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Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863.

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zustimmend die Worte eines andern englischen Autors an: "eine
sorgfältige Untersuchung der Lage des Volkes unter der Regierung
Elisabeths, die, hinsichtlich der Preisverminderung des Geldes
eine merkwürdige Aehnlichkeit mit der gegenwärtigen hat, würde
den Satz bestätigen, daß die Arbeitslöhne mit dem stei-
genden Preis der Lebensmittel nur schlecht
Schritt halten.
"

Von noch viel größerer Wucht aber als dies allgemeine
und deshalb stylistisch gemilderte Eingeständniß, sind seine
thatsächlichen Constatirungen.

So erklärt er bei Betrachtung der dreijährigen Periode
von 1799 bis 1801, Bd. I, p. 111: "Unter den verschiedenen
Angaben aus jener Zeit findet sich auch, daß z. B. die Schneider-
gesellen von 1775--1795 einen Wochenlohn von 1 L. 1 sh. 9 d.
erhielten, wofür sie 36 Laib Brod a 71/4 d. hätten kaufen
können; 1801 war der höchste Lohn 27 sh., wofür sie nach den
damaligen Preisen nur 181/2 Brode kaufen konnten." Sie sehen
also, meine Herren, daß, während der nominelle Lohn etwas ge-
stiegen war, nämlich von ca. 22 sh. auf 27 sh., er durch den
gesteigerten Getreidepreis in der Wirklichkeit, nämlich in
seiner Kaufkraft sogar um 50 Proc. gefallen war!

Es heißt bei Tooke daselbst weiter: "Eben so wenig aus-
reichend war die Erhöhung des Lohnes für Setzer, nämlich von
24 sh. auf 30 sh. Nach den Tabellen des Greenwich-Hospitals
war der Tagelohn für Zimmerleute und andere Bauhandwerker
im Jahre 1801 nur um einige Pence höher als in den 20
Jahren vorher, nämlich für

Zimmerleute statt 2 sh. 6 d. 3 sh. 2 d.
Maurer " 2 " 4 " 3 " -- "
Steinmetzger " 2 " 8 " 2 " 10 "
Bleidecker " 3 " -- " 3 " 3 " etc."

Und während der Arbeitslohn um einige Pence gegen den
früheren Zeitraum gestiegen war, war der Getreidepreis gegen
denselben Zeitraum in folgender Weise gestiegen, wie Tooke da-
selbst (p. 108) constatirt:

Waizen von 49 sh. 6 d. auf 134 sh. 5 d.
Gerste " 29 " 4 " " 69 " 1 "

also fast um das Dreifache!

Ebenso sagt Tooke Bd. I, p. 150 über die Periode von
1808--1812: "Als daher die Theuerung sich zwischen 1808

zuſtimmend die Worte eines andern engliſchen Autors an: „eine
ſorgfältige Unterſuchung der Lage des Volkes unter der Regierung
Eliſabeths, die, hinſichtlich der Preisverminderung des Geldes
eine merkwürdige Aehnlichkeit mit der gegenwärtigen hat, würde
den Satz beſtätigen, daß die Arbeitslöhne mit dem ſtei-
genden Preis der Lebensmittel nur ſchlecht
Schritt halten.

Von noch viel größerer Wucht aber als dies allgemeine
und deshalb ſtyliſtiſch gemilderte Eingeſtändniß, ſind ſeine
thatſächlichen Conſtatirungen.

So erklärt er bei Betrachtung der dreijährigen Periode
von 1799 bis 1801, Bd. I, p. 111: „Unter den verſchiedenen
Angaben aus jener Zeit findet ſich auch, daß z. B. die Schneider-
geſellen von 1775—1795 einen Wochenlohn von 1 L. 1 sh. 9 d.
erhielten, wofür ſie 36 Laib Brod à 7¼ d. hätten kaufen
können; 1801 war der höchſte Lohn 27 sh., wofür ſie nach den
damaligen Preiſen nur 18½ Brode kaufen konnten.“ Sie ſehen
alſo, meine Herren, daß, während der nominelle Lohn etwas ge-
ſtiegen war, nämlich von ca. 22 sh. auf 27 sh., er durch den
geſteigerten Getreidepreis in der Wirklichkeit, nämlich in
ſeiner Kaufkraft ſogar um 50 Proc. gefallen war!

Es heißt bei Tooke daſelbſt weiter: „Eben ſo wenig aus-
reichend war die Erhöhung des Lohnes für Setzer, nämlich von
24 sh. auf 30 sh. Nach den Tabellen des Greenwich-Hoſpitals
war der Tagelohn für Zimmerleute und andere Bauhandwerker
im Jahre 1801 nur um einige Pence höher als in den 20
Jahren vorher, nämlich für

Zimmerleute ſtatt 2 sh. 6 d. 3 sh. 2 d.
Maurer „ 2 „ 4 „ 3 „ — „
Steinmetzger „ 2 „ 8 „ 2 „ 10 „
Bleidecker „ 3 „ — „ 3 „ 3 „ ꝛc.“

Und während der Arbeitslohn um einige Pence gegen den
früheren Zeitraum geſtiegen war, war der Getreidepreis gegen
denſelben Zeitraum in folgender Weiſe geſtiegen, wie Tooke da-
ſelbſt (p. 108) conſtatirt:

Waizen von 49 sh. 6 d. auf 134 sh. 5 d.
Gerſte „ 29 „ 4 〃 〃 69 „ 1 „

alſo faſt um das Dreifache!

Ebenſo ſagt Tooke Bd. I, p. 150 über die Periode von
1808—1812: „Als daher die Theuerung ſich zwiſchen 1808

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[47/0053] zuſtimmend die Worte eines andern engliſchen Autors an: „eine ſorgfältige Unterſuchung der Lage des Volkes unter der Regierung Eliſabeths, die, hinſichtlich der Preisverminderung des Geldes eine merkwürdige Aehnlichkeit mit der gegenwärtigen hat, würde den Satz beſtätigen, daß die Arbeitslöhne mit dem ſtei- genden Preis der Lebensmittel nur ſchlecht Schritt halten.“ Von noch viel größerer Wucht aber als dies allgemeine und deshalb ſtyliſtiſch gemilderte Eingeſtändniß, ſind ſeine thatſächlichen Conſtatirungen. So erklärt er bei Betrachtung der dreijährigen Periode von 1799 bis 1801, Bd. I, p. 111: „Unter den verſchiedenen Angaben aus jener Zeit findet ſich auch, daß z. B. die Schneider- geſellen von 1775—1795 einen Wochenlohn von 1 L. 1 sh. 9 d. erhielten, wofür ſie 36 Laib Brod à 7¼ d. hätten kaufen können; 1801 war der höchſte Lohn 27 sh., wofür ſie nach den damaligen Preiſen nur 18½ Brode kaufen konnten.“ Sie ſehen alſo, meine Herren, daß, während der nominelle Lohn etwas ge- ſtiegen war, nämlich von ca. 22 sh. auf 27 sh., er durch den geſteigerten Getreidepreis in der Wirklichkeit, nämlich in ſeiner Kaufkraft ſogar um 50 Proc. gefallen war! Es heißt bei Tooke daſelbſt weiter: „Eben ſo wenig aus- reichend war die Erhöhung des Lohnes für Setzer, nämlich von 24 sh. auf 30 sh. Nach den Tabellen des Greenwich-Hoſpitals war der Tagelohn für Zimmerleute und andere Bauhandwerker im Jahre 1801 nur um einige Pence höher als in den 20 Jahren vorher, nämlich für Zimmerleute ſtatt 2 sh. 6 d. 3 sh. 2 d. Maurer „ 2 „ 4 „ 3 „ — „ Steinmetzger „ 2 „ 8 „ 2 „ 10 „ Bleidecker „ 3 „ — „ 3 „ 3 „ ꝛc.“ Und während der Arbeitslohn um einige Pence gegen den früheren Zeitraum geſtiegen war, war der Getreidepreis gegen denſelben Zeitraum in folgender Weiſe geſtiegen, wie Tooke da- ſelbſt (p. 108) conſtatirt: Waizen von 49 sh. 6 d. auf 134 sh. 5 d. Gerſte „ 29 „ 4 〃 〃 69 „ 1 „ alſo faſt um das Dreifache! Ebenſo ſagt Tooke Bd. I, p. 150 über die Periode von 1808—1812: „Als daher die Theuerung ſich zwiſchen 1808

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Zitationshilfe: Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863/53>, abgerufen am 05.12.2024.