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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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"zuvor ihrer ganzen Gesinnungen ver-
"sichern zu wollen; hierzu hätte mir
"die Maske des Priesterrocks, den ei-
"ner meiner Leute angezogen, die Ge-
"legenheit verschafft. Meine Liebe und
"Ehre würde dadurch eben so fest ge-
"bunden gewesen seyn, als durch die
"Trauung, und wenn sie der Primas
"von England, oder der Pabst selbst
"verrichtet hätte; aber da die Verei-
"nigung unserer Gemüther als das
"erste Hauptstück fehlte, so wäre es
"gut, daß wir uns ohne Zeugen und
"Gepränge trennten, wie wir uns
"verbunden hätten, weil ich nicht nie-
"derträchtig genug sey, mich mit dem
"bloßen Besitz ihrer reizenden Person
"zu vergnügen, ohne Antheil an ihrem
"Herzen zu haben, und nicht einfältig
"genug, um sie für den Lord Seymour
"nach England zu führen; sie hätte
"nicht Ursache über mich zu klagen,
"denn ich wäre es, der sie den Verfol-
"gungen des Fürsten, und der Gewalt
"ihres Oncles entrissen; ich hätte nur

"ihre


„zuvor ihrer ganzen Geſinnungen ver-
„ſichern zu wollen; hierzu haͤtte mir
„die Maske des Prieſterrocks, den ei-
„ner meiner Leute angezogen, die Ge-
„legenheit verſchafft. Meine Liebe und
„Ehre wuͤrde dadurch eben ſo feſt ge-
„bunden geweſen ſeyn, als durch die
„Trauung, und wenn ſie der Primas
„von England, oder der Pabſt ſelbſt
„verrichtet haͤtte; aber da die Verei-
„nigung unſerer Gemuͤther als das
„erſte Hauptſtuͤck fehlte, ſo waͤre es
„gut, daß wir uns ohne Zeugen und
„Gepraͤnge trennten, wie wir uns
„verbunden haͤtten, weil ich nicht nie-
„dertraͤchtig genug ſey, mich mit dem
„bloßen Beſitz ihrer reizenden Perſon
„zu vergnuͤgen, ohne Antheil an ihrem
„Herzen zu haben, und nicht einfaͤltig
„genug, um ſie fuͤr den Lord Seymour
„nach England zu fuͤhren; ſie haͤtte
„nicht Urſache uͤber mich zu klagen,
„denn ich waͤre es, der ſie den Verfol-
„gungen des Fuͤrſten, und der Gewalt
„ihres Oncles entriſſen; ich haͤtte nur

„ihre
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[56/0062] „zuvor ihrer ganzen Geſinnungen ver- „ſichern zu wollen; hierzu haͤtte mir „die Maske des Prieſterrocks, den ei- „ner meiner Leute angezogen, die Ge- „legenheit verſchafft. Meine Liebe und „Ehre wuͤrde dadurch eben ſo feſt ge- „bunden geweſen ſeyn, als durch die „Trauung, und wenn ſie der Primas „von England, oder der Pabſt ſelbſt „verrichtet haͤtte; aber da die Verei- „nigung unſerer Gemuͤther als das „erſte Hauptſtuͤck fehlte, ſo waͤre es „gut, daß wir uns ohne Zeugen und „Gepraͤnge trennten, wie wir uns „verbunden haͤtten, weil ich nicht nie- „dertraͤchtig genug ſey, mich mit dem „bloßen Beſitz ihrer reizenden Perſon „zu vergnuͤgen, ohne Antheil an ihrem „Herzen zu haben, und nicht einfaͤltig „genug, um ſie fuͤr den Lord Seymour „nach England zu fuͤhren; ſie haͤtte „nicht Urſache uͤber mich zu klagen, „denn ich waͤre es, der ſie den Verfol- „gungen des Fuͤrſten, und der Gewalt „ihres Oncles entriſſen; ich haͤtte nur „ihre

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/62>, abgerufen am 03.05.2024.