Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite


Vermögens ersetzte, und seinen Kindern
Schreib- und Rechnungsunterricht gäbe!
Für das Latein der Söhne erhalten Ma-
dam Hills zween Plätze, welche armen
Schülern bestimmt sind; Herr G. hält
aber die Lehr- und Wiederholungsstunden
selbst mit ihnen; und gewiß würde man
einem Mann, der seine väterliche Pflich-
ten so getreu erfüllte, mit der Zeit ein
Amt des Vaterlandes anvertrauen. Nun
kömmt die Betrachtung, daß die beschul-
digte Nachläßigkeit der Frau G. alles wie-
der zu Grunde richten würde; diesem Ue-
bel hoffe ich durch die Jungfer Lehne zuvor
zu kommen.

Sie war die Jugendfreundinn der Frau
G., und hat von ihren Aeltern Gutes ge-
nossen. Jch denke, sie würde es der Toch-
ter gerne vergelten, wenn sie nicht selbst
arm wäre; da sie aber einen vorzüglichen
Reichthum an Geschicklichkeit besitzt, so
könnte sie dadurch eine Wohlthäterinn
ihrer Freundinn werden, wenn sie das
Amt einer Aufseherinn über den Gebrauch
der Wohlthaten und der Lehrmeisterinn

bey


Vermoͤgens erſetzte, und ſeinen Kindern
Schreib- und Rechnungsunterricht gaͤbe!
Fuͤr das Latein der Soͤhne erhalten Ma-
dam Hills zween Plaͤtze, welche armen
Schuͤlern beſtimmt ſind; Herr G. haͤlt
aber die Lehr- und Wiederholungsſtunden
ſelbſt mit ihnen; und gewiß wuͤrde man
einem Mann, der ſeine vaͤterliche Pflich-
ten ſo getreu erfuͤllte, mit der Zeit ein
Amt des Vaterlandes anvertrauen. Nun
koͤmmt die Betrachtung, daß die beſchul-
digte Nachlaͤßigkeit der Frau G. alles wie-
der zu Grunde richten wuͤrde; dieſem Ue-
bel hoffe ich durch die Jungfer Lehne zuvor
zu kommen.

Sie war die Jugendfreundinn der Frau
G., und hat von ihren Aeltern Gutes ge-
noſſen. Jch denke, ſie wuͤrde es der Toch-
ter gerne vergelten, wenn ſie nicht ſelbſt
arm waͤre; da ſie aber einen vorzuͤglichen
Reichthum an Geſchicklichkeit beſitzt, ſo
koͤnnte ſie dadurch eine Wohlthaͤterinn
ihrer Freundinn werden, wenn ſie das
Amt einer Aufſeherinn uͤber den Gebrauch
der Wohlthaten und der Lehrmeiſterinn

bey
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0099" n="93"/><fw place="top" type="header"><lb/></fw> Vermo&#x0364;gens er&#x017F;etzte, und &#x017F;einen Kindern<lb/>
Schreib- und Rechnungsunterricht ga&#x0364;be!<lb/>
Fu&#x0364;r das Latein der So&#x0364;hne erhalten Ma-<lb/>
dam Hills zween Pla&#x0364;tze, welche armen<lb/>
Schu&#x0364;lern be&#x017F;timmt &#x017F;ind; Herr G. ha&#x0364;lt<lb/>
aber die Lehr- und Wiederholungs&#x017F;tunden<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t mit ihnen; und gewiß wu&#x0364;rde man<lb/>
einem Mann, der &#x017F;eine va&#x0364;terliche Pflich-<lb/>
ten &#x017F;o getreu erfu&#x0364;llte, mit der Zeit ein<lb/>
Amt des Vaterlandes anvertrauen. Nun<lb/>
ko&#x0364;mmt die Betrachtung, daß die be&#x017F;chul-<lb/>
digte Nachla&#x0364;ßigkeit der Frau G. alles wie-<lb/>
der zu Grunde richten wu&#x0364;rde; die&#x017F;em Ue-<lb/>
bel hoffe ich durch die Jungfer Lehne zuvor<lb/>
zu kommen.</p><lb/>
          <p>Sie war die Jugendfreundinn der Frau<lb/>
G., und hat von ihren Aeltern Gutes ge-<lb/>
no&#x017F;&#x017F;en. Jch denke, &#x017F;ie wu&#x0364;rde es der Toch-<lb/>
ter gerne vergelten, wenn &#x017F;ie nicht &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
arm wa&#x0364;re; da &#x017F;ie aber einen vorzu&#x0364;glichen<lb/>
Reichthum an Ge&#x017F;chicklichkeit be&#x017F;itzt, &#x017F;o<lb/>
ko&#x0364;nnte &#x017F;ie dadurch eine Wohltha&#x0364;terinn<lb/>
ihrer Freundinn werden, wenn &#x017F;ie das<lb/>
Amt einer Auf&#x017F;eherinn u&#x0364;ber den Gebrauch<lb/>
der Wohlthaten und der Lehrmei&#x017F;terinn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bey</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[93/0099] Vermoͤgens erſetzte, und ſeinen Kindern Schreib- und Rechnungsunterricht gaͤbe! Fuͤr das Latein der Soͤhne erhalten Ma- dam Hills zween Plaͤtze, welche armen Schuͤlern beſtimmt ſind; Herr G. haͤlt aber die Lehr- und Wiederholungsſtunden ſelbſt mit ihnen; und gewiß wuͤrde man einem Mann, der ſeine vaͤterliche Pflich- ten ſo getreu erfuͤllte, mit der Zeit ein Amt des Vaterlandes anvertrauen. Nun koͤmmt die Betrachtung, daß die beſchul- digte Nachlaͤßigkeit der Frau G. alles wie- der zu Grunde richten wuͤrde; dieſem Ue- bel hoffe ich durch die Jungfer Lehne zuvor zu kommen. Sie war die Jugendfreundinn der Frau G., und hat von ihren Aeltern Gutes ge- noſſen. Jch denke, ſie wuͤrde es der Toch- ter gerne vergelten, wenn ſie nicht ſelbſt arm waͤre; da ſie aber einen vorzuͤglichen Reichthum an Geſchicklichkeit beſitzt, ſo koͤnnte ſie dadurch eine Wohlthaͤterinn ihrer Freundinn werden, wenn ſie das Amt einer Aufſeherinn uͤber den Gebrauch der Wohlthaten und der Lehrmeiſterinn bey

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/99
Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/99>, abgerufen am 02.05.2024.