gegebene Erwähnung der Kabbala, deren Einfluß während des Mittel- alters und auch später noch kein unbedeutender war. Die übrigen Lehren der Kabbala können jedoch übergangen werden. Die kabbalistische Anschauungsweise ist eine phantasierende und der ganze Aufbau ihres Systems steht daher der streng wissenschaftlichen Entwickelung fremd gegenüber. 6. Ibn Roschd und die Araber. Von andrer Seite als bei Ibn Gabirol führte der natura- listische Zug, welcher das arabische Denken auszeichnet, in den metaphysischen Grundlagen der arabischen Philosophie zu einer Betonung der Bedeutung der Materie als Weltprinzip. Faßt auch Alfarabi († 950), noch stark im neuplatonischen Ge- dankenkreise befangen, die Materie als Emanation Gottes, und zwar als die letzte der Emanationen, so sind doch die phan- tastischen Mittelwesen zwischen ihr und dem weltbildenden Intellekte, dem ersten Ausflusse Gottes verschwunden, und an die Stelle der Dämonen ist die Weltseele getreten, welche die Fixsternsphäre bewegt, und auf welche in bestimmter Rang- ordnung die Beweger der niedrigeren Sphären folgen. Aus dieser neuplatonischen Reminiscenz ist in Verknüpfung mit einer Andeutung des Aristoteles im 8. Kapitel des 11. Buches der Metaphysik 1 darüber, daß die Anzahl der Planetensphären eine gleiche Zahl unbewegter, ewiger Substanzen bedingen dürfte, die charakteristische Lehre der arabischen Kosmologie hervorgegangen, daß jede Sphäre eine bewegende Intelligenz 1 p. 1073 a 29 bis 1073b 1 (nach d. älteren Einteilung das 12. Buch).

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/187>, abgerufen am 28.11.2024.