von seiner würdigen Mutter als die Be- lohnung ihrer geübten Tugenden ange- sehen. Meine schwesterliche Freundschaft gießt Zufriedenheit in das große aber sehr empfindliche Herz meines geliebten Lords Rich. Lord Seymour hat weitläuftige Güther; er ist reich, und hat mir eine unumschränkte Gewalt zum Wohlthun gegeben. O mein Kind, es war gut, daß alle meine Empfindungen durch wi- drige Begebenheiten aufgeweckt und ge- prüft wurden; ich bin um so viel fähiger geworden, jeden Tropfen meines Maaßes von Glückseligkeit zu schmecken. Sie wissen, daß ich Gott dankte, daß er in meinem Elende mir den Gebrauch meiner Talente zu Verminderung desselben gelas- sen hatte, und meinem Herzen die Freude nicht entzog, wohlthätig zu seyn. Jch fühle nun mit aller Stärke die verdoppel- ten Pflichten des Glücklichen; Nun muß meine Gelassenheit, Demuth, und meine Unterwerfung zur Dankbegierde werden. Meine Kenntnisse, die die Stütze meiner leidenden Eigenliebe und die Hülfsmittel
waren,
T 3
von ſeiner wuͤrdigen Mutter als die Be- lohnung ihrer geuͤbten Tugenden ange- ſehen. Meine ſchweſterliche Freundſchaft gießt Zufriedenheit in das große aber ſehr empfindliche Herz meines geliebten Lords Rich. Lord Seymour hat weitlaͤuftige Guͤther; er iſt reich, und hat mir eine unumſchraͤnkte Gewalt zum Wohlthun gegeben. O mein Kind, es war gut, daß alle meine Empfindungen durch wi- drige Begebenheiten aufgeweckt und ge- pruͤft wurden; ich bin um ſo viel faͤhiger geworden, jeden Tropfen meines Maaßes von Gluͤckſeligkeit zu ſchmecken. Sie wiſſen, daß ich Gott dankte, daß er in meinem Elende mir den Gebrauch meiner Talente zu Verminderung deſſelben gelaſ- ſen hatte, und meinem Herzen die Freude nicht entzog, wohlthaͤtig zu ſeyn. Jch fuͤhle nun mit aller Staͤrke die verdoppel- ten Pflichten des Gluͤcklichen; Nun muß meine Gelaſſenheit, Demuth, und meine Unterwerfung zur Dankbegierde werden. Meine Kenntniſſe, die die Stuͤtze meiner leidenden Eigenliebe und die Huͤlfsmittel
waren,
T 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0299"n="293"/>
von ſeiner wuͤrdigen Mutter als die Be-<lb/>
lohnung ihrer geuͤbten Tugenden ange-<lb/>ſehen. Meine ſchweſterliche Freundſchaft<lb/>
gießt Zufriedenheit in das große aber ſehr<lb/>
empfindliche Herz meines geliebten Lords<lb/>
Rich. Lord Seymour hat weitlaͤuftige<lb/>
Guͤther; er iſt reich, und hat mir eine<lb/>
unumſchraͤnkte Gewalt zum Wohlthun<lb/>
gegeben. O mein Kind, es war gut,<lb/>
daß alle meine Empfindungen durch wi-<lb/>
drige Begebenheiten aufgeweckt und ge-<lb/>
pruͤft wurden; ich bin um ſo viel faͤhiger<lb/>
geworden, jeden Tropfen meines Maaßes<lb/>
von Gluͤckſeligkeit zu ſchmecken. Sie<lb/>
wiſſen, daß ich Gott dankte, daß er in<lb/>
meinem Elende mir den Gebrauch meiner<lb/>
Talente zu Verminderung deſſelben gelaſ-<lb/>ſen hatte, und meinem Herzen die Freude<lb/>
nicht entzog, wohlthaͤtig zu ſeyn. Jch<lb/>
fuͤhle nun mit aller Staͤrke die verdoppel-<lb/>
ten Pflichten des Gluͤcklichen; Nun muß<lb/>
meine Gelaſſenheit, Demuth, und meine<lb/>
Unterwerfung zur Dankbegierde werden.<lb/>
Meine Kenntniſſe, die die Stuͤtze meiner<lb/>
leidenden Eigenliebe und die Huͤlfsmittel<lb/><fwplace="bottom"type="sig">T 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">waren,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[293/0299]
von ſeiner wuͤrdigen Mutter als die Be-
lohnung ihrer geuͤbten Tugenden ange-
ſehen. Meine ſchweſterliche Freundſchaft
gießt Zufriedenheit in das große aber ſehr
empfindliche Herz meines geliebten Lords
Rich. Lord Seymour hat weitlaͤuftige
Guͤther; er iſt reich, und hat mir eine
unumſchraͤnkte Gewalt zum Wohlthun
gegeben. O mein Kind, es war gut,
daß alle meine Empfindungen durch wi-
drige Begebenheiten aufgeweckt und ge-
pruͤft wurden; ich bin um ſo viel faͤhiger
geworden, jeden Tropfen meines Maaßes
von Gluͤckſeligkeit zu ſchmecken. Sie
wiſſen, daß ich Gott dankte, daß er in
meinem Elende mir den Gebrauch meiner
Talente zu Verminderung deſſelben gelaſ-
ſen hatte, und meinem Herzen die Freude
nicht entzog, wohlthaͤtig zu ſeyn. Jch
fuͤhle nun mit aller Staͤrke die verdoppel-
ten Pflichten des Gluͤcklichen; Nun muß
meine Gelaſſenheit, Demuth, und meine
Unterwerfung zur Dankbegierde werden.
Meine Kenntniſſe, die die Stuͤtze meiner
leidenden Eigenliebe und die Huͤlfsmittel
waren,
T 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/299>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.