Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863.legalem Wege zukommen, dieser doch wieder bei allen wichtigeren Und in dieser streng objectiven und historischen, die Vor- Abgesehen davon, daß selbst wenn man auf diese Schluß- Diese Schlußfolgerungen sind durchaus schief und fehlge- Aber wenn diese Schlüsse auch eben so richtig wären, als Mein Erstaunen hierüber ist maßlos gewesen, denn das 9
legalem Wege zukommen, dieſer doch wieder bei allen wichtigeren Und in dieſer ſtreng objectiven und hiſtoriſchen, die Vor- Abgeſehen davon, daß ſelbſt wenn man auf dieſe Schluß- Dieſe Schlußfolgerungen ſind durchaus ſchief und fehlge- Aber wenn dieſe Schlüſſe auch eben ſo richtig wären, als Mein Erſtaunen hierüber iſt maßlos geweſen, denn das 9
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <floatingText> <body> <div type="letter"> <p><pb facs="#f0135" n="129"/> legalem Wege zukommen, dieſer doch wieder bei allen wichtigeren<lb/> Punkten den einen großen Nachtheil hat, von einer ſich über<lb/> ganze Jahrhunderte hin erſtreckenden Ohnmacht zu ſein, und<lb/> andrerſeits daß der revolutionäre Weg, mit wie unleugbaren<lb/> Nachtheilen er auch verbunden iſt, dafür den einen Vortheil hat,<lb/> ſchnell und energiſch zu einem praktiſchen Ziele zu führen.“</p><lb/> <p>Und in dieſer ſtreng objectiven und hiſtoriſchen, die Vor-<lb/> theile und Nachtheile von Revolutionen gleichmäßig conſtatiren-<lb/> den, bei der geſchichtlichen Darſtellung der mittelalterlichen Peri-<lb/> ode gemachten Betrachtung erblickt der erſte Richter einen<lb/> Grund zur Verurtheilung, indem er nämlich annimmt, daß ich<lb/><hi rendition="#g">folglich</hi> den revolutionären Weg dem legalen vorziehe und<lb/> daß ich <hi rendition="#g">folglich</hi> wohl auch über die jetzige Geſchichtsperiode<lb/> und die in <hi rendition="#g">ihr</hi> zu erlangenden Ziele eben ſo <hi rendition="#g">denken</hi> und alſo<lb/> auf dem Grunde meiner Seele den Gedanken tragen müſſe, daß<lb/> die arbeitenden Klaſſen jetzt eben ſo handeln möchten! — Kaum<lb/> habe ich meinen Augen getraut, als ich dieſen Grund der Verur-<lb/> theilung in dem Urtheil fand!</p><lb/> <p>Abgeſehen davon, daß ſelbſt wenn man auf dieſe Schluß-<lb/> folgerung eingehen wollte, dann nur eine Anklage auf Auffor-<lb/> derung zur Revolution gegen die Staatsgewalt, nicht aber auf<lb/> Anreizung zu Haß und Verachtung gegen die Staatsangehörigen<lb/> möglich wäre — ſieht der erſte Richter nicht, daß dieſe Verur-<lb/> theilung auf Schlußfolgerungen die flagranteſte Ueberſchreitung<lb/> aller Rechtsgrundſätze darſtellt?</p><lb/> <p>Dieſe Schlußfolgerungen ſind durchaus ſchief und fehlge-<lb/> hend. Es ſind Paralogismen, deren Unrichtigkeit ich Jhnen in<lb/> meiner Appellationsrechtfertigungsſchrift eben ſo kurz als ſcharf<lb/> nachgewieſen habe.</p><lb/> <p>Aber wenn dieſe Schlüſſe auch eben ſo richtig wären, als<lb/> ſie ſchief ſind, — ſieht denn der erſte Richter nicht, daß er gar<lb/> kein Recht hat, ſolche Schlußfolgerungen anzuſtellen? daß er ſich<lb/> lediglich an meine ausgeſprochenen Worte halten und nicht darüber<lb/> hinaus in das heilige Aſyl meiner inneren Denkfreiheit einbrechen<lb/> darf? daß er nicht das geringſte Recht hat, meine unausgeſpro-<lb/> chenen Anſichten, ſelbſt wenn er aus dem Ausgeſprochenen ſchlie-<lb/> ßen könnte, daß ſie auf dem Grunde meiner Seele vorhanden<lb/> ſein müſſen, vor das Forum des Strafrechts zu ziehen?</p><lb/> <p>Mein Erſtaunen hierüber iſt maßlos geweſen, denn das<lb/> Urtheil ſtellt hierin eine Verletzung aller heiligſten Grundſätze<lb/> <fw place="bottom" type="sig">9</fw><lb/></p> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [129/0135]
legalem Wege zukommen, dieſer doch wieder bei allen wichtigeren
Punkten den einen großen Nachtheil hat, von einer ſich über
ganze Jahrhunderte hin erſtreckenden Ohnmacht zu ſein, und
andrerſeits daß der revolutionäre Weg, mit wie unleugbaren
Nachtheilen er auch verbunden iſt, dafür den einen Vortheil hat,
ſchnell und energiſch zu einem praktiſchen Ziele zu führen.“
Und in dieſer ſtreng objectiven und hiſtoriſchen, die Vor-
theile und Nachtheile von Revolutionen gleichmäßig conſtatiren-
den, bei der geſchichtlichen Darſtellung der mittelalterlichen Peri-
ode gemachten Betrachtung erblickt der erſte Richter einen
Grund zur Verurtheilung, indem er nämlich annimmt, daß ich
folglich den revolutionären Weg dem legalen vorziehe und
daß ich folglich wohl auch über die jetzige Geſchichtsperiode
und die in ihr zu erlangenden Ziele eben ſo denken und alſo
auf dem Grunde meiner Seele den Gedanken tragen müſſe, daß
die arbeitenden Klaſſen jetzt eben ſo handeln möchten! — Kaum
habe ich meinen Augen getraut, als ich dieſen Grund der Verur-
theilung in dem Urtheil fand!
Abgeſehen davon, daß ſelbſt wenn man auf dieſe Schluß-
folgerung eingehen wollte, dann nur eine Anklage auf Auffor-
derung zur Revolution gegen die Staatsgewalt, nicht aber auf
Anreizung zu Haß und Verachtung gegen die Staatsangehörigen
möglich wäre — ſieht der erſte Richter nicht, daß dieſe Verur-
theilung auf Schlußfolgerungen die flagranteſte Ueberſchreitung
aller Rechtsgrundſätze darſtellt?
Dieſe Schlußfolgerungen ſind durchaus ſchief und fehlge-
hend. Es ſind Paralogismen, deren Unrichtigkeit ich Jhnen in
meiner Appellationsrechtfertigungsſchrift eben ſo kurz als ſcharf
nachgewieſen habe.
Aber wenn dieſe Schlüſſe auch eben ſo richtig wären, als
ſie ſchief ſind, — ſieht denn der erſte Richter nicht, daß er gar
kein Recht hat, ſolche Schlußfolgerungen anzuſtellen? daß er ſich
lediglich an meine ausgeſprochenen Worte halten und nicht darüber
hinaus in das heilige Aſyl meiner inneren Denkfreiheit einbrechen
darf? daß er nicht das geringſte Recht hat, meine unausgeſpro-
chenen Anſichten, ſelbſt wenn er aus dem Ausgeſprochenen ſchlie-
ßen könnte, daß ſie auf dem Grunde meiner Seele vorhanden
ſein müſſen, vor das Forum des Strafrechts zu ziehen?
Mein Erſtaunen hierüber iſt maßlos geweſen, denn das
Urtheil ſtellt hierin eine Verletzung aller heiligſten Grundſätze
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